Der Kern der zunehmenden religiös motivierten Gewalt – und die tragfähige Alternative

by Hans on 13/01/2015

 

 

 

Der Kern der weltweit zunehmenden Gewalt –
und die tragfähige Alternative

 

 

 

 

Näheres zum neu entdeckten ersten westlichen buddhistischen Mönch,
U Dhammaloka, hier im Vorwort

 

 

 

Hinweis vom August 2017)

Für eine „rundere“ politische Sicht von mir empfehle ich spätere Beiträge, vor allem die verschiedenen Beiträge auf den Facebook-Spiegelseiten.

Denn seit diesem Beitrag hier hat es einen starken Erkenntniszuwachs gegeben.

 

Vorbemerkung aus meiner aktuellen Perspektive (zur Zeit des Erscheinens dieses Beitrags):

 

Bitte lesen Sie nach diesem Beitrag auch die beiden älteren – „Über Schein und Wahrheit“ sowie „Wissenschaft versus Scheinwissenschaft“.

Die unten angeführten Anschläge in Paris sind eine „False Flag“-Operation gewesen.

Einige Details dazu und vor allem der auf manchen kritischen Seiten erscheinende Video-Ausschnitt, der in der Medienberichterstattung nach den sogenannten Pariser „Anschlägen“ herausgeschnitten war,  kommen im Beitrag „Aufklärung versus Volksbetrug, Wissenschaft versus Scheinwissenschaft“. Das Gleiche gilt für die Anschläge vom 11. September 2001, wie es heute in den USA die Mehrheitsmeinung ist, wenngleich es dort von den gleichgeschalteten Mainstream-Medien kaum reflektiert wird (siehe dazu genau in jenen Beiträgen). Selbst die in den Medien allzu regelmäßig berichteten islamistischen Selbstmordattentate sind laut dem Geheimdienstexperten Andreas von Bülow zumindest zum Teil zu hinterfragen.

Die folgenden kritischen Aussagen zu den gewalt- und sklavereibegründenden Aussagen in den Quelles des Islams, zur handlungsleitenden Macht der Ansicht generell, zur Nichtadäquatheit bzw. Nichttragfähigkeit von Islam, Christentum oder Judentum für die heutige, wissenschaftlich geprägte Welt oder zur Probematik der (schein)wissenschaftlichen Apologetik (siehe v. a. die Diskussion unten mit dem Dozenten Dr. Jan-Ulrich Sobisch) bleiben weiterhin gültig.

Aber heute würde ich bei der Frage nach der Entstehung des Islamismus die Hauptrolle nicht mehr jenen unheilsamen Ansichten zumessen, sondern der westlichen und vor allem US-amerikanischen Expansion, die in den beiden oben genannten Beiträgen im Einzelnen mit Belegen thematisiert wird.

In diesem Zusammenhang sehe ich heute auch den Amerikaner Sam Harris deutlich kritischer, weil er diesen zuletzt genannten Punkt systematisch bzw. weitgehend ausklammert.

Seine generelle Kritik richtet sich bloß gegen die Monotheismen und zwar primär gegen den Islam, sekundär gegen das Christentum sowie tertiär gegen das Judentum. Er betont immer wieder alleine – und zu sehr – die handlungsleitende Macht der Ansicht.

Diese indirekte Kritik-Hierarchie erscheint mir auch problematisch.

Denn die Gewalt in der christlichen Geschichte ist insgesamt größer als die Gewalt in der islamischen Geschichte. Die moderate Form des heutigen Christentums ist über lange Zeit unter großen Opfern erkämpft worden. Die „False Flag“-Operation des 11. September 2001 und der damit gerechtfertigte „War On Terror“ zur weltweiten Durchsetzung von Macht- und Rohstoffinteressen geht auf christlich-evangelikale fundamentalistische Neokons in den USA wie G. W. Bush zurück. Und das Judentum ist die letztliche Quelle der monotheistischen Grundlehren.   

 

 

Der Kern der weltweit zunehmenden Gewalt –
und die tragfähige Alternative

 

Zu den folgenden islamistischen Anschlägen an drei aufeinander folgenden Tagen –

 

7. Januar 15) Der Anschlag in Paris gegen das Satiremagazin „Charlie Hebdo“, mit insgesamt 17 Toten.

8. Januar 15) Die Auslöschung mehrerer Ortschaften im Norden Nigerias durch Boko Haram (laut BBC mit rund 2000 Toten), der bisher größte Angriff dieser Terrorgruppe.

9. Januar 15) Der Beginn von 1000 Peitschenhieben, mit wöchentlich einem Teil davon, für einen kritischen saudiarabischen Blogger.

Außerdem gab es an diesen Tagen und seitdem die „ganz gewöhnlichen“ – und täglich oder alle paar Tage stattfindenden – Selbstmorddattentate irgendwo in der islamischen Welt; und neuerdings von kleinen Mädchen im Auftrag von Boko Haram im Norden Nigerias.

Lesen Sie dazu bitte auch den „klärenden“ Ergänzungsbeitrag, der über diesem Beitrag erscheint.

 

Nach dem Eingangsbeitrag folgt noch ein längerer eigener Beitrag  als eine Antwort (siehe Inhaltsübersicht unten), um diesen seit Jahren sich weiter verschärfenden Islamismus aus der Sicht der Lehre des Buddhas zu reflektieren; und die tragfähige Alternative zu benennen. Außerdem soll auch das, was ihre Manifestation im Westen primär verhindert, zur Sprache kommen.

 

Einleitend folgt hier jedoch zunächst ein kürzerer Beitrag, den ich am letzten Wochenende auf meiner Facebookseite gepostet habe.

Wegen einer guten Diskussion darüber auf Facebook bringe ich diesen kürzeren Beitrag jetzt auch hier, also bevor der oben erwähnte Hauptbeitrag fertig ist, der hier im gleichen Feld im Anschluss kommen wird

Es handelt sich dabei um meinen Beitrag zur Sendung „Im Gespräch“ im „Deutschlandradio Kultur“ vom 10. Januar 2015 zum Thema, wie dem Islamismus zu begegnen sei (hier noch etwas erweitert).

Aber eine Vorwarnung – diese Stellungnahme ist leicht polemisch und schwer verdaulich für synkretistische Gemüter. Nichtsdestoweniger geht es um Tatsachen!

Bei den Kommentaren zu diesem kürzeren Beitrag hier im Blog weiter unten erscheinen die von Dr. Jan-Ulich Sobisch auf Facebook geposteten Beiträge (mit seinem Einverständnis), einem mir bekannten Tibetologen und Buddhismusforscher, sowie meine jeweiligen Antworten auf ihn. Dabei ist vor allem die eingehende zweite Antwort auf ihn mit diversen konkreten Belegen wichtig.

Für die weiteren guten und öffentlichen Diskussionsbeiträge von anderen (darunter von Christof Spitz, dem deutschen Hauptübersetzer des Dalai Lamas)
siehe direkt auf Facebook in meiner Chronik unter diesem Link.

Eine zweite Diskussion zu diesem Thema, vor allem mit Rafi Ganawal, kommt auf Facebook zum darauffolgenden Eintrag.

Ich empfehle Ihnen, hier einen Kommentar zu hinterlassen.

Aber Sie können sich auch auf Facebook in die Diskussion einbringen. Denn die Einstellungen sind dort so, dass in meiner Chronik jeder kommentieren kann, auch wenn er nicht zum näheren oder weiteren „Facebook-Freundeskreis“ gehört. Sie müssen dafür bloß Facebook-Mitglied sein.

 

Inhaltsverzeichnis: 

 

Der kürzere Eingangsbeitrag:

A) Was wir wirklich brauchen …!

Der Hauptbeitrag zu diesem  Thema in Form der folgenden  Debatte:

B) Meine näheren Antworten auf Jan-Ulrich Sobisch

Diese Antworten beziehen sich die nachfolgenden Einwände von Jan, nämlich –

C) Die näheren Einwände von Jan-Ulrich Sobisch

Diese letzteren Einwänden von Jan beziehen sich auf den älteren Eingangsbeitrag „Was wir wirklich brauchen“ ,

sowie auf die verschiedenen Kommentare unterhalb dieser drei Hauptbeiträge.

Hinweis zu Jan:

Der Tibetologe und tibetische Buddhist Dr. Jan-Ulrich Sobisch ist „Associate Professor for Tibetan Studies“ am „Department of Cross-Cultural and Regional Studies“ der Universität Kopenhagen. Zu seinem spirituellen Praxishintergrund siehe etwa hier auf seinem Blog.

 

Was wir wirklich brauchen …!

 

Was wir wirklich brauchen, ist eine wirklich ehrliche kritische inhaltliche Debatte über sehr unterschiedliche Religionen, und was sie jeweils real lehren.

Wir brauchen dagegen keinen „interreligiösen Dialog“, der aus apologetischen Motiven systematisch die objektiven Unterschiede verschleiert, und ebenfalls nicht die überall von Politikern oder islamischen und christlichen Theologen oder Religionsvertretern gedrehte ablenkende „Gebetsmühle“, dass der Islam friedlich sei, mithin die vielen islamistischen Untaten nichts mit dem Islam selbst zu tun hätten.

„Heiliger Krieg“ gegen „Ungläubige“, das Töten von „Abtrünnigen“, die den Islam verlassen, oder das Nehmen von Sexsklavinnen unter „Ungläubigen“ lässt sich alles präzise durch den Koran und die Hadithen begründen.

Folglich erzielen Umfragen in islamischen Ländern entsprechend hohe Zustimmungsraten – zum Beispiel dazu, dass „Abtrünnige“ die Todesstrafe verdienen würden, was Dreiviertel aller Muslime in Afghanistan, Pakistan, Jordanien und Ägypten glauben (laut „Pew Research Center“: The World´s Muslims – Religion, Politics and Society).

Ein Resümee einiger Ergebnisse dieses umfassenden Reports erscheint hier – The World´s Muslims: Unity and Diversity.

In islamischen Ländern werden unter anderem Jeziden, Bahai oder Christen als „Ungläubige“ höchst mörderisch verfolgt.

Von den zehn Ländern mit der schlechtesten Stellung der Frau sind neun islamisch (laut „World Economic Forum Report on Human Rights“).

Den Muslimen im Allgemeinen gilt der Koran als das vollständige und perfekte Wort eines „einzig wahren Gottes“, das demgemäß weltweit verbreitet werden müsste.

Kein Mensch (!!!) würde sich selbst möglichst viele ermordend in die Luft sprengen, wenn er nicht fest überzeugt wäre, dass ihm diese Tat große „transzendente“ Vorteile einbringen würde.

Auch dieser Glaube stammt aus dem Islam.

Deshalb haben die zahreichen Untaten der Islamisten weltweit sehr wohl – und zentral – etwas mit dem Islam selbst zu tun!

Anders lautende Aussagen sind nicht wissenschaftlich begründbar – höchstens scheinwissenschaftlich, wie es auch fortwähernd von diversen Apologeten versucht wird.

Wie der bekannte us-amerikanische Publizist, Produzent und Moderator Bill Maher das Grundproblem gut auf den Punkt bringt:

„Wenn massenhaft Muslime überall auf der Welt glauben – uns das tun sie (Anm.: siehe Umfrage oben) -, dass Menschen dafür zu sterben verdienen, wenn sie anderen Ideen anhängen oder Cartoons zeichnen oder bestimmte Bücher schreiben oder sich mit der falschen Person liieren, dann hat die islamische Welt nicht bloß irgendetwas mit Isis gemein – sie hat zu viel mit Isis gemein! ….“

„Unterdessen, in zehn Ländern bringt Dir das Lutschen des Penis die Steinigung! … Saudiarabische Frauen dürfen nicht wählen oder ein Auto fahren oder einem Job nachgehen oder das Haus verlassen – ohne einen Mann. Überwältigende Mehrheiten in jedem islamischen Land sagen, dass eine Frau grundsätzlich immer die Pflicht habe, ihrem Mann zu gehorchen. … 91 % der ägyptischen Frauen ist die Klitoris zwangsweise entfernt worden sowie 98 % der somalischen Frauen. …“

Die überwiegende Mehrheit der im Westen aufgewachsenen Muslime ist friedlich gesinnt – zweifellos!

Aber nicht aufgrund des Islams, sondern weil er ihnen – inzwischen westlich geprägt und säkularisiert – relativ gleichgültig geworden ist; das heißt nicht wegen ihrer Nähe zum Islam (höchstens zu bestimmten ausgewählten positiven Passagen), sondern vielmehr aus Distanz zu ihm!

