Spirituelles Gesetz „Dharma“ versus „Buddhismus“

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Das spirituelle Gesetz „Dharma“ (Das, „was“ von innen her „trägt“)
gegenüber der Religion des „Buddhismus“
und Religion generell

 

Einleitung:

Warum diese Gegenüberstellung? Was würde ein Christ sagen, wenn er gefragt würde, ob er „Jesuist“ sei? Er würde diese Frage als negativ empfinden und sie wohl verneinen!

Alleine an diesem kleinen Anschauungsbeispiel wird bereits absolut klar, dass der eingeschliffene Terminus „Buddhismus“ eine negative Bewertung enthält.

Die griechisch verwurzelte Endung „-ismus“ beinhaltet nämlich eine festgelegte Art zu handeln. Genau dies ist jedoch die Praxislehre des Buddhas nach dem Zeugnis der alten Quellen nicht! Dies hat schon der prägende Indologe Erich Frauwallner mit seiner Beschreibung jener Lehre als „Erlösungspragmatismus“ auf den Punkt gebracht.

Außerdem enden aufschlussreicherweise lediglich alle asiatischen Religionen auf „-ismus“. Es sind Begriffe, die westliche Wissenschaftler geprägt haben.

Die monotheistischen Religionen haben dagegen von ihren abendländischen Interpreten die positive Endungen „-tum“ (Christentum, Judentum) bekommen.

Auch der Begriff „Islam“ ist positiv. Er kommt nämlich als Terminus aus dieser Tradition selbst. Analog müsste der so genannte Buddhismus „Dharma“ heißen, weil dies der Name für die Lehre aus der Tradition selbst ist.

Die Praxislehre des Buddhas ist viel weniger an der Person des historischen Buddhas orientiert als das Christentum an der Person von Jesus Christus. Folglich wäre der wissenschaftlich korrekte Begriff für das Christentum „Jesuismus“. Der „-ismus“ wäre hier viel zutreffender, als es der Begriff „Buddhismus“ für den Dharma des Buddhas ist.

Denn der historische Buddha hat sich gemäß den alten Quellen immer bloß als ein unpersönlicher „Kanal“ eines von ihm voll verwirklichten, universell gültigen inneren Gesetzes „Dharma“ (Das, „was“ von innen her „trägt“) verstanden.

So lauten zum Beispiel dessen berühmte letzte Worte gegenüber seinen trauernden Schülern, mit denen er ihnen vermittelt, dass es keinen Grund zur Trauer gäbe:

„Seid Euch selbst eine sichere Stätte, seid Euch selbst ein Freiort,
sucht keinen anderen Freiort!

Nehmt das innere Gesetz des Dharma als sichere Stätte, nehmt das innere Gesetz des Dharma als Freiort,
sucht keinen anderen Freiort!

Wie könnt Ihr dies zuwege bringen?

Indem Ihr verankert bleibt in Betrachtung alles Körperlichen im Körperlichen, aller Gefühlsreaktionen in den Gefühlsreaktionen,
aller Geisteszustände in den Geisteszuständen, aller Natürlichen Wahrheiten in den Natürlichen Wahrheiten –
entschieden, klar wissend und achtsam,

nach Beiseitelegen von Verlangen und Bedrückung im Hinblick auf die Welt!

Dejenigen, die nach meinem Fortgang in dieser Weise

sich selbst eine sichere Stätte und ein Freiort sind,
sowie keinen anderen Freiort außer sich selbst suchen,
das innere Gesetz des Dharma als sichere Stätte und als Freiort nehmen,
sowie nichts Anderes außer den Dharma als Freiort suchen –

Sie werden das Höchste verwirklichen!