Und die meisten Flüchtlinge weltweit – seit dem Zweiten Weltkrieg gab es noch nie so viele wie heute und noch mehr als damals – sind heute auf der Flucht vor Islamismus und Islam bzw. die dadurch zentral befeuerten kriegerischen Konflikte. Sofern diese Flüchtlinge überhaupt im Westen ankommen, haben sie natürlich mit dem Islam nicht mehr so viel am Hut.

Mit dem frühbuddhistischen Palikanon dagegen lässt sich kein Mord und keine jener oder andere Untaten begründen.

Es gibt auch Gewalt in buddhistischen Ländern. Aber sie wird nicht durch die Lehren des historischen Buddhas begründet.

Aber vor allem ist das Ausmaß der Gewalt in der ganzen buddhistischen Geschichte unvergleichbar viel geringer als die Gewalt in der christlichen und islamischen Geschichte – vom Größenvergleich etwa so, als würde Holland mit Russland verglichen werden. Dieser Unterschied wurzelt in erster Linie in unterschiedlichen religiösen Lehren!

Und er wird nicht deshalb kleiner, wenn sich viele Religionswissenschaftler, Islamkundler oder islamische und christliche Theologen bzw. Religionsvertreter sozusagen auf „Holland“ spezialisieren, weil sie bei diesem Thema der Gewaltfrage den apologetischen Eindruck einer Gleichheit erwecken wollen.

Trotz brutalster Unterdrückung der Tibeter durch die Chinesen seit über 50 Jahren zum Beispiel hat sich noch kein einziger Tibeter unter Chinesen in die Luft gesprengt. Dies wäre mit einer Reihe von zentralen buddhistischen Lehren nicht vereinbar.

Aber rund 150 Tibeter haben sich bereits aus Protest selbst verbrannt!

Der Islam und ebenfalls das Christentum, das ja lediglich durch die modernen Entwicklungen der letzten Jahrhunderte – unter großen Opfern – gezähmt worden ist, sind schlichtweg nicht zukunftsfähig.

Sie bieten – kompromisslos objektiv betrachtet – keinen wirklich tragfähigen Orientierungsrahmen für die moderne, wissenschaftlich geprägte Welt!

Daran wird auch ein relativ moderner und menschlicher aktueller Papst nichts ändern, der von der katholischen Kirche angesichts ihrer unsäglichen, überlangen  Skandal-, Vergehens- und Mittelalterrelikt-Liste – alleine der Neueren Geschichte, also ganz zu schweigen von der Älteren Geschichte – jüngst ausnahmsweise in ihr höchstes Amt gehievt worden ist.

Denn sie wären von einer fernen Milchstraße gewesen, wenn sie dies nicht getan hätten. Doch sie sind in den letzten Jahrhunderten immerhin vom Pluto bis zum Saturn der Erde etwas näher gekommen.

Dr. Karl-Heinz Deschner konnte 11 dicke Bände mit rund 6000 Seiten und 100 000 wissenschaftlichen Belegen über die Kriminalgeschichte des Christentums schreiben!

Während die mit der modernen Wissenschaft gut vereinbare atheistische Praxislehre des historischen Buddhas im Westen zum Beispiel zunehmende populäre Meditationsmethoden, eine hochentwickelte Psychologie des Geistes, logisch und empirisch nachweisbare Ethikbegründungen – ohne bloßen Glauben an metaphysische Konstrukte wie „Gott“ -, oder das ganze Boomthema Achtsamkeit im großen Stil beisteuert, kommen aus den monotheistischen Religionen weltweit vor allem Gewalt, Anschläge oder zum Beispiel mittelalterliche katholische Kunstprobleme, von Theologen so genannte „Glaubenswahrheiten“ (ein logischer Widerspruch in sich), in dem taktischen Stil, als handle es sich dabei ohne Frage um Realitäten, und vollkommen irrelevante Glaubensdiskussionen.

Zurück zur Übersicht!

 

2) Meine näheren Antworten auf Jan-Ulrich Sobisch

Hinweis: Es kann wegen der Breite und Tiefe des Themas in den nächsten Tagen in oder zu den folgenden Aussagen noch kleine Ergänzungen geben. Lesen Sie es also vor einem etwaigen Kommentar in ein paar Tagen am besten noch einmal oder überfliegen es: Wichtige Ergänzungen werden so eingerahmt, fett und umklammert mit: „[A–> ….. <–A]“ – für „Added“.

[A–> 

Zwei Vorworte zu meinen Antworten auf Jan:

1) Sam Harris zu den Anschlägen auf Charlie Hebdo:

Hier ist eine messerscharfe aktuelle Analyse von Sam Harris in Reaktion vor allem auf die Anschläge auf Charlie Hebdo. Er zeigt hier auf, dass – und genau, wie – die wissenschaftlichen Apologeten mit ihrem Grundansatz, dass die weltweit zunehmende islamistische Gewalt nicht im Islam selbst begründet liege, entgegen dem generellen Anschein den radikalen Islam unterstützen – und damit eine  Mitschuld tragen.

Es handelt sich um Exzerpte aus einem Audio von ihm. Dort auf der verlinkten Seite weiter unten kann das ganze Audio angehört werden.

Er geht mit dieser Analyse deutlich weiter wie ich selbst mit dieser Aussage (von jener Diskussion auf Facebook):

„Friedlich und verantwortlich ist in Wahrheit bloß das, was die Ursachen von Unfrieden klar analysiert sowie zur Debatte bringt.

Unfriedlich und verantwortungslos ist in Wahrheit bloß das, was jene Ursachen verschleiert – etwa apologetischer, unzutreffende Gleichsetzungen vornehmender „interreligöser Dialog“ oder der allseits hochhgehaltene Mythos, dass der Islamismus nichts mit dem Islam zu tun habe.

Denn auf diese Weise entsteht eine gesellschaftliche Atmosphäre, mit der handlungsleitender und gewaltfördernder religiöser Unsinn de facto geschützt bzw. Kritik daran stigmatisiert wird!“

Zu jenen Apologeten gehören heute nicht bloß die Mehrzahl der religionsuntersuchenden Wissenschaftler, sondern auch stark mehrheitlich die Vertreter der Medien und  der christlichen oder islamischen Traditionen sowie viele westliche und speziell deutschsprachige „Buddhisten“! <–A]

[A–>

2) Der klarste Beleg für die handlungsleitende Macht der „Ansichten“ (ein Hauptpunkt in der nachfolgenden Diskussion mit Jan):

70 Jahre nach Ausschwitz: Freigegebene Dokumentation über den Holocaust

Am Ende des 2. Weltkriegs machten die Alliierten ausführliche Filmaufnahmen vom Holocaust für eine Dokumentation, die sie aber dann doch nicht den Deutschen als Lehrfilm (unter Einbeziehung A. Hitchcocks) zeigten, wie sie es vorhatten.

Die Aufnahmen verschwanden in den Archiven. Heute, 70 Jahre später, ist jene Dokumentation rekonstruiert worden. Unter diesem Link erscheint die Reportage darüber, mit Auszügen aus jenen Filmaufnahmen, die zum siebzigsten Jahrestag der Befreiung von Ausschwitz in diversen Ländern ausgestrahlt worden ist (in Deutschland von der ARD). Das englische Original steht hier auf YouTube.

Nichts belegt so sehr und so eindeutig die handlungsleitende Macht der Ansichten, Ideologien bzw. von „Glauben“, wie die Täter der Nazizeit –

Gewöhnliche Bürger, die unter dem Einfluss einer bestimmten Ideologie zu den schlimmsten Verbrechern der Menschheitsgeschichte geworden sind! Und bloß sehr wenige von ihnen sind später in Deutschland verurteilt worden (nach den „Nürnberger Prozessen“ der Alliierten). Da setzt sich eine bestimmte Schuld fort.

Die Verhöre von Adolf Eichmann (Hauptorganisator der „Endlösung“), Rudolf Höß (Kommandant von Ausschwitz) und zahlreiche weiteren zeigen klar, dass sie nicht das geringste Unrechtsbewusstsein hatten!

Sie GLAUBTEN TATSÄCHLICH, was ihnen ihre Ideologie vorgab … so wie heute etwa die Islamisten von Isis oder die Kommunisten unter Pol Pot usw.

Wie es Hannah Arendt (mit ihrem bekannten Werk Die Banalität des Bösen) über Adolf Eichmann auf den Punkt gebracht hat:

„Weil er kein Individuum sein wollte, hat Adolf Eichmann die grundmenschlichste Fähigkeit aufgegeben, nämlich – selbst zu denken!“

Wer nicht zunehmend „Selbstdenken und sehende Achtsamkeit“ umsetzt – wie die Praxislehre des Buddhas am besten zu resümieren ist -, den kann man auf allen Gebieten letztlich alles glauben machen!

Der Preis ist die Nichtrealisierung dessen, worum es im Leben geht; nämlich – laut dem „Befreiungspragmatismus“ des Buddhas – authentische Befreiung. <–A]

 

Die Antworten auf Jan-Ulrich Sobisch:

Hallo Jan,

Deine einleitende Entschuldigung in Abwandlung jenes vermeintlichen Schillerzitates jedenfalls teile ich hier zumindest 🙂 – das auch hier gleich vorweg –

„Leider ist es sehr lang geworden, aber ich hatte keine Zeit mich kurz zu fassen.”

Zu dem von mir öfter betonten Sam Harris, der Dir – und nicht bloß Dir! – offenkundig ein besonderer Dorn im Auge ist (siehe dazu Deine besonders ausführlichen Punkte 1 bis 9).

1) Zunächst zu Deiner verkehrten Wiedergabe seines Grundansatzes:

* In keiner seiner Äußerungen – und falls Du eine zu kennen meinst, nenne bitte den Beleg mit Link sowie zum ganzen Kontext – setzt er Überzeugungen von Menschen mit den Menschen selbst gleich. Einige  mögen ja so vorgehen, aber sicherlich nicht er. Er greift niemals Muslime im Allgemeinen (!) an, sondern immer bloß bestimmte islamische Überzeugungen, Glaubenssätze oder Quellenaussagen.

Im Einzelnen klar wird seine Unterscheidung zwischen Ansicht und Mensch etwa in diesem eingehenden Fernseh-Interview in den USA nach einer Debatte – wo er mittlerweile als einer der „Horsemen of New Atheism“ und Vertreter einer religionsfreien, von der frühbuddhistischen Achtsamkeitspraxis „Vipassana“ inspirierten Spiritualität für die moderne, wissenschaftlich geprägte Welt sehr einflussreich und vieldiskutiert ist.

Oder in seinem Beitrag Sleepwalking Toward Armageddon.

* Ganz im Gegenteil arbeitet Sam Harris mit einer Reihe von führenden muslimischen Reformern zusammen und ist mit ihnen befreundet – etwa mit Irshad Manji, der exilierten Somalin Ajaan Hirsi oder dem ehemaligen Islamisten Maajid Nawaz. Diese arbeiten alle unter Gefahr daran, Reformen in bestimmten islamischen Lehrverständnisssen oder bei der Reinterpretation gewaltträchtiger islamischer Glaubenssätze herbeizuführen.

Kürzlich hat Sam auf ein aufschlussreiches eingehendes Interview mit dem früheren Islamisten Maajid Nawaz hingewiesen, mit den Worten „Fantastic interview with Maajid Nawaz. This is what Muslim ,moderation´ (and basic human sanity) sounds like”:

Eine kürzere Einleitung plus dem 45-minütigen Interview in Audioform erscheint unter diesem Link.

An den Aussagen dieses absoluten Insiders zum Islamismus und Autors des Buches Radical: My Journey out of Islamist Extremism, der heute als ein Liberaler für das britische Parlament kandidiert und einen Thinktank leitet, wird eindeutig wieder Eines deutlich – nämlich die zentrale handlungsleitende Macht von Ansichten bzw. Überzeugungen, Positionen, Glaubensformen oder Prägung, und hier besonders der religiösen Ansichten oder Prägung!

* Warum fokussiert sich Harris in dieser Weise auf die Ansichten? Eben weil er – was ich selbst zu 100 %  teile – von jener besonderen handlungsleitenden Macht der „Ansicht“ ausgeht.

Wenn diese Tatsache einmal anerkannt werden würde, bräche jede Apologetik in sich zusammen!

Und genau wegen jener handlungsleitenden Macht müssen die ganz unterschiedlichen (!) religiösen Ansichten einer objektiven Bestandsaufnahme unterzogen werden – ohne apologetische Gleichsetzungen oder taktische „akademische“ Verwischungen, wie auch Du sie versuchst.