Pali-Kanon des Theravada,
Lange Sammlung, Rede 16: Mahaparinibbana-Sutta

Dagegen steht und fällt der christliche Glaube mit dem Glauben an Jesus Christus als „den Sohn Gottes“; und zwar auch laut den Aussagen von Jesus Christus selbst, der den Glauben an ihn „Selbst“ als absolut unabdingbar betrachtet hat:

„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben!
Niemand kommt zum Herrn
denn durch mich!“

Johannes 14, 6; oder in ähnlichem Sinne Matthäus 11, 27; oder in ähnlichem Sinne Römer 5, 1-2

Zwei markante Grundaussagen, die kaum unterschiedlicher sein könnten – und zwar objektiv oder wirklich wissenschaftlich betrachtet!

 

Man könnte es auch kurz mit diesem Coverbild
auf den Punkt bringen:

 

Ein Gegensatz

 

Auf dieser Blogseite erscheinen Beiträge, mit denen buddhistische Lehren neu und den alten Quellen praxisgetreu erklärt werden.

Dies sind Erklärungen abseits vom organisierten buddhistischen „Mainstream“, der generell aus opportunistischen Beweggründen hierzulande meist christlich angepasste, nicht den Tatsachen entsprechende Interpretationen liefert.

 

Inhaltsübersicht zu den einzelnen Beiträgen:

 

1) Die Quelle des westlichen Achtsamkeits-Booms

2) Worum es im Leben geht 

3) „Wer das Abhängige Entstehen sieht, sieht das innere Gesetz des Dharma!“

4) Buddhismuskundlicher Ergänzungsbeitrag zu Den Buddha Töten von Sam Harris in Buddhismus Aktuell (3/2014): Die Praxislehre des Buddhas über das Gesetz „Dhamma“ im Unterschied zum „Buddhismus“

 

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1) Die ursprüngliche Achtsamkeit – Vipassana: Die Quelle des westlichen Achtsamkeits-Booms

So heißt ein neuer Vortrag von mir, der hier auf YouTube erscheint:

Er ist im Juli im Rahmen der öffentlichen Vortragsreihe Achtsamkeit – meditative Praxis zwischen Religion und Therapie an der Uni München (LMU) gehalten worden.

Er umfasst drei Teile und geht rund eine Stunde. Alles Weitere erscheint im Vor- und Abspann des Videos; sowie in der Beschreibung darunter.

Auf YouTube hat der Vortrag den etwas plakativeren Titel, der hier oben als Titel steht. Der ursprüngliche Titel dieses Vortrags in jener Reihe lautete: Die Hauptwurzel des westlichen Achtsamkeitsbooms – die frühbuddhistische Vipassana-Bewegung und ihre innere Struktur.

Es ist meine Audioaufnahme, die ich mit „Windows Live Movie Maker“ zu einem Video gemacht habe.

Der Vortrag ist eine gute Ergänzung zu meinem älteren Kongressvortrag auf YouTube.

Er geht deutlich mehr in die Tiefe als der letztere „Überblicks“-Vortrag und überschneidet sich nicht mit diesem. Die drei Teile dieses neuen Vortrags werden im Vorspann des Videos jeweils mit ihrem Inhalt und dem minutengenauen Ende genannt, damit man je nach Interesse einen Teil auswählen kann.

In der Videobeschreibung zu diesem Vortrag auf YouTube erscheinen weitere Hinweise.

* Im Folgenden kommt das „Abstract“ zu jenem Münchner Vortrag, das ursprünglich auf der Website des Münchner „Zentrums für Buddhismusforschung“ zu den Vorträgen jener öffentlichen Reihe Achtsamkeit – meditative Praxis zwischen Religion und Therapie erschien:

Die Hauptwurzel des westlichen Achtsamkeits-Booms: Die frühbuddhistische Vipassana-Bewegung und ihre innere Struktur

Die Hauptwurzel des westlichen Achtsamkeits-Booms ist die vielgestaltige Bewegung der Achtsamkeits- bzw. Einsichtspraxis Vipassana, die selbst im frühen Buddhismus verwurzelt ist.

Diese Bewegung erscheint nach außen relativ amorph – als ein loser Verbund unterschiedlicher Traditionen, Lehren und Methoden rund um die frühbuddhistische Achtsamkeit. In Wahrheit gibt es jedoch bestimmte Unterscheidungsmaßstäbe, die eine klare Kategorisierung, Strukturierung und Abgrenzung dieser Traditionen, Lehren und Methoden gestatten. So ist es wissenschaftlich geboten, von einer einheitlichen Vipassana-„Bewegung“ zu sprechen.

Das Thema des Vortrags ist der theoretische Umriss dieser Unterscheidungsmaßstäbe, die durch besonders prägende heutige Formen der Vipassana-Bewegung praktisch veranschaulicht werden. Zur Vorbereitung empfiehlt sich mein Grundlagenvortrag über Vipassana vom Hamburger „Internationalen Achtsamkeitskongress“ auf YouTube.

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2) „Worum es im Leben geht!“
Die Beschreibung meines Kanals auf „YouTube“

 

Was bedeutet die Praxislehre des historischen Buddhas im Westen FÜR heute?

nichts mehr und nichts weniger als – „Selbstdenken und sehende Achtsamkeit“, was auch der Titel meines Blogs ist.

Auf diesem YouTube-Kanal erscheinen unabhängige Informationen zu dem Thema, das im menschlichen Leben alleine tatsächlich zählt –

dem kulturübergreifenden Weg oder inneren Gesetz des „Dharma“ (Das, „was“ von innen her „trägt“).

Alleine so hat der Buddha bzw. „Erwachte“ gemäß den alten Quellen seine zeitlose Lehre genannt.

Der Dharma bedeutet – kurz zusammengefasst – ethische Motivation, innere Ruhe und befreiende Einsichten.

Die Qelle dieses universellen Weges sind eben – Selbstdenken und sehende Achtsamkeit!

Dies ist der YouTube-Kanal und die damit verbundenen Seiten eines Indologen, aber zugleich inneren Praktikers –

über die eine wirklich tragfähige Alternative zu „Religion“,

ob diese nun ein -tum oder ein -ismus ist ….!

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3) „Wer das Abhängige Entstehen sieht, sieht das innere Gesetz des Dharma!“

 

Im Folgenden erscheint eine Kommunikation mit dem buddhistischen Lehrer Michael Rafalski über das „Abhängige Entstehen“ (mit seinem Einverständnis). Die Kommunikation macht diese zentrale Lehre des Buddhas gut verständlich.

Doch zunächst ein paar einleitende Worte zu diesem Kernthema:

Die mit dem Titel oben zitierte berühmte Gleichsetzung durch den Buddha (Mittlere Sammlung, Rede 28) bedeutet, dass das Verstehen des „Abhängigen Entstehens“ aller Dinge gleichbedeutend mit dem Verstehen seiner Lehre bzw. dem kulturübergreifenden, zeitlosen inneren Gesetz des „Dharma“ (das, was trägt) sei.

Die „zwölf Glieder“ dieses „Abhängigen Entstehens“ beschreiben die Verstrickung in den inneren wie äußeren Daseinskreislauf „Samsara“ bzw. in Leiden und Angst. Zu diesen zwölf Gliedern verweise ich auf einen bebilderten Beitrag (dort unter „Das Rad des Lebens“) auf der eigenen Website, die mit diesem Blog verbunden ist.

Kurz gefasst lauten diese Glieder (in meiner Übersetzung):

1. Nichtsehen -> 2. Gestaltungen -> 3. Grundwahrnehmung ->
4. Name und Form (Geist und Körper) -> 5. sechs Sinne -> 6. Sinneskontakt -> 7. Geistige und körperliche Gefühlreaktion -> 8. Durst (Verlangen oder mit Arthur Schopenhauer „Willen zum Leben“) -> 9. Ergreifen (handelnde Umsetzung des Durstes)->
10. Werden (karmische Wirkung) -> 11. Geburt -> 12. Altern und Tod

Eine zentrale, generell wenig beachtete Rede des Buddhas über das „Abhängige Entstehen“ ist das Upanisa Sutta der Systematischen Sammlung (hier erklärt von Bhikkhu Bodhi; Redengruppe 12über Kausalität“, Rede 23).