* Die handlungsleitende Macht der Ansicht generell und speziell der religiösen ist übrigens eine frühbuddhistische Kernlehre, was ja der spirituelle Haupthintergrund von Sam Harris ist:

Laut den Redensammlungen des Palikanons hat der Buddha die „Treffliche Sicht“ (samma-ditthi) als das primäre Glied des Befreiungspfades bezeichnet (vgl. etwa die Mittlere Sammlung 117).

Hier liegt der Hauptgrund für die sehr zahlreichen – aber immer sachlichen, rein inhaltlich orientierten – kritischen Auseinandersetzungen des Buddhas mit den anderen damaligen zeitgenössischen religiösen Ansichten.

Dies ist ein Kernpunkt, den relativ wenige heutige und besonders relativ wenige deutsche „Buddhisten“ wahrhaben wollen.

Letztere sind in der Mehrzahl von einem starken Synkretismus geprägt – zum Beispiel dem Versuch, die eindeutigen Kernunterschiede zwischen dem Christentum und der Lehre des Buddhas zu verwischen.

Dies begann bereits mit den bis heute hierzulande prägenden sogenannten „Übersetzungen“ der Redensammlungen des Palikanons durch den Privatgelehrten Karl-Eugen Neumann. Sie sind der Paradefall einer deutschsprachigen „Verdeckung“ der Praxislehre des Buddhas. Denn Neumann hat nicht getreu „übersetzt“, sondern seine christo-buddhistischen oder anderweitig inspiriert von den Tatsachen ablenkenden Kommentare als „Übersetzung“ ausgegeben (etwa „Sunnata“ – Leerheit – mit „Armut“; „Jhana“ – konzentrative Vertiefung – mit „Schauung“; „Sati“ – Achtsamkeit – mit „Einsicht“ oder „Vernunft“; oder „Cetana“ – Absicht – mit „Denken“ wiedergegeben hat).

Dafür ist er schon zu seiner Zeit von maßgeblichen Philologen stark kritisiert worden,, etwa von Richard Otto Franke mit „Das ist ein Scherz!“ oder später etwa von Helmuth von Glasenapp.

Ohne ausreichende Englischkenntnisse haben Deutschsprachler heute keinen verlässlichen Zugang zu diesen ältesten und autoritativsten Quellen zur Lehre des Buddhas. Die deutlich besten und weitgehend korrekten Neuübersetzungen dieser Quellen hat  der Amerikaner Bhikkhu Bodhi gemacht. Sie sind alle bei Wisdom Publications in kompakten Bänden mit umfangreichen Einleitungen und weiteren Erklärungen sowie Anmerkungen herausgekommen.

* Sehr vielen, wie etwa auch Dir, fällt jene zentrale Unterscheidung zwischen „Ansicht“ und „Mensch“ sehr schwer. So nehmen sie die Kritik ihrer eigenen Ansichten immer persönlich; oder sie setzen die Kritik von Ansichten anderer mit der Kritik an diesen Personen gleich!

Warum? Wer einen echten Begriff von den besonderen inneren Entwicklungsmöglichkeiten des Menschen hat – etwa ausgehend etwa von dem zutiefst positiven Menschenbild in der Lehre des Buddhas, das in der Annahme der vollen Befreiungsmöglichkeit im Leben verwurzelt ist (im Gegensatz zu den drei Monotheismen) –, der kann niemals jene Gleichsetzung vornehmen!

Vielmehr wird er konsequent einen Beitrag dazu leisten, die Hindernisse zur Entfaltung dieses Potenzials auszuräumen, egal wo – insbesondere bestimmte religiöse Ansichten!

Hier ist Sam Harris heute im Westen maßgeblich!

Ich sage dies als einer, der mit manchen seiner Kernansichten im spirituellen Bereich nicht einverstanden ist, wie er sie etwa in seinem jüngsten Buch Waking Up: A Guide to Spirituality without Religion zum Ausdruck bringt.

2) Das führt uns zum zweiten Punkt, Deiner verkehrten Wiedergabe seiner Grundmotivation:

„Er ist ein typisches Produkt der US-amerikanischen akademischen Konkurrenz. Um dort heutzutage eine Stelle zu bekommen, oder überhaupt wahrgenommen zu werden, muss man, vor allem in solchen Fächern wie Philosophie, schon ein ziemliches Theater veranstalten. Darauf versteht er sich ziemlich gut, mit reichlich Entertainment-Faktor.“

Offenbar kannst Du bloß in der Kategorie von akademischen Stellen denken (ein verbreiteter Zug in der akademischen Welt), worauf auch noch einige weitere Deiner freimütigen Aussagen hindeuten, und projezierst es nun auf die Motivation anderer. Du solltest besser einmal in guter – innerlich wirklich zielführender – buddhistischer Selbstuntersuchungs-Manier diese Brille kontemplieren!

Harris hat ein Philosophiestudium in Stanford abgebrochen,  weil ihn existenzielle Fragen so stark umgetrieben haben, dass er danach zehn Jahre mit spiritueller und vor allem Vipassana-Praxis in Asien verbracht hat. ERST DANACH hat er das Philosophiestudium beendet. Dann hat er sich mit seinem ersten religionskritischen Buch The End of Faith: Religion, Terror and the Future of Reason an zehn Verlage gewandt, die es alle abgelehnt haben.

Der elfte hat es herausgebracht. Das Buch ist sein erster Bestseller geworden, der auch den „2005 Pen Award for Nonfiction“ gewonnen hat. Es folgte eine nähere Buchreplik auf seine zahlreichen christlich gesinnten Kritiker: Letter To A Christian Nation.

ERST DANACH hat er einen PH.D. in Neurowissenschaft gemacht (2009). Und seitdem sind weitere Bestseller gefolgt.

Also:

Ersten hat Harris einen akademische Stelle nicht nötig.

Zweitens wird ihm klar sein, dass er mit seinem „Lebenslauf“ und seiner Motivation an Universitäten nicht am rechten Platz ist; und er wird wohl auch niemals diese Intention gehabt haben.

Drittens ist er ein großer Kritiker der akademischen Welt. Meinst Du tatsächlich, dass aus Aussagen wie der nachfolgenden (aus Sleepwalking Toward Armageddon), ein Schielen auf einen akademischen Posten abgeleitet werden kann?

„But there is now a large industry of obfuscation designed to protect Muslims from having to grapple with these truths. Our humanities and social science departments are filled with scholars and pseudo-scholars deemed to be experts in terrorism, religion, Islamic jurisprudence, anthropology, political science, and other diverse fields, who claim that where Muslim intolerance and violence are concerned, nothing is ever what it seems.

Above all, these experts claim that one cannot take Islamists and jihadists at their word: Their incessant declarations about God, paradise, martyrdom, and the evils of apostasy are nothing more than a mask concealing their real motivations.

What are their real motivations? Insert here the most abject hopes and projections of secular liberalism: How would you feel if Western imperialists and their mapmakers had divided your lands, stolen your oil, and humiliated your proud culture? Devout Muslims merely want what everyone wants—political and economic security, a piece of land to call home, good schools for their children, a little leisure to enjoy the company of friends. Unfortunately, most of my fellow liberals appear to believe this. In fact, to not accept this obscurantism as a deep insight into human nature and immediately avert one’s eyes from the teachings of Islam is considered a form of bigotry.

In any conversation on this topic, one must continually deploy a firewall of caveats and concessions to irrelevancy ….“

Sam Harris hat von seiner ganzen Motivation, seinen Anliegen, seiner Spiritualität und Integrität wahren Seltenheitswert!

Ganz im Unterschied zu den Großserien der heutigen Apologeten aus dem Bereich der Wissenschaft, Medien und buddhistischer oder christlicher Traditionen.

Und bloß deshalb betone ich Sam Harris öfter. Er verkörpert nämlich auch das, was unter einer echten ethischen Motivation zu verstehen ist

3) Zu (D)einer nächsten stereotypen apologetischen Grundansicht, gemäß der Fanatismus und Islamismus vor allem als die Folge beklagenswerten persönlicher Umstände, Milieus und Benachteiligungen oder mangelnder Bildung oder auch als eine Reaktion auf die Untaten der Kolonialisten und Imperialisten usw. zu erklären seien.

Aber dazu wollen Menschen wie etwa jener Maajid Nawaz mit ungünstigen Ausgangsbedingungen in Großbritannien, der sich vom Islamisten zum einflussreichen Reformer und Denker wandelte, so gar nicht ins Konzept passen; und ebensowenig die Tatsache, dass etwa die Anschläge vom 11. September von etablierten westlichen islamischen Akademikern ausgeführt worden sind, oder dass Ähnliches für viele der für Isis besonders wichtigen Unterstützer und Mittäter gilt!

Selbstverständlich gibt es immer eine Reihe von Bedingungen und Ursachen. Aber für den Schritt hin zur Gewalt benötigt der Mensch immer der positiven Selbstrechtfertigung vor sich selbst; und zwar mittels bestimmter Ansichten! Und hier kommen die Ideologien und Religionen ins Spiel. Sie sind bei der Entstehung der Gewalt also nicht sekundär, sondern primär!

* Höre Dir etwa einmal die Aufzeichnungen der Prozesse gegen den Lagerkommandanten von Ausschwitz, Rudolf Höß, oder gegen den primären Organisator der Deportation der Juden in die Vernichtungslager, Adolf Eichmann, an: Nicht das geringste Unrechtsbewusstsein! Das waren Bürokraten, die ihr Tun gleichsam als einen höheren Auftrag begriffen – ausgehend von einer bestimmten Ideologie bzw. bestimmten Ansichten, die sie restlos verinnerlicht haben!

* Das Gleiche gilt heute für die Islamisten etwa von Isis oder Boko Haram (letztere Islamisten werden übrigens von dem Kleriker bzw. Theologen Abubakar Shekau angeführt)!

Dein Problem – und das zahlreicher Apologeten im Wissenschaftsbetrieb – ist einfach, dass sie deren Aussagen nicht ernst nehmen (wollen)!

Es gibt zum Beispiel X-Videos auf YouTube, wo Islamisten im tiefsten Brustton der Überzeugung ihrer handlungsleitenden mörderischen Ansichten zum Besten geben. Aber das soll man doch bitte alles nicht so ernst nehmen?!

* Ich verlinke hier einmal ein paar Videos für die Leser – gemacht von selbstdenkenden, kritischen und arabischsprachigen Menschen, die darin die vielen verschiedenen gewaltbegründenden Belegstellen aus dem Koran und den Hadithen übersetzen und kommentieren. Es gibt dort nämlich ZAHLREICHE Stellen, die zum Beispiel zum Mord an Ungläubigen oder deren „Enthaupten“ auffordern, das Nehmen von Sexsklavinnen unter der Ungläubigen empfehlen, oder die Todesstrafe für vom Islam Abgekommene fordern.

Dort herrscht – vollkommen objektiv – eine „Mein-Kampf“-Sprache; das heißt in den primären Grundlagenschriften der größten Weltreligion.

Natürlich gibt es dort auch andere Stellen. In den nachfolgend verlinkten Videos kommen zu jenen „positiven“ Stellen auch der ganze Kontext, und wie diese Aussagen gerne verkürzt wiedergegeben werden.

Doch diese relativ positiven Stellen ändert gar nichts an jenem Grundtenor – der Ideologiegrundlage für die Islamisten, die sich direkt in jenen maßgeblichen Quellen findet!

Selbst wenn sie 700 jezidische Frauen auf einem Markt in Mosul verkauft haben, konnten sie dabei– quellenbegründet – einen auf sie stolzen Mohammed vor ihrem inneren Auge haben!

Ungeachtet all dieser klaren Tatsachen folgt jedoch eine Mehrheit der „Wissenschaftler“ und ihrer Nachbeter (oder auch unabhängig davon) unter den Medien oder in den „buddhistischen“ und christlichen Traditionen viel lieber der Parole – bloß nicht genau hinsehen, alles nicht ernst nehmen, alles verwischen, klugtuerisch weg- und kleinreden, alles übertragen verstehen, immer schön auf „historische Kontexte“ verweisen, die „nicht auf heute übertragbar“ seien, usw.

Freilich, das ist schon klar – Mohammed hat über 80 Feldzüge geführt, aus seiner Sicht gegen „Ungläubige“.

Aber hier gibt es doch keinerlei Bezug zu den heutigen Islamisten – die bloß genauso ihre „Feldzüge“ führen; und die aus islamischer Sicht genauso gegen „Ungläubige“ kämpfen.

Wirklich überzeugend!

Der Grundansatz der heutigen Apologetik ist, mit einem Bild gesprochen:

„Der Wald“ sind die objektiv großen Unterschiede, was die Religionen angeht – speziell die Monotheismen im Vergleich zu den universalistischen Religionen wie Buddhismus oder Taoismus. Apologetik unternimmt systematisch relativ unerhebliche Relativierungen, Differenzierungen oder Überbewertungen von untergeordneten Punkten, um die großen Unterschiede gezielt zu verwischen, damit jener „Wald“ dann „vor lauter Bäumen nicht gesehen wird“!

Wie ich bereits betont habe:

Unfriedlich und verantwortungslos ist nicht das, was die tatsächlichen Ursachen von Gewalt zur Sprache und Debatte bringt; sondern das, was sie apologetisch verschleiert!

Jene Videos:

+ Der bekannte Politologe, Autor und Islamkritiker Hamed Abdel-Samad in einem TV-Interview: „Deutschland muss die Wahrheit über den Islam erfahren“.Seine Resümees dort: „Der Islamismus ist kein Phänomen der letzten 100 Jahre. Der Islamismus ist genauso alt wie die islamische Geschichte selbst“; oder: „Isis macht nichts Anderes als das, was Mohammed und seine Gefährten gemacht haben“:

+ „Der Prophet sagt: Tötet meine Kritiker!“ Eine Geschichte aus der einem der zentralen islamischen Hadithe, zu den Aussagen und Handlungen „des Propheten“, die eine eindeutige Parallele zum Anschlag auf Charlie Hebdo beschreibt und gleichsam ein „Auftrag“ ist:

+ „Ex-Muslime klären auf: Der Koran befiehlt das Töten“: Sabatina James hat sich einer Zwangsverheiratung entzogen, lebt unter Polizeischutz und klärt hier über den Koran auf:

+ „Anschlag auf Charlie Hebdo ist islamisch begründet“.

+ „Terrorisiert die Feinde Allahs! Koran-Sure 8.60“.

+ „Halal Mord im Islam. Antwort auf ZDF“.

+ „Ex Muslim Terrorist: Warum wir Euch umbringen wollen“.

Besonderer sei auch auf dieses Video hingewiesen:

+ „Sklavinnen für IS. Auf Befehl Mohammeds“. Zu den zahlreichen Stellen im Koran und den Hadithen, die das Nehmen von Sexsklavinnen begründen.

Hier erfährt man von einem arabischen Insider präzisen mit allen  Belegstellen etwa dies: Mohammed habe in 8 Jahren 83 Kriege geführt. Er habe 18 Frauen gehabt (nach der geringsten Angabe in den Quellen). Er habe ermordet, geraubt, Frauen entführt und versklavt, alles Dinge, die Isis vom Propheten gelernt hätten.

Wörtliche Zitate jenes Insiders: „Alle Greueltaten von Isis, auch das Schlachten und Köpfen, hat seinen Ursprung im Islam und der Sunna.“ Oder: „Allah hat im Koran dem Propheten und seinen Gläubigen die uneingeschränkte Versklavung erlaubt.“ Oder: „Mohammed hatte nichts im Kopf außer Krieg und Frauen!“

Das lässt sich sicher auch irgendwie witzig finden. Denn so aber-„witzig“ ist es, die Aussagen eines solchen Menschen als eine große Religion zu betrachten.

Aber dieser gewalttätige Mega-Macho und -Egomane wird von rund 2 Milliarden Menschen hoch verehrt. Dann hat die Welt zwangsläufig ein ziemliches Problem!

[A–>

* In der einleitend erwähnten öffentlichen Diskussion auf Facebook in meiner Chronik hat Rupprecht Rudofsky zu den Gewaltbelegen dies gepostet:

Islam, Koran – Zitatesammlung zu Gewalt:

2:191, 2:193, 2:216, 2:217, 2:195, 2:244, 4:74, 4:76, 4:84, 4:89, 4:92, 4:104, 5:33, 5:38, 5:51, 5:52, 8:12, 8:14, 8:17, 8:39, 8:41, 8:55, 8:59, 8:60, 8:113, 9:1, 9:2, 9:3, 9:4, 9:5, 9:12, 9:29, 9:30, 9:33, 9:41, 9:44, 9:45, 9:52, 9:81, 9:88, 9:90, 9:91, 9:92, 9:93, 9:111, 9:123, 16:126, 39:37, 40:8, 47:4, 47:8, 47:36, 47:37, 48:16, 48:28, 48:29, 49:15, 61:3, 61:4, 61:9, 61:11, 66:9, 98:6

Deutsch

Englisch, 1. Quelle

Englisch, 2. Quelle

Französisch

Der Koran (Al Qur’an al Karim) – IGMG : Islamische Gemeinschaft Millî Görüş

<– A]

* Jüngst hörte ich in einer Diskussion („Kontrovers“, Deutschlandfunk vom 12. Januar 15: „Terror in Frankreich: Ist der Islamismus noch zu stoppen?“ – Sendung als Podcast verfügbar) eine höchst aussagekräftige Story, die wiederum jene Grundwahrheit aufs Klarste bestätigt – nämlich die zentrale handlungsleitende Macht religiöser Ansichten, Glaubensformen bzw. Prägungen, UND ZWAR UNABHÄNGIG von Bildung, Umständen oder Milieus:

Ein zenbuddhistisch gesinnter Herr, Patrick Rosiner, der zwei Jahre im islamischen Tansania lebte (und generell an verschiedenen Orten im Ausland arbeitet), hat dabei Folgendes berichtet: Sie hätten in Tansania eines Abends mit guten Freunden diskutiert, von denen sie immer den Eindruck hatten, dass sie einen gemeinsamen Wertekanon mit ihnen teilen würden.

Und die Freunde seien Informatiker gewesen, die in Oxford studiert hätten. Dann kam das Gespräch auf Salman Rushdie und seine „Satanischen Verse“. Alle Anwesenden, die Erwachsenen wie die 5-6 Jahre alten Kinder, hätten daraufhin sofort betont, dass sie Rushdie auf der Stelle aufhängen oder köpfen würden, wenn er hier wäre.

Dann kam die Rückfrage an ihn, was er denn machen würde, wenn einer über den Buddha Scherze reißen würde. Rosiner meinte dazu, dass er lachen würde, wenn der Scherz gut wäre! Die anderen: Dann müsse er aber noch viel lernen!

* Hast Du zum Beispiel einmal Berichte von den Zerstörungen der großen buddhistischen Klosteruniversiäten in Nordindien im 12. Jahrhundert im Rahmen der muslimischen Einfälle in Indien gelesen? Die Zerstörungen sind von den Muslimen nämlich stolz festgehalten worden. Das hat sich um gar nichts vom Vorgehen von Isis heute unterschieden!

Ein ähnlich vielsagendes Zitat aus dem Beitrag von Nina Burleigh im NewYorkObserver, betitelt Why don´t more Muslims denounce Their Co-Religionists´Barbarism?

„As for blaming colonialism: the notion that Islam had a gentler side when the West showed up is totally inaccurate. As I documented in my book about Napoleon’s scientists in Egypt, when the French arrived in Egypt in 1800 – the first large-scale interaction between the west and Islam in modern history – they were appalled at the treatment of women.

Just one example: in his journals, Vivant Denon – who would go on to be first director of the Louvre – described encountering a woman in the middle of the desert with an infant on her back. Blood streamed down her face and a close look proved that both her eyes had been stabbed out. Denon wanted to give aid, but the locals told him her husband had merely meted out the approved punishment to unfaithful women.”

Das werden gewiss keine besonderen „locals” gewesen sein!

Das sind islamisch bzw. islamistisch geprägte locals gewesen, die repräsentativ (gewesen) sind – auch wenn es sicherlich ebenfalls andere gegeben hat oder gibt, die sich ihr menschliches Empfinden und ihre natürliche Spiritualität nicht durch irrwitzige Vorgaben haben nehmen lassen!

Fazit:

Es sind also immer vor allem bzw. unmittelbar die religiösen oder ideologischen Ansichten, die Gewalt begründen. Folglich muss die Kritik auch genau dort primär ansetzen!

Harris hat objektiv recht mit dieser Aussage:

„In jedem beliebig aus einem modernen Bücherregal herausgegriffenen Buch steht mehr Nützliches für das 21. Jahrhundert als im Koran und der Bibel!“

Das gilt jedoch nicht für die buddhistischen und vor allem die frühbuddhistischen Quellen.

* Natürlich gibt es immer wichtige Zusatzbedingungen, wie Du sie ablenkend in den Vordegrund schiebst:

Zum Beispiel Konkurrenz um Rohstoffe, Macht und Territorien, Radikalisierung infolge von Benachteiligung und Chancenungleichheit, Minderwertigkeitskomplexe bzw. Neid aufgrund des Zurückstehens der arabischen Welt gegenüber dem Westen und Asien oder Hass infolge von Okkupationen. Das häufig  fadenscheinige Verhalten der Amerikaner im Mittleren Osten, etwa mit den Motiven zu ihren Irakkriegen; und das, was sie dadurch angerichtet haben.

Außerdem spielen die politisch motivierten Grenzziehungen der früheren Kolonialherren eine wichtige Rolle („Berliner Konferenz“ von 1884-85), die unterschiedliche Völker in einem Staat vereint haben – ganz nach dem Kolonialprinzip: „Teile und Herrsche!“. Aber übrigens gehen viele der heutigen Probleme in der arabischen Welt nicht auf jene westlichen Grenzziehungen zurück (anders als in Afrika)! Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches waren es nämlich die Türken, die einen einheitlichen Kurdenstadt verhindert haben. Die westlichen Siegermächte wollten ihn!

* Aber jeder Mensch hat immer die Möglichkeit, auf die eine oder die andere Weise auf die vorgefundenen Bedingungen innerlich zu reagieren.

In der Lehre des Buddhas gibt es vier karmischen Grundoptionen:

Vom Ungünstigen ins noch Ungünstigere, vom Ungünstigen ins Günstige, vom Günstigen ins noch Günstigere, vom Günstigen ins Ungünstige.

Es gibt etwa den reichsten Mann der Welt, Bill Gates, der sein ganzes Vermögen über seine Stiftung wohltätigen Zwecken gewidmet hat. Und es gibt Superreiche, die mit Privatjumbos mit eingebautem Bad herumfliegen (ein saudischer Prinz), ihre zwanzigste Villa kaufen oder Elefanten und Löwen in Afrika abknallen und sich dabei ganz groß vorkommen.

Es gibt arme Schlucker, die so manchen westlichen Touristen mit Freigiebigkeit, Herzenswärme und Gastfreundschaft beschämen, und es gibt arme Schlucker, die sich Boko Haram anschließen und zu Megasadisten werden.

Im Bild gesprochen: Jene Zusatzbedingungen lassen sich mit Wasser, Erde und Sonne beim Wachsen einer Pflanze vergleichen. Dagegen sind die „Ansichten“, ob ideologischer oder religiöser Natur, sowie die dadurch bedingten Entschlüsse bzw. Absichten – das heißt die ersten beiden Glieder des „Achtfachen Befreiungspfades“ – die primäre Ursache! Sie sind gleichsam der Same der Pflanze.

Aus Unkrautsamen wächst Unkraut. Aus Blumensamen wachsen Blumen. Die Zusatzbedingungen sind nicht unwichtig, aber jeweils zweitrangig.

Sicher gibt Zusatzbedingungen, die das Hervortreten von „Unkraut“ begünstigen. Aber auch hier sind genauso erst die entsprechenden „Samen“ bzw. die entsprechenden ideologischen oder religiösen „Ansichten“ erforderlich, damit es sich manfestiert.

In anderen Worten: Ein Mensch hat immer die Wahl!

Für die heilsame Wahl ist jedoch ein gutes inneres Rüstzeug hilfreich – vor allem systematisches Training von Geist und Herz, Methoden zur Entwicklung von Ethik, Ruhe und Einsicht, Achtsamkeit und Wissensklarheit, ein Menschenbild, das die höchsten spirituellen Entwicklungsmöglichkeiten bewusst macht, dazu rational und empirisch überprüfbare spirituelle Lehren, oder eine ausgereifte Psychologie des Geistes und Herzens.

Was findet sich denn von diesen Elementen – objektiv – in der Bibel und dem Koran …??

Nüchtern betrachtet, was alle Apologeten so gar nicht wahrhaben wollen –

praktisch nichts!

Dagegen in den Redensammlungen des Buddhas im Palikanon (den wissenschaftlich betrachtet autoritativsten Quellen zu den Aussagen des Buddhas) –

verdammt viel!

So viel, dass daraus etwa die machtvolle moderne Vipassana-Meditationsbewegung entstanden ist oder primär davon ausgehend etwa der ganze westliche Achtsamkeitsboom, neue Therapien oder die fruchtbaren Begegnungen mit der westlichen Wissenschaft.

* Die Kernlehren (!) des Christentums sind die Vorstellung von der Erlösung der gläubigen Menschheit durch den Kreuzestod von Jesus Christus oder dessen Wiederkehr zu irgendeinem künftigen Zeitpunkt, um nach dem „Jüngsten Gericht“ ein Gottesreich zu schaffen.

Die Kernlehren (!) des Buddhas dagegen sind die Vier Edlen Wahrheiten, die verifizierbaren Drei Daseinsmerkmale oder das Abhängige Entstehen.

Kernlehren müssen mit Kernlehren verglichen werden. Alleine dann ist es objektiv! Nicht Randlehren mit Kernlehren vergleichen; oder bestimmte Kernlehren verschweigen oder wegdeuten.

Und für diese Kernbereiche gilt:

Chimären auf der einen Seiten und Erfahrungslehren auf der anderen Seite. Abschieben von Selbstverantwortung auf der einen Seite und deren Übernahme auf der anderen Seite. Oder Vertröstung auf Wolkenschokolade mit systematisch brainwashenden Märchen auf der einen Seite und daseinsimmanente Befreiung auf der anderen Seite!

Der Hauptvater des mahayanistischen Bodhisattva-Ideals, Shantideva, hat es doch prima auf den Punkt gebracht:

Angesichts einer dornigen Welt gibt es zwei Möglichkeiten:

Entweder man versucht, diese Welt mit Teppichen auszulegen (was niemals gelingen kann),, oder man zieht sich selbst gute Schuhe an!

Islam und Christentum versuchen das Erstere! Das Ergebnis – Ignoranz und endlose Gewalt! Oder der absolut schmähliche Umgang mit Frauen im Islam (früher auch im Christentum, etwa im Rahmen der „Hexenverbrennung“). Das Gebot der Vollverschleierung oder auch des Kopftuches ist das Produkt von islamischen Männern, die ihren eigenen Begierden hilflos gegenüberstehen. Dann werden gleichsam die „Teppiche“ über die Frauen ausgelegt! Oder Sexsklavinnen genommen; oder vermeintlich „ehebrechende“ oder in diesem Verdacht stehende Frauen ermordet oder deren Gesichter mit Säure verätzt.

Männer dagegen können alles Erdenkliche mit Frauen machen. Das wäre doch auch mit Mohammed so gewesen, wie es in den heiligen Büchern stünde!

Dutzende wechselnde Frauen soll er gehabt haben, und extrem potent soll er gewesen sein.

So ist das nun einmal mit einer Religion, die nichts zum Verstehen von inneren Zwängen beiträgt bzw. deren Bedingungen, die keine Methode bietet, wie sie transformiert werden können, und die nichts dazu beiträgt, zu einem befreiten geistigen und körperlichen Verhältnis zum anderen Geschlecht zu kommen, von dem beide gleichermaßen viel haben.

Die Lehre des historischen Buddhas bietet die Schuhe an!

Aber man sie sich schon selbst anziehen!

* Wenn Mohammed oder auch Jesus Christus spirituell höchst vitalen und anspruchsvollen alten Indien des historischen Buddhas mit ihren Lehren unterwegs gewesen wären, wären sie weithin verlachte Witzfiguren gewesen – sozusagen die superspekulativen Reli-Narren. Und in einer regelrechten, inhaltliche Debatte wären sie damals richtige Lachnummern gewesen (Jesus weniger als Mohammed, denn ersterem hätte man streckenweise zuhören können)!

Ganz sachlich ausgedrückt, was den Apologeten gar nichts schmecken wird:

Christentum und Islam sind – altindisch gesprochen – extreme Formen des „Ewigkeitsglaubens“ Eternalismus; mit ihren Kernlehren von einem „ewigen Gott, ewigen Leben, ewiger Strafe, Gottes Willen in Ewigkeit, ewiger Seele“ usw. In der Lehre des Buddhas ist der Eternalismus  einer der kardinalen Überbegriffe für die „verfehlten Ansichten“ gewesen!!! Jesus und Mohammed wären damals mit ihren Lehren oben auf der Liste der verfehlten Ansichten gestanden!

In der Mittleren Sammlung 22 etwa Lehre der Buddha, dass jeder Glaube an die ewige Weiterexistenz des „Selbst“ nach dem Tode eine „vollkommen närrische Lehre“ sei.

Heute dagegen sind die Lehren von Mohammed und Jesus die einflussreichten auf der Welt!

Angesichts zum Beispiel von fast einer Millionen Menschen, die sich in Grosny über zum echten Nachdenken bzw. „Selbstdenken“ anregende Karikaturen empören: Wie war das noch einmal mit der „dunklen Zeit“ Kali-Yuga, die gleich einem Sog von echter innerer Praxis wegziehe? In Burma ist diese Sicht übrigens ein Hauptgrund dafür, dass es dort zu der machtvollen Vipassana-Meditationsbewegung gekommen ist!

Ihre Stoßrichtung ist von Anfang an gegen bloßen „Glauben“ und „monotheistische Mission“ durch spirituelle Ermächtigung des Individuums gerichtet gewesen – aufbauend auf den entsprechenden Lehrsträngen in den Reden des Buddhas im Palikanon. Und sie richtet sich gegen jeden bloßen Glauben (auch innerhalb des Buddhismus).

Siehe dazu etwa die Dissertation von Erik Braun zur Entstehung der Vipassana-Bewegung. Manche Erkenntnisser daraus sind hier resümiert: Meditation En Masse: How Colonialism Sparked the Gobal Vipassana-Movement.

4) Zu Deinem Punkt, dass Sam Harris Säkularismus mit Atheismus gleichsetze:

Ein weiteres Mal falsch! Er lehnt den Begriff „Atheismus“ detailliert ab, auch wenn er pragmatisch nicht immer widerspricht, wenn er als Atheist bezeichnet wird. Hier seine ausführliche Erklärung für jene „Atheismus“-Ablehnung.

Es geht Sam um die Kritik und Widerlegung der Monotheismen, jedoch keineswegs um die Ablehnung einer tragfähigen Spiritualität für heute, ganz im Gegenteil. Aber „Atheismus“ werde heute meistens mit Desinteresse an jeder Form von Spiritualität gleichgesetzt (ein Desinteresse, das ja für die anderen führenden „Horsemen of New Atheism“ gilt).

Sams letztes Buch ist diesem ganzem Thema gewidmet: Waking Up: A Guide to Spirituality without Religion.

Für seinen Begriff von Säkularismus ist sein Begriff von einer „Spiritualität ohne Religion” fundamental. In diesem Zusammenhang betont er immer wieder die Achtsamkeitspraxis Vipassana (zum Beispiel hier), die sein primärer spiritueller Hintergrund ist:

„Vipassana is perfectly designed for export into science and the rational community generally because there is actually nothing you need to presuppose on insufficient evidence in order to get the practice off the ground.”

Nun zu Deinen Entgegnungen zu meiner letzten Antwort, die alle apologetischer Natur sind, und die alle nüchterner Betrachtung nicht standhalten:

Zu Deinem Einwand 10 (siehe unten in Jans Text):

Stichwort „metaphysisches Konstrukt ,Gott´“ und damit eine mangelhafte Ethikbegründung:

Das metaphysische Konstrukt „Gott“ steht durchgehend im Zentrum von Bibel und Koran, von Christentum und Islam. Praktisch alle Theologen und Islamwissenschaftler sprechen über „Gott“ genau so, als sei er unzweifelhaft eine Realität.

In keiner echten Wissenschaft ist es jedoch möglich, eine bloße These fortwährend so zu behandeln, als sei sie eine nachgewiesene Realität. Im Grunde müsste jeder Theologe und Islamwissenschaftler sofort unterbrochen werden, wenn er in dieser Weise von „Gott“ spricht“, und sodann um seine Beweise gebeten werden!

Auch die in den Medien meistzitierten Islamkundler in diesem Lande sprechen – als (gläubige) Muslime, als die sich ausdrücklich verstehen – regelmäßig genau in jener Weise von „Gott“; etwa der Münsteraner Professor Mouhanad Khorchide; oder die Hamburger Professorin Katajun Amirpur von der „Akademie der Weltreligionen“.

Ich hörte Amirpur einmal morgens in einem Interview im Deutschlandfunk vor einer islamwissenschaftlichen Konferenz – das Interview stand danach interessanterweise nicht als Audio zur Verfügung.

Zu den gewaltbegründenden Aussagen des Korans befragt, meinte sie, dass immer  der jeweilige „Offenbarungskontext“ betrachtet werden müsse.

Eine schöne, ganz wissenschaftlich-objektiv klingemde Wortschöpfung ist das – die aber vor allem Eines zeigt: dass da eine gläubige Monotheistin spricht, die an Dinge wie „Offenbarung“ glaubt; bzw. an Bücher, die ein „Gott“ niedergeschrieben habe bzw. die exakt „sein Wort“ wiedergeben! All dies ist notwendig beinhaltet, wenn man von einem „Offenbarungskontext“ in der Weise spricht, als wäre es ein realer Kontext, wie sie es getan hat.

Nach den Anschlägen von Paris hat sie eine Rede gehalten mit dem Titel „So eine Verteidigung braucht mein Prophet nicht“.

Hier spricht also ganz unverblümt eine tief Gläubige – schon im Titel: „mein Prophet“!

Mag sein; aber der Prophet von Isis braucht jene Verteidigung sehr wohl! Und Isis kann sich dafür auf viel mehr Stellen im Koran, der Biografie des Propheten und den Hadithen berufen als Amirpur.

Tief Gläubige, welche die maßgeblichen Quellen mit dicken dunklen Brillen betrachten, sollten in den Moscheen lehren, nicht an Lehrstühlen; und ganz genausowenig von den Medien vielfach zitiert werden!

Zum Gegenargument der Apologeten, das hier kommen wird:

Es geht bei einem objektiven Vergleich der Quellen natürlich auch nicht um eine „Vertretung“ der Lehren des Buddhas …

Es geht bloß um einen objektiven Vergleich! Der spricht nämlich schon hinlänglich für sich!

Aber genau dieses Offenbarwerden soll ja von den Apologeten verhindert werden.

Amirpur sollte vielleicht einmal mit erfahrungsorientierte Lehren wie das berühmte Kalama-Sutta des Buddhas Worthülsen wie etwa „Offenbarungskontext“ reflektieren. Hier kürzer wiedergegeben:

„Geht nicht nach (vermeintlich geoffenbarten oder heiligen und sonstigen) Schriften, nach Überlieferung bzw. Tradition, nach Hörensagen, nach dem Eindruck eines Meister …, sondern alleine nach dem, was Ihr für Euch selbst als dasjenige erkennt, was, wenn es ausgeführt wird, zum Wohl und Glück führt!“

„Gott“ ist ein glasklares und absolut zentrales metapyhsisches Konstrukt in diesen Religionen.

Der Buddha dagegen hat laut den alten Quellen jede Vorstellung von einem „Gott“ als höchster Realität verneint, ob von persönlicher oder unpersönlicher Art (nähere Belege dazu siehe in diesem Ergänzungsbeitrag von mir zu dem grundlegenden Beitrag von Sam Harris´ Beitrag Den Buddha Töten, den ich mit seinem Einverständnis für Buddhismus Aktuell übersetzt habe.

Der Grund ist die tiefenpsychologische Rückversicherungsfunktion eines metaphysischen Megaselbst „Gott“ für das persönliche Bewusstsein von „Ich und mein“ bzw. „Ego“, die laut Buddha das Grundproblem sind, das es gerade als dieses zu klären und aufzulösen gilt (siehe dazu etwa die Mittlere Sammlung 11)!

„Karma“ (Wirken, Sichauswirken) ist in den Redensammlungen des Palikanons ein Erfahrungsbegriff, der primär in diesem Leben nachprüfbar ist.

Die zentrale Karmadefinition dort besteht in einem einzigen Wort: „Absicht“!

Denn deren wahre, innere Qualität alleine entscheidet über die (Aus)wirkung. Dieser Zusammenhang ist im Leben über die nach innen gewandte Achtsamkeit „Wissensklarheit“ nachzuvollziehen; und wird damit zur Quelle von heilsamer Motivation.

Karma wird dort auch lebensübergreifend verstanden, steht aber in dieser Bedeutung nicht im Vordergrund; und der Gaube daran ist keine Voraussetzung für eine innerlich transformatorische Praxis, auch laut dem Buddha nicht (siehe dazu etwa den letzten Teil des Kalama-Suttas).

Offenbar hast Du keine Ahnung davon, was „Nirvana“ („Verlöschen“ der inneren Leidursachen) eigentlich bedeutet: Das „Nirvana mit Rest“ (im Unterschied zum Parinibbana nach dem Tod) ist in Buddhas Lehre bloß IM Leben zu realisieren; und ohne dieses Nirvana gibt es auch kein Parinirvana.

Das Nirvana ist etwa „Das Unbedingte“, das sich einem mit der zunehmenden „achtsam sehenden“ Nichtidentifikation mit den Dingen innerlich befreiend eröffnet – nämlich über das zunehmende Verstehen des Entstehens und Vergehens aller bedingten Phänomene, deren Nichthinreichens bzw. deren Nichtselbstes mit der Praxis von „Selbstdenken und sehender Achtsamkeit“, wie ich „den Weg“ gerne auf den Punkt bringe (siehe Blogtitel).

Oder nimm Shantidevas Ethikbegründung, die zentral für das mahayanistsiche Bodhisattva-Ideal ist (und wozu ich damals meine Abschlusssarbeit gemacht habe):

Durchweg rational nachvollziehbar begründet – in Form einer Debatte, mit der Shantideva die Einwände eines Gegners gegen das umfassende Mitgefühl widerlegt.

Von all solchen Zusammenhängen hat der Islam und das Christentum keine Ahnung!

Hier gibt es also in Sachen Erthikbegründung einen himmelweiten Unterschied zum bloßen metapysischen Glaubenskonstrukt „Allmächtiger“ – „Jahwe“, „Gott“ oder „Allah“!

Zu Deinen Einwänden 11 (siehe unten in Jans Text):

Stichwort:

„Glaube an den einen (= einzig wahren) Gott und den Propheten Muhammed (= der letzte und wichtigste Prophet jenes einen Gottes): fast durchgehend 100 Prozent.

Dies ist ein gewaltbegründender Glaubenskomplex, weil aus seiner Sicht alle anderen Religionen minderwertig und als ,zu bekehren’ erscheinen.“

Selbstverständlich bezieht es sich auch auf das Christentum. Du hast meine letzte Antwort nicht ganz gelesen!

* Dort zitiere ich nämlich Jan Assmanns Grundlagenwerk Die Mosaische Unterscheidung: oder der Preis des Monotheismus, mit dem er die inhärent gewaltbegründende Funktion jedes (!) Monotheismus bzw. Glaubens an einen „einzig wahren Gott“ analysiert.

* Natürlich geht jede Religion davon aus, dass ihr Weg der alleine zielführende ist. Sonst wären die jeweiligen Anhänger keine Anhänger der betreffenden Religion!

Aber der monotheistische Alleingeltungsanspruch, ob nun islamisch oder christlich, beruht auf einem bestimmten unverifizierbaren (und analytisch auszuschließenden) Glauben – an Koran oder Bibel als „von Gott offenbart“, an die dort formulierten „Missionsaufträge“, eines Jesus, der sich als „Gottes Sohn“ verstanden hat, oder eines Mohammed, der sich als „letzten und endgültigen Propheten“ verstanden hat, oder an einen einzig wahren, höchsten „Gott“.

Der Buddha dagegen hat sich als ein voll „erwachter“ Mensch verstanden; und sich für seine Autorität nicht auf metaphysische Konstrukte berufen!

Mit jenen bloßen Glaubensansprüchen ist eine Überzeugung anderer schwierig, weil keiner dieser Ansprüche verifizierbar ist. Und die „Gläubigen“ dieser Ansprüche werden sich zu Gewalt legitimiert fühlen, wie millionenfach in der Geschichte dieser Religionen geschehen, wenn eben die „zu Bekehrenden“ bzw. „Heiden“ diese Ansprüche nicht teilen möchten.

Völlig anders im Buddhismus:

Hier wird generell davon ausgegangen, das das spirituelle Gesetz „Dharma“ ausschließlich durch wachsende innere Einsicht zu verwirklichen ist. Denn ohne Einsicht und Weisheit ist im Buddhismus generell kein Blumentopf zu gewinnen (ganz eindeutig im frühen Buddhismus und bloß in wenigen spätbuddhistischen Formen weniger)!

Aber eine Einsicht ist naturgemäß niemals aufzwingbar.

Genau deshalb spielt in der Ausbreitungsgeschichte des Buddhismus das sachliche Argument eine solch große Rolle – beginnend mit der Urgemeinde, wo sich eine gute Lehre in der sachlichen Auseinandersetzung bewähren können musste, um etwas zu gelten.

Diese Grundunterschiede hat übrigens auch Lambert Schmithausen mehrfach betont!

Die Lehre des Buddhas hat auch keine bloßen, unbegründeten und damit zwangsläufig immer gewaltträchtigen Überlegenheitsansprüche nötig, weil sie generell durch logisch und empirisch überprüfbare Lehren zu überzeugen vermag.

Just deshalb ist der Buddhismus praktisch in jedes heutige buddhistische Land durch einen freiwilligen Import aus bereits buddhistisch gewordenen Nachbarländern gekommen (auch wenn dahinter natürlich auch machtpolitische Überlegungen gestanden haben und zur internen Durchsetzung es manchmal zu Gewalt kam).

Ganz anders im Falle Islam und Christentum:

Praktisch alle heutigen islamischen und christlichen Länder sind nämlich durch Eroberung, Kolonisation oder Zwangsmisionierung zu eben solchen geworden.

Dies gilt selbst für das „christliche Abendland“ – zum Beispiel mit den erwähnten gewaltvollen Zwangsmisionierungen der Sachsen (der damals norddeutschen Germanen) durch „Karl den“ sogenannten „Großen“; und dann im „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“, das vom 10. bis zum Beginn des 19. Jh. währte, mit dessen gewaltigem kirchlich-säkularen Machtapparat, der Analphabeten bzw. von den christlichen Kirchen gezielt zu solchen Gemachten (siehe hier – am Ende der Antike war es nämlich ganz anders!) über viele Jahrhunderte gebrainwasht hat und alle Bedrohungen „des Glaubens“ ausgemerzt hat.

Also ein himmelweiter Unterschied, der primär in den jeweiligen Lehren gründet!

Illustriert: Wenn auf einer Weltkarte der Religionen die Länder und Gebiete herausgestrichen werden würden, die in ihrer Geschichte durch Gewalt oder Zwangsmissionierung im Gefolge einer Eroberung zu der jeweiligen Religion gekommen sind, wären auf dieser Weltkarte das Christentum auf Teile Europas beschränkt und der Islam gar nicht mehr erkennbar. Und der Buddhismus wäre mit Abstand die größte Weltreligion!

Es waren bestimmte europäische Herrscher, die das Christentum von sich aus als Erstes annahmen: Der römische Kaiser Konstantin der Große (270-337) und der Herrscher des ersten größeren Frankenreiches, Chlodwig I (406-511). In der nachfolgenden Geschichte Europas ist das Christentum dann gezielt aktiv verbreitet worden, durch Unterwerfung (etwa anderer Germanenstämme durch Chlodwig I), Zwangsmissionierung (etwa der Sachsen durch „Karl den Großen“ nach dessen Sieg über sie) oder zumindest aktiv betriebener Mission.

Ich nehme auch an, dass Du dies alles schon weißt.

Aber Du versuchst es halt – als „wissenschaftlicher“ Apologet. Aber bei mir klappt das leider nicht. Trotzdem ist es mühsam! Immerhin hast Du einen Praxishintergrund, und kommst hier trotzdem mit jenen ganzen Blender-Argumenten.

* In Europa waren es lediglich  die Wikinger, die jene Missionierung nicht erreicht hat; und die erst im 11. Jahrhundert aus macht- und handelspolitischen Erwägungen das Christentum friedlich und synkretistisch in ganz Skandinvien eingeführt haben.

Aufgrund der Verwandtschaft der germanischen polytheistischen Religionsformen im gesamten mittel- und nordeuropäischen Raum mit dem altindischen Polytheismus sowie aufgrund der indo-europäischen Sprachenfamilie und damit der Ursprungsgleichheit dieser Völker ist das Christentum und der Monotheismus generell (genauso Judentum und Islam) in Wahrheit ein aufgezwungener kultureller Fremdkörper in Europa.

Die 1500 Jahre eines mehr oder weniger aufgezwungenen Christentums im Abendland zählen wenig im Vergleich zu jenen ungleich älteren und damit unbewusst deutlich tiefer verankerten kulturellen und ethnischen Ursprüngen der Europäer.

Aber erst heute gibt es die Möglichkeit, der altindischen Lehre des Buddha oder etwa auch dem Yoga ihren gebührenden Platz ebenfalls im Westen zu geben.

Dieser Fremdkörperstatus gilt für den Islam noch deutlich mehr als für das Christentum, weil es in seiner Geschichte keine jahrhundertelange Interaktion mit tief formativen abendländischen Bewegungen wie der Aufklärung, der Demokratie, den Sozialbewegungen oder der modernen Wissenschaft usw. gegeben hat, die im Abendland positiv modifizierend auf das Christentum eingewirkt haben. Der Fremdkörperstatus wird etwa voll deutlich daran, dass aktuell die deutschen Sicherheistdienste rund 100 Islamistengruppen in Deutschland beobachten, die zum Teil aus Syrienheimkehrern bestehen.

Und makiere jetzt nicht wegen des Wortes „Fremdkörper“ eine taktischen, zustimmungsheischenden Aufschrei!

Er besteht nämlich alleine in bestimmten Ansichten, Überzeugungen oder Glaubensvorstellungen! Sie können aus Hirnen und Herzen „entfernt“ werden. Das zeigt sich ja gerade auch machtvoll in den USA:

Das primär aus der Vipassana-Bewegung kommende Thema „Achtsamkeit“ (es gibt übrigens keine einzige Belegstelle für diesen Begriff oder für eine Reihe von ähnlichen „inneren Praxisbegriffen“, wie sie zentral für die Lehre des Buddhas sind, in der Bibel oder dem Koran) hat dort schon viel machtvoller den Mainstream erreicht als in Europa. Und Religionskritik greift dort stark um sich, maßgeblich durch Menschen wie Sam Harris.

Ich spreche bei „Fremdkörper“ alleine vom Islam und dem Islamismus, die wie oben ausgeführt eine enge Verbindung miteinander haben – mit den Worten des erwähnten renommierten Islamkritikers Hamel Abdel-Samad : „Deutschland muss die Wahrheit über den Islam erfahren!“. Bzw.: „Der Islamismus ist kein Phänomen der letzten 100 Jahre. Der Islamismus ist genauso alt wie die islamische Geschichte selbst!“; oder: „Isis macht nichts Anderes als das, was Mohammed und seine Gefährten gemacht haben!“.

Ich spreche NICHT von den formellen Christen oder den formellen Muslimen, die teilweise seit Generationen im Westen leben, oder die aktuell Flüchtlinge vor primär islamisch bedingten Kriegen sind. Denn ein formeller Muslim kann dem Islam gegenüber distanziert bis gleichgültig sein. Oder er kann eine bewusste Auswahl treffen und alleine die vergleichsweise positiven Quellenaussagen wahrnehmen. Oder er kann seinen Glauben ablegen und sich mit anderen religiösen Lehren oder auch gar keinen mehr befassen.

* Skandinavien ist doch ein sehr gutes Beispiel für das, was ich meine:

Formell sind es heute lutherische Staaten. Aber nirgendwo im Westen gibt es so hohe Raten von Nicht-an-Gott-Glaubende wie dort, was mit jener kurz erwähnten Geschichte zu tun hat. Die Skandinavier sind unter den Abendländern am wenigsten vom Christentum generell und etwa seinen mittelaterliche dogmatischen Auswüchsen geprägt worden. Hauptverantwortlich dafür ist die Wikingerepoche, die damals wie ein Bollwerk gegen das damals anderswo in Europa schon tief verankerte Christentum gewirkt hat.

Mit der Reformation sind die Skandinavier dann auch alle protestantisch geworden. Das damalige militärisch mächtige Schweden war der Hauptgrund, dass im „Dreißigjährigen Krieg“ ganz Norddeutschland protestantisch geworden ist.

Auch haben nirgendwo auf der Welt heute die Frauen eine so hohe und so weitgehend gleichberechtigte Stellung wie in Skandinavien. Warum eigentlich?

Bei den Wikingern sind Wallküren, „Hexen“ bzw. naturkundliche Heilerfrauen im höchsten Ansehen gestanden – und damals genauso auch bei den südlicheren Germanenstämmen im Gebiet des heutigen Deutschlands, das heißt  vor deren Zwangsmissionierung. Teilweise waren die Wikingerinnen auch Kämpferinnen. Die frauenfeindlichen Auswüchse des Christentums im „christlichen Europa“ hat es im hohen Norden nicht gegeben.

Auf dem Boden des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ – mit seiner besonders engen machtpolitischen Verflechtung mit der katholischen Kirche und dem Vatikan – wurden zum Beispiel rund 25000 Frauen im Besitz des heilkundlichen Naturwissens der Germanen, die sich von den Kirchen nicht brainwashen ließen, als „Hexen“ bestialisch bei lebendigem leibe verbrannt. Eine viel höhere Zahl verlor „bloß“ ihr Gut oder wurde zu Haft verurteilt.

In Schweden etwa waren es dagegen lediglich geschätzte 400 Frauen, die damals hingerichtet worden sind (und nicht auf dem Scheiterhaufen sowie mit anderen Einschränkungen.

An dieser Stelle auch noch ein anderes Wort an Dich:

* Jener ganze nivellierende, relativierende, herunterspielende und „Es gibt kaum-Unterschiede“ postulierende apologetische Grundansatz der westlichen religionsvergleichenden Wissenschaft (in der Theologe, Islamkunde, Religionswissenschaft und teilweise auch den philologisch-orientalistischen Disziplinen – mit Ausnahmen) ist auch noch aus einem anderen als den erwähnten Gründen höchst problematisch:

Wir leben ohne jeden Zweifel in einer besonders herausforderungsreichen Zeit – angesichts von den ganzen Planeten immer stärker bedrohendem Klimawandel (zum Beispiel waren neun von zehn der heißesten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen nach dem Jahre 2000), ökologischen Zerstörungen im immer größeren Stil (Abholzen der Regenwälder, Meeresverschmutzung, Zerstörung etwa der Korallenriffe, Gletscherschmelze usw. usf.), eines zutiefst instabilen, aus Sicht vieler Experten nicht zukunftsfähigen kapitalistischen Finanz- und Wirtschaftssystems, mit einem giergetriebenen Finanzkapialismus, der sich restlos von der Realwirtschaft abgekoppelt hat, sozialer Spaltungen weltweit (laut der neuen Oxfam-Studie wird 2016 ein Prozent der Menschheit mehr als die Hälfte des Vermögens besitzen; und die 85 reichsten Menschen so viel wie die ganze ärmere Hälfte der Menschheit), von Waffentechnologien und –mengen von immensem Zerstörungspotenzial, stark zunehmendem monothestisch-religiösen Fundamentatlismus, neuem Ost-West-Konflikt, Überbevölkerung oder der Süßwasser- und generell Ressourcenverknappung usw.

In dieser übergeordneten Situation ist jener apologetische Grundansatz — davon einmal abgesehen, dass er mit guter, objektiver Wissenschaft nicht viel zu tun hat – um so problematischer.

Denn zweifellos ist die Lehre des Buddhas gemäß ihren ältesten Quellen und vielen späteren buddhistischen Entwicklungen eine der wenigen echten Alternativen und ein tragfähiger Orientierungsrahmen für die moderne, wissenschaftlich geprägte und aufgeklärte Welt – im Gegensatz zu den Monotheismen. Anstatt diesen Grundunterschied zu verwischen, sollte er verdeutlicht werden. Dazu bedarf es bloß einer objektiven Sicht.

Dies verlangt persönliche Integrität, Bereitschaft zu kontroversen Aussagen, Absetzung von staatlich-kirchlichen Erwartungen usw. Darin besteht auch zielführende spirituelle Praxis – in unabhängigem „Selbstdenken und sehender Achtsamkeit“!

Zu Deinen Einwänden 12 bis 14 (siehe unten in Jans Text):

Jetzt kommen die tibetisch-buddhistischen Verteidigungshaltungen:

* Ja, es stimmt, was Du sagst, dass im traditionell asiatischen Theravada der tantrische Buddhismus Vajrayana nicht für die Lehre des Buddhas gehalten wird. Auch wissenschaftlich betrachtet ist der Vajrayana eindeutig später und sind die autoritatvsten Quellen die ältesten vollständig überlieferten Redensammlungen des Buddhas im Palikanon.

Genauso stimmt es, dass bis heute eine Mehrheit der Mahayana-Buddhisten den Theravada als „kleines Fahrzeug“ (Hinayana) betrachten  – trotz eines „Engagierten Buddhismus“, der insgesamt in den Theravada-Ländern am stärksten vertreten ist; oder etwa einer weltweit populären Massenmeditationsbewegung „Vipassana“, die in Burma für einen friedlichen Wandel einer der schlimmsten Diktaturen zu einer Demokratie gesorgt hat und weiterhin sorgt (siehe Ingrid Jordt: „Burma´s Mass Lay Meditation Movement“).

Und es gibt auch zum Teil große Differenzen innerhalb der einzelnen buddhistischen Haupttraditionen! Im Übrigen sind die meisten späteren Entwicklungen des „Buddhismus“ im Grunde lediglich kreative Ausfaltungen gezielt ausgewählter frühbuddhistischer Lehren und stehen damit nicht wirklich im Gegensatz zu ihnen.

Der Kern des tantrischen Buddhismus zum Beispiel findet sich etwa schon in der wichtigsten Achtsamkeitsrede des Buddhas, dem Satipatthana-Sutta, wo die allermeisten der dort beschriebenen Phänomene – und zwar jeweils verstanden als Nährboden für die befreienden Einsichten – ganz gewöhnliche Alltagsphänomene sind.

Dies habe ich etwa in diesem jüngsten Vortrag über die „Ungleichen Befreiungswege in der Lehre des Buddhas: Kein „Einziger Weg“, sondern nur ein „Direkter“ mitbehandelt.

Der befreundete Tantra-Experte und Indologe Dr. Peter Gäng sieht es übrigens ähnlich.

Im Vajrayana sind – entgegen dem frühbuddhistischen Grundprinzip selbstverantworlicher Praxis (das berühmte „Ekayana Maggo“ im Satipatthanasutta bedeutet auch „Weg für einen alleine“) – noch die spätbuddhistische „Hingabe an den (tantrischen) Guru“, tantrische Gelübde, die zum Teil „quasi-katholisch“ mit Höllenstrafen drohen, oder Mantra-, Visualisierungs- und Identifikationspraktiken mit „tantrischen Gottheiten“ hinzugekommen, die  aus frühbuddhistischer Sicht reine Konzentrationspraktiken sind, weil sich befreiende Einsichten alleine in Bezug auf die natürlich gegebenen, immer wechselnden Phänomene entwickeln können.

Außerdem ist der Nachteil jener tantrischen „Gottheiten“-Meditationen, dass es es sich dabei um Konzentrationspraktiken anhand reiner Vorstellungsbilder bzw. geistiger Bildungen oder Konstrukte handelt, während die frühbuddhistischen Konzentrationsobjekte konzeptuelle Abbildungen realer Phänomene sind, etwa die Elementescheiben „Kasinas“. Hier ist der Übergang zur Einsichtsmeditation über Nichtselbst oder Leerheit viel besser  möglich, während jene tantrische Praktiken sozusagen „eingelockte“, reine Konzentrationspraktiken sind.

Im späteren Buddhismus sind ja zentrale Elemente der frühen Lehre, die besonders die Selbstverantwortung und das eigenständige Denken betonen, gezielt modifiziert worden – die zentrale Abfolge der „Drei Weisheiten“ zum Beispiel. In der Praxislehre des Buddhas ist die „Weisheit durch eigenes Nachdenken“ die Grundlage für die „Weisheit durch Aufnehmen (von Lehren anderer)“ sowie dann für die „Weisheit durch meditative Verinnerlichung“. Im späteren, etwa dem tibetischen Buddhismus ist kurzerhand die erste Weisheit zur zweiten sowie die zweite zur ersten erklärt worden. Dort gilt also die „Weisheit durch Aufnehmen“ als die Grundlage der „Weisheit durch eigenes Nachdenken“; sprich  – bitte nur eigenes Nachdenken innerhalb des vom Lama, Guru oder Meister vorgegebenen Rahmens bestimmter, von ihnen selbst erteilten Lehren!!

* Dann kommt ein weiteres Mal jene tief eingeschliffene apologetische Gebetsmühlen-Fokussierung auf das doch ach so große „Holland“ (= Gewalt in der Geschichte des Buddhismus), nämlich mit Deiner Aussage:

„Interne Glaubenskämpfe bzw. -Kriege gab es immer und überall.“

Gleichgültig, wie sehr Du und andere sich auf „Holland“ verlegen: Dies ändert rein gar nichts daran, dass Holland im Vergleich zu „Russland“ (= Gewalt in der Geschichte des Islams oder des Christentums) ein sehr klein Land ist.

Es gibt in den großen buddhistischen Richtungen keinen Alleingeltungsanspuch unter Verweis auf einen „höchsten Gott“, der angeblich dieses oder jenes vorgeschrieben habe, auf  ein bestimmtes Buch, das er auf der Welt gleichsam veröffentlicht habe, und das folglich keinesfalls hinterfragt werden dürfe, oder auf einen „Gottessohn“ oder „letzten Propheten“, die in diesen ihren ihrem „Selbst“-Ansprüchen genausowenig zu bezweifeln seien.

Solche Ansprüche können niemals Grundlage für einen echten Dialog sein, weil es reine Glaubensbehauptungen ohne Grundlage in der erfahrbaren Natur der konkreten geistigen und körperlichen Phänomene sind. So haben sie nichts mit „Wahrheit“ zu tun. Sie können nur Ausgangspunkt für gewaltsame Missionierungen sein – dazu siehe die Geschichte!

Die buddhistischen Alleingeltungansprüche dagegen haben die bereits beschriebene Natur. Denn Einsicht lässt sich naturgemäß nicht aufzwingen, sondern immer bloß durch Überzeugungskraft herbeiführen. Damit bleiben jene Lehren ein Angebot (wie auch Lambert Schmithausen betont hat) – und keineswegs drohende „Übernahmevorschriften“, wie sie die Monotheismen aus ihren Hauptquellen kategorisch vorgeben.

Rational und empirisch überprüfbare Lehren (zumindest in ihrer großen Mehrheit sowie ihren Kernbeständen nach, insbesondere im frühen Buddhismus) haben darüber hinaus solche drohenden „Übernahmevorschriften“ auch gar nicht nötig.

Wie es der Nobelpreisträger Bertrand Russell einmal sehr treffend im Hinblick auf Jesus Christus auf den Punkt gebracht hat:

„Ich kann nicht finden, dass Jesus Christus etwa den antiken oder späteren Philosophen überlegen gewesen wäre. Denn letztere haben es aufgrund ihrer inhaltlich überzeugenden Lehren nicht nötig gehabt, mit ewigen Strafen zu drohen, wenn andere ihre Lehren nicht annehmen wollten!“

Inhärent in jener Struktur der  Lehre des Buddhas ist das Pläydoyer für eine inhaltliche Debatte bzw. für das Prinzip, dass sich eine gute Lehre in der lebendigen Auseinandersetzung bewähren können muss.

Diese Debattentradition spielt seit der Urgemeinde um den Buddhas eine ungleich größere Rolle als in den anderen Weltreligionen. Aber im westlichen Kontext spielt sie bisher wegen jenes dominanten apologetischen und synkretistischen Grundansatzes der Mehrheit der „Buddhisten“ und auch Buddhismusforscher eine untergeordnete Rolle.

Es ist heute vor allem der von der Vipassana-Praxis vorgeprägte Sam Harris, der sie im modernen abendländischen Kontext fortsetzt.

Er ist ein „wahrer Schüler“ des Buddhas!

* Aus den oben genannten mehreren Gründen gibt es jenen gewaltigen Unterschied, was die Dimension von Gewalt in der jeweiligen Religions- und Ausbreitungsgeschichte angeht (siehe etwa auch resümiert von mir hier).

Und dies gilt in jeder Hinsicht –

Wie die Ausbreitung einer Lehre zur Weltreligion stattgefunden hat; das Maß und die Dimension von internen „Religionskriegen“ (wenn man die Konflikte zwischen mittelalterlichen tibetisch-buddhistischen oder japanischen Gruppen im Vergleich zum „Dreißigjährigen Krieg“, den Kreuzzügen oder den Hugenottenkriegen so nennen will), das Maß der Heranziehung von Quellenausssagen zur Begründung anders als primär religiös gearteter Konflikte, oder das Auftreten der bekannten Religionsvertreter, usw.

* Nächstes apologetisches Grundargument gemäß der – und Deiner – „Hollandstrategie“:

„Jede Religion besitzt Schriften, in denen zur Gewalt aufgerufen wird. In jeder dieser Religionen gibt es einige wenige, die dies wörtlich nehmen, und viele andere, die das hermeneutisch nehmen.“

Nenne mir bitte die genauen Stellen in den besonders autoritativen Redensammlungen des Buddhas im Palikanon, mit denen zu Gewalt aufgerufen wird!

Es gibt sie jedoch – unbestreitbar –  zigfach in der Bibel und dem Koran“

Zahlreiche Aufforderungen zu Gewalt gegen „Ungläubige“, inklusive deren Enthauptung, zum Nehmen von Sexsklavinnen, zur Todesstrafe bei Abkommen vom Glauben im Koran und den Hadithen (gehe etwa die oben verlinkten Videos auf YouTube mit den genauen Stellen durch – ich habe keine Lust, die ganze mittelalterliche Gewalt-Sauce hier zu zitieren).

* Unter diesem Link erscheint der Experte Hamed Abdel-Samad (sein Buch: „Der islamische Faschismus: Eine Analyse“) im Gespräch mit dem Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchid (sein Buch: „Islam ist Barmherzigkeit“).

Abdel-Samad bezeichnet in diesem Gespräch die heutigen Untaten der Isis (dazu aktuell unter anderem hier)  bloß als eine genaue Umsetzung des Vorbilds Mohammeds und der Vorgaben aus den islamischen Hauptquellen:

Laut Mohammeds Biografie habe er alle „Ungläubigen“ von der arabischen Halbinsel vertrieben. An einem Tag habe er 600 wehrlose Juden enthauptet und ihre Frauen und Kinder versklavt. Im Koran gibt „Allah“ 25 direkte Tötungsbefehle der „Ungläubigen“ an seine „Gläubigen“, im Tenor: „Tötet sie, enthauptet sie, verstümmelt sie“. Im Koran stehen 206 Passagen über Gewalt, Krieg und Töten. Allah habe sich dort als Krieger bezeichnet, der auf Seiten der Muslime kämpfe; und Mohammed gesagt, dass er die Ungläubigen durch Mohammeds Hand getötet habe. Mohammed müsse den Islam durchsetzen, um über alle anderen Religionen zu siegen.cIn den letzten 8 Jahren seines Lebens habe Mohammed 80-90 Kriege geführt. Das Gebot der Barmherzigkeit gelte bloß für die Muslime untereinander.

Angesichts all dessen wollen Du und viele andere Apologeten die Unterschiede zur Lehre des Buddhas verwischen?

Macht Euch doch nicht lächerlich!

* Und rund 1000 Stellen eines rachsüchtigen und strafenden Gottes im Alten Testament!

Auch viele Drohungen im Neuen Testament mit dem gemeinsamen Nenner, dass allleine über den Glauben an einen angeblichen „Vater im Himmel“ und dessen „eingeborenen Sohn“ das „ewige Leben“ möglich sei. Im anderen Falle drohe die „Verdammnis“; sowie die kardinale Drohung von „Apokalypse“ und „Jüngstem Gericht“, die im Abendland eine stark prägende Wirkung gehabt hat – wie etwa diverse Gemälde von mittelalterlichen Malern oder heute zahllose Filme mit irgendwelchen Endkämpfen zwischen „Gut und Böse“ zeigen.

Und denke erst gar nicht an den Endkampf laut dem Shambhala-Mythos in einem von vielen spätbuddhistischen tantrisch-buddhistischen Texten, der bloß im tibetischen Buddhismus eine begrenzte Rolle spielt, nie kulturell ähnlich prägend wie jene Kernstellen im Neuen Testament geworden ist, und für den Buddhismus insgesamt in keiner Weise die Bedeutung hat wie die Bibel für das gesamte Christentum; und der vor allem aus Sicht des frühen, autoritativsten Buddhismus nichts mit den Lehren des historischen Buddhas zu tun hat.

Dass „friedliche Muslime“ sich auch auf andere Stellen im Koran beziehen können, ist hinlänglich behandelt worden. Dies liegt in der Natur jener Sammelsurien Koran und Bibel, deren eigentliche Funktion ja gerade jene psychologische Rückversicherung des „Ich und mein“- Bewusstseins ist – ob diesen positiv oder negativ motiviert ist. Aber diese ganze Ego-Rückversicherungsfunktion hat nichts mit reifer Spiritualität zu tun!

In Wahrheit wird unter den Apologeten bloß wegen jener Ego-Rückversicherungsfunktion jener Sammelsurien breit darüber fabuliert, warum und wieso jene gewaltträchtigen Stellen immer „kontextualisiert“ werden müssten. Denn sie „hängen“ innerlich auch selbst an diesen Glaubenswelten, weshalb sie sich innerlich gedrängt fühlen, diese zu verteidigen. Warum hängen sie an ihnen? Eben wegen jener Rückversicherungsfunktion.

Leider ist der damalige Kontext von Krieg, gewaltsamer Ausbreitung und Wahrnehmung „Ungläubige“ aus Sicht Mohammeds mit den heutigen Kontexten von Krieg, gewaltsamer Ausbreitung und Wahrnehmung „Ungläubige“ aus Sicht der Islamisten identisch.!

Es gibt tragfähige Alternativen, die für die moderne, wissenschaftlich geprägte Welt wirklich passen, wie ich es bereits im Eingangsbeitrag auf den Punkt gebracht habe.

Zu Deinem Punkt 14:

Der Dimensionsunterschied in der jeweiligen Gewalt ist – gewaltig!

Du willst doch nicht ernsthaft die flächendeckend zerstörerischen und jahrzehntelangen Religionskriege zwischen der Katholiken gegen Protestanten oder Hugenotten im christlichen Abendland mit den Kleinkriegen der jeweiligen tibetischen oder japanischen Sekten gegeneinander vergleichen!

Diverse langwierige und höchst brutale Kreuzzüge unter großer Beteiligung gegen „Ungläubige“ (Muslime) im fernen Jerusalem – auf dem Weg wurden nebenbei noch diverse Judenprogrome veranstaltet –, die Vernichtung abweichlerischer christlicher Sekten oder der immense kirchliche Antisemitismus über Jahrhunderte hinweg (siehe Professor R. S. Wistrich: „The Longest Hatred“) gegen die vermeintlichen jüdischen „Gottesmörder“ (ohne den der spätere Vernichtungsantisemitismus der Nazis nicht möglich gewesen wäre, vgl. Professor John Weiß: „The Ideology of Death: Why the Holocaust happened in Germany“) sindalles religiös motivierte Kriege (trotz bestimmter auch vorhandener „Zusatzbedingungen“) – und die ohne jede Parallele im Buddhismus sind!

Zu Deinem Einwand 15:

Sorry, aber der Strick, den Du mir hier geflissentlich drehen willst, reißt sofort ab:

Ich verwerfe nicht „im Bausch und Bogen die ganze Wissenschaft“!

Ich kritisiere – ähnlich wie Sam Harris – lediglich die apologetische religionsvergleichende Wissenschaft, wie mehrfach angesprochen, und aus den mehrfach genannten Gründen. Eben diese (!) Wissenschaftler wollen „für Außenstehende einen bestimmten Eindruck entstehen lassen“. Es gibt selbstverständlich auch andere Wissenschaftler.

Dann reflektiere ich den Hintergrund für jene Apologetik, nämlich:

Anpassung an staatlich-kirchliche Erwartungen etwa an Universitäten. In Europa gibt es historisch bedingt eine relativ enge Verbindung der Staaten mit den christlichen Kirchen (mit Ausnahmen wie Frankreich), und eine besonders enge in Deutschland.

Seit dem Ende des „Heiligen Römischen reiches Deutscher Nation“ mit Napoleon Anfang des 19 Jahrhunderts erhalten die Kirchen von allen (!) deutschen Regierungen immense Zahlungen aus dem allgemeinen Steueraufkommen (neben der Kirchensteuer sowie neben den großen Zahlungen an Caritas und Diakonie) – heute jährlich rund 19 Milliarden (laut dem führenden Experten auf diesem Gebiet – Dr. Carsten Frerk: Violettbuch Kirchenfinanzen.

Damit werden unter anderem die Theologiefachbereiche an den vielen staatlichen Universitäten finanziert, die konfessionsgebunden sind und den Kirchen etwa ihren geistlichen Nachwuchs liefern. In den USA dagegen gibt es sie bloß an den kircheneigenen Hochschulen. Die Ausbildung von anderem kirchlichen Personal. Der Religionsunterricht an staatlichen Schulen. Die Kindergärten und Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft. Die Bischofsgehälter. Diverse Vergünstigungen. Die steuerliche Absetzbarkeit der Kirchensteuer, die der Staat zudem unentgeltlich für die Kirchen einzieht; usw.

Diese ganze enge Verbindung von Staat und Kirche bedeutet einen Anpassungsdruck an die vom Staat bezahlten Wissenschaftler, die Institution Kirche, die immer schon eine wichtige machtpolitische Rolle für die europäischen Staaten gespielt hat, zu legitimieren; sowie andere „Konkurrenzangebote“ zu integrieren, indem systematisch vermeintliche Gleichheiten oder Nichtunterschiede postuliert werden. Das Hauptmittel dazu lautet – Apologetik.

Hinzu kommt häufig noch die persönliche christliche Gesinnung oder zumindest entsprechende Prägung vieler religionsvergleichender Wissenschaftler.

Um die grundsätzliche Anpassungsbereitschaft der Wissenschaft an die jeweiligen staatlichen Erwartungen durch ein drastisches Beispiel zu veranschaulichen, kam mein Verweis auf die Nazizeit. Denn es ist eine unbestreitbare Tatsache, das Wissenschaftler in der überwiegenden Mehrzahl den Nazis zugearbeitet haben. Im groß angelegten SS-Ahnenerbe, um einen Fall zu nehmen, haben sie etwa daran gearbeitet, die esoterische Nazi-Theorien zu bestätigen.

Im Grunde geht alle Apologetik vom theosophischen Grundprinzip aus, dass „im Kern alle Religionen gleich“ seien: ein Grundprinzip, welches – auch wenn es nicht explizit als theosophisch verwurzelt transparent gemacht wird oder überhaupt persönlich als dieses bewusst ist – von der Mehrzahl von Wissenschaftlern, Medienvertreten und „Buddhisten“ sowie „Christen“ vertreten wird. Aber die christlich verankerte, hochsystematisch synkretistische und spekulative Theosophie (wörtlich „Weisheit Gottes“) hat mit Wissenschaft nichts zu tun. Dabei handelt es sich vielmehr um Esoterik! Genau deshalb springen Du und viele ja so stark auf jemanden wie Sam Harris oder mich an. Denn er oder ich haben mit einem solchen Grundprinzip nichts am Hut! Wir schauen uns bloß „undirigiert“ die objektiven Fakten an – ohne Anpassung an Erwartungen oder auch Theosophie!

Hier am Beginn jenes Ergänzungsbeitrags zu Sam Harris (siehe Fußnote) steht eine nähere Reflexion von mir über dieses Grundprinzip.

Zu Deinem Einwand 16:

Er ist überwiegend schon oben behandelt worden. Eine Wiederholung ist hier daher nicht nötig. Auch dies ist vollkommen unbestreitbar: „Im ,Namen Gottes´ oder ,Allahs´ ist geschichtlich mehr Gewalt verübt worden, als in irgendeinem anderen Namen.”

Es ist so offensichtlich, wie es bloß offensichtlich sein kann!

„Gott will es!“ oder „Allah will es!“ heißt es überall in der Geschichte und heute aus dem Munde der unzähligen Gotteskrieger, Kreuzzügler, Islamisten usw.

Freilich will es natürlich bloß das jeweilige Ego – aber der Glaube an „Gott“ und der Verweis auf „seine“ gewaltbegründenden Aussagen in den „von ihm geoffenbarten“ Büchern Bibel und Koran dient dem Ego gleichsam als transzendente, metapyhische oder „höchste“ Rückversicherung eines