Denn im Upanisa Sutta (hier in der Übersetzung von Bhikkhu Thanissaro) geht es ebenfalls um das „Abhängige Entstehen“ der Befreiung – und wie es bei jenem klassischen „Abhängigen Entstehen“ der Verstrickung bzw. direkt dem Leiden ansetzt, das nachfolgend behandelt wird.

Die zwölf Glieder des Abhängigen Entstehens der Befreiung lauten kurz gefasst (in meiner Übersetzung):

Vertrauen -> innere Freude -> Begeisterung -> geistige Ruhe -> Glück ->
Sammlung -> Verstehen und Sehen der Dinge, wie sie sind -> Ernüchterung -> Nichtanhaftung (Nichtidentifikation) ->
Emanzipation (Heraustreten) -> Sehen aller bedingten Gegebenheiten sowie damit ihres Entsehens und ihres Vergehens ->
Auflösung der Verblendungen und Wissen darum.

 

Nun die Kommunikation mit Michael Rafalski, um dieses schwierige Thema verständlicher zu machen:

 

Er schrieb mir eine Mail mit einer Frage, die ich hier zunächst zitiere, bevor meine eingehende Antwort folgt (die von ihm teilweise alleine genannten Originalbegriffe übersetze ich, wo er selbst keine Übersetzung gebracht hat):

Da mir Ihre Webseite „Buddha Heute“ sehr gut gefällt und ich mit Ihrer kritischen Sicht zu Bhante Vimalaramsi sehr konform gehe, wende ich mich an Sie mit einer buddhistischen Verständnisfrage. Es geht um das „Bedingte Entstehen“:

Nach meinem Verständnis liegt in den Gestaltungen „Sankharas“ unter anderem das Entstehen von Vorsätzen (englisch „Intentions“), die dann zu heilsamen oder unheilsamen Taten in Gedanken, Worten und Werken führen.

Das Vorliegen der Sankharas ist Voraussetzung für das Entstehen von „Vinnana“, worunter ich das „allgemeine Daseinsbewusstsein“ verstehe – den „Fluss des Bewusstsein (stream of consciousness)“, der sich beim Zusammentreffen von Sinnesobjekt und Sinnestür als jeweiliges Sinnesbewusstsein „konkretisiert“.

Der von mir sehr geschätzte Bhante Sujiva sagt in einem Vortrag, es würden jene karmisch relevanten „Intentions“ im Rahmen von Vinnana zum Entstehen gelangen.

Die Frage ist also:

Wo entstehen im Rahmen des Bedingten Entstehens Ihrer Ansicht nach karmisch relevante Vorsätze und Taten?

Bei den Gestaltungen „Sankharas“, dem Vinnana oder gar erst, wie manchmal gelehrt wird, beim Werden „Bhava“, im Sinne der „Geburt einer Handlung“ als Folge von Anhaftung?

Ich habe Sie auf dem Pauenhof als jemanden kennen gelernt, der sich sehr gut mit der Materie auskennt. So wäre ich äußerst interessiert an Ihrer Sichtweise zu diesem Punkt.

 

Meine Antwort:

Ich würde die ersten drei Glieder des Abhängigen Entstehens als eine “Vorweg-Zusammenfassung” dessen deuten, was ab dem Glied vier genau bzw. ganz konkret erläutert wird.

Das (1) Nichtsehen “Avijja” – also der “Ich und mein”-Glaube, das heißt die Fixierung auf die vermeintlichen “Fixpunkte” eines “Selbst” oder wahrhaften Seins oder Nichtseins im nichttragfähigen Allwandel – führt zu karmisch wirksamen, weil aus dem Nichtsehen hervorgegangenen (2) Willensregungen bzw. karmischen Gestaltungen “Sankharas” (und zwar “Gestaltungen” im Sinne der Ursachen wie auch der Wirkungen, etwa dem vom Karma geschickten “Schicksal”).

Dieser Komplex bedingt dann das grundlegende “Daseinsbewusstsein”, wie Du es gut nennst – also die geistige Plattform des “Samsara”. Ich nenne es die (3) “Grundwahrnehmung”.

Laut der Indologie bedeutet diese Grundwahrnehmung “Vinnana” das rein rezeptive Bewusstsein, das in der Aufnahme der bloßen Sinnesdaten besteht und zeitlich “vor” jeder begrifflich bewussten Wahrnehmung stattfindet. Wie es in Robert Pirsigs “Zen und die Kunst, ein Motorad zu warten” zu dieser Grundwahrnehmung so schön heißt:

“Man kann sich einer Sache erst bewusst werden, nachdem man sie wahrgenommen hat!”

Ab dem Glied vier wird dieser “ganze Samsara in einer Nussschale” dann konkret psychologisch erklärt, um den Ansatzpunkt zum Ausstieg klar zu machen:

(4) “Geist und Körper bzw. die körperlichen und geistigen Konstituenten jeder Existenz, die ohne die (3) Grundwahrnehmung “Vinnana” nicht möglich sind, führen auf der Ebene der (5) sechs Sinne über den (6) Sinneskontakt und damit dem (7) geistigen und körperlichen Gefühl bzw. der Gefühlsreaktion zum grundlegenden (8) Durst.

Der (8) “Durst” ist der Überbegriff über alle karmisch relevanten Willensregungen “Sankharas”, das heißt über den sinnlich gelagerten Durst, den Durst nach Sein und den Durst nach Nicht(mehr)sein; sowie – weiter aufgefächert – über alle “Verblendungen” bzw. “Kilesas”, wie Gier, Hass, Neid, Stolz, Eigendünkel, Eifersucht, Geiz usw.

Und hier – auf der Ebene des Durstes bzw. der Gestaltungen “Sankharas” – findet die karmisch aktive Absicht “Cetana” bzw. die objektbezogene Willensausrichtung (oder der “Vor-Satz”) statt, die entweder heilsam, unheilsam oder neutral sein kann.

Die sehende Achtsamkeit “Sati” kann vor allem den Übergang von Glied (7) “Gefühsreaktion” zu Glied (8) “Durst” kappen. Hier liegt die primäre Möglichkeit zum Ausstieg aus dem inneren Daseinskreislauf “Samsara”; bei hoch entwickelter Achtsamkeit auch schon bei Glied (6) Sinneskontakt, bevor dieser in eine (7) Gefühlsreaktion übergeht.

 

Das Fazit:

Der Begriff (2) “Gestaltung(skräfte)” oder “Sankharas” betont die karmische Effektivität des “Willens zum Leben”, um mit Arthur Schopenhauers trefflichem Begriff zu sprechen.

Der Begriff (8) “Durst” oder “Tanha” beschreibt diesen Willen zum Leben selbst bzw. dessen konkrete Manifestationen, Untergliederungen oder Auffächerungen.

Der Begriff “Absicht” betont die qualitative Unterschiedlichkeit dieses Willens zum Leben, welcher entweder heilsam, unheilsam oder neutral sein kann.

Das “Ergreifen” (9) bedeutet die handelnde Umsetzung der Gestaltungen “Sankharas”, von Durst und Absicht durch das eigene Handeln, was die karmische Effektivität oder Bindungskraft an das Leben deutlich verstärkt.

So entfaltet sich das ganze karmische “Werden” (10) in allen seinen daseinsmimmanenten und letztlich auch daseinsübergreifenden Formen – der Daseinskreislauf “Samsara”.

Dieser Samsara – also die Glieder 11 und 12, das heißt Geburt, Altern und Tod – bedeutet daseinsimmanent der Zyklus von Bekommen, Schwinden und Verlieren; Sein, Abnehmen und Nichtmehrsein; Glück, Ernüchterung und Angst oder Leid; sowie allen äußeren oder inneren “Ups and Downs” bzw. das Kreisen in den mehr oder weniger gleichen Freuden, Leiden, Hoffnungen, Problemen, Mustern oder Erfahrungen.

Daseinsübergreifend bedeutet der Samsara die Wiedergeburt in den verschiedenen Daseinsbereichen gemäß der dominanten Karmaqualität im jeweils zu Ende kommenden Leben.

Das zunehmende Durchschauen des daseinsimmanenten Samsaras durch das “achtsame” bzw. “meditative” Verstehen des “Nichtselbst” im nichttragfähigen Allwandel führt allmählich zur Aufhebung aller karmischen Willens- bzw. Bindungskräfte und schließlich damit auch des ihnen zugrunde liegenden “Nichtsehens”.

Dadurch kommt es zum “Verlöschen” (Nirvana) aller Sankharas, von Durst bzw. der karmisch wirksamen heilsamen, unheilsamen oder neutralen bzw. gleichgültigen “Absicht”.

 

Warum erscheint die “Absicht” nicht unter den zwölf Gliedern des Abhängigen Entstehens?

Die Handlungsabsicht bleibt nach dem Eintreten des Nirvana weiterhin bestehen, und dies sogar um so mehr.

Aber jetzt steht hinter ihr nicht mehr das Nichtsehen, sondern das Sehen oder die innere Freiheit.

Dies gestattet auf der Willensebene mittels Nichtverblendung, Liebe, Mitgefühl, Mitfreude sowie Gleichmut ein besonders starkes oder befreiendes Handeln.

Die Absicht oder der Vorsatz gehört wie dargelegt zwar zur Kategorie des karmisch aktiven “Willens zum Leben” jener Gestaltungen “Sankharas” und des Durstes “Tanha”, die beide zentral unter den zwölf Links stehen.

Aber die Absicht ist – im Unterschied zu den Gestaltungen und dem Durst – ebenfalls dem Geisteszustand des Nirvanas eigen und hier weiterhin und gezielt helfend aktiv.

In diesem Falle ist die Absicht jedoch frei von bindendem Wollen bzw. dem auswirkungsmächtigen Wirken “Karma”.

Die zwölf Links sind lediglich mit der Verstrickung in den Daseinskreislauf “Samsara” befasst.

Folglich gehört die Absicht nicht zu dieser Lehre; und erscheint deshalb auch nicht unter den zwölf Gliedern des Abhängigen Entstehens.

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4) Die Praxislehre des Buddhas über das Gesetz „Dhamma“ im Unterschied zum „Buddhismus“

 

Der Ergänzungsbeitrag zu Sam Harris´ Den Buddha Töten, den ich für Buddhismus Aktuell (Juli 2014) mit dem Schwerpunkt Ist der Buddhismus eine Religion? übersetzt habe.

1) Hier können Sie diese Übersetzung im bebilderten Heftoriginal mit freundlicher Genehmigung der Redaktion frei herunterladen (vorher mit dem Titelbild des Heftes und dem Editorial der Herausgeberin).

Der weltweit mit führende Vertreter des „Neuen Atheismus“ und langjährige Vipassana-Praktizierende Sam Harris, dem es letztlich um eine adäquate Spiritualität für die wissenschaftlich geprägte moderne Welt geht, leistet mit seinem grundlegenden Beitrag Den Buddha Töten einen „Geniestreich“ (noch näher dazu unten).

2) Das ganze Heft enthält aufschlussreiche Beiträge rund um die aktuelle Frage: „Ist der Buddhismus eine Religion?“.

Das Inhaltsverzeichnis und eine Leseprobe können hier von der Website der Redaktion heruntergeladen werden.

3) Im Heft wird nach Sam Harris´ Den Buddha Töten ein ergänzender Beitrag von mir aus buddhismuskundlicher Perspektive angekündigt, mit dem Titel: Die Praxislehre des Buddhas über das Gesetz „Dharma“ im Unterschied zum „Buddhismus“. Dieser ergänzende Beitrag steht unter diesem Link zur Verfügung. (Hinweis: Der Beitrag ist am 6. und 27. August 2014 erweitert worden – siehe die Fußnoten 2 und 27; im Haupttext siehe die Seite 5 oben; sowie die Seiten 9 bis 11.)

Wenn Sie diesen ausführlichen ergänzenden Text schätzen, können Sie sich durch eine Spende erkenntlich zeigen (über den „Paypal“-Link auf der rechten Seite des Blogs).

Die Idee zu diesem ergänzenden Beitrag entstand während meiner Übersetzung von Den Buddha Töten. Sam ist ein herausragender Autor und Redner, tiefer Vipassana-Praktizierender und Neurowissenschaftler. Ich belege und ergänze mit meinem Beitrag seine Grundhaltung und -aussagen aus einer buddhismuskundlichen Perspektive.

Dieser Beitrag vermittelt Inhalte, die im deutschsprachigen Buddhismus kaum thematisiert werden.

Ein einleitender Auszug im Folgenden –

„Sam Harris leistet mit seinem Beitrag Den Buddha Töten in der Ausgabe Ist der Buddhismus eine Religion? in Buddhismus Aktuell (Juli 2014) einen Geniestreich:

Denn ähnlich wie alle Vertreter der populären neuen Achtsamkeitstherapien (Anm.: sie werden im Beitrag genannt), die sich im Westen vor allem aus der frühbuddhistischen Achtsamkeits- bzw. Einsichtspraxis Vipassana entwickelt haben, weist er zwar einerseits alle „religiösen“, glaubensmäßigen sowie kulturspezifischen Aspekte des Buddhismus als irrelevant für die heutige Situation im Westen zurück; und erreicht damit den gesellschaftlichen Mainstream.

Aber im Unterschied zu jenen Vertretern reduziert er die praxisorientierte Essenz des frühen Buddhismus nicht auf ausgewählte und mit den unterschiedlichsten  Zwecken, Weltanschauungen oder Glaubensformen bzw. Religionen „gut vereinbare“ Aspekte. (Anm.: Ein Link zu einem näheren Vergleich der verschiedenen Achtsamkeitsverständnisse steht im Beitrag.)

Sam Harris geht es um die wissenschaftlich nachweisbaren Befreiungswirkungen der frühbuddhistischen Achtsamkeitspraxis bzw. der sie erklärenden und unterstützenden Lehren – um deren  „Befreiungspragmatismus“, wie der Indologe Erich Frauwallner (1898-1974) die Praxislehre des Buddhas berühmt resümiert hat.

In den Worten des Buddhas im Palikanon des frühen Buddhismus Theravada („Lehre der Älteren“, die heute in Südoastasien und auf Sri Lanka vorherrscht) , der die ältesten vollständig überlieferten Redensammlungen des Buddhas enthält, lautet dieser Befreiungspragmatismus:

„Nur Eines lehre ich, jetzt wie früher – das Leiden und dessen Ende!“

Harris beschreibt jenen logisch überprüfbaren und erfahrungsmäßig umsetzbaren „Befreiungspragmatismus“ mit einem ganz neuen Begriff – der „kontemplativen Wissenschaft“. Seine Religionskritik gründet in einem korrekten Verständnis der Praxislehre des Buddhas, die er mit Den Buddha Töten auf zutreffende, klare und einfache Nenner bringt.

Durch diese konsequente pragmatische Ausrichtung gelingt ihm, was verschiedenen modernen westlichen „Buddhisten“, die auf einer konzeptuellen Ebene neue „Buddhismen“ konstruieren, nicht gelingt. Denn diese  bleiben denkerisch immer auf der Ebene der „Religion“ des „Buddhismus“ oder, laut Harris, der buddhistischen „Gemeinde“.

Aber auf diese Weise kann die Praxislehre des Buddhas nicht breitenwirksam werden, wie es eine „kontemplative Wissenschaft“ wohl kann.

Sie bzw. jener Befreiungspragmatismus ist synonym mit dem kulturübergreifenden spirituellen Gesetz „Dhamma“ (das, was trägt), wie der Buddha laut den alten Quellen des Palikanons seine Lehre genannt hat.“

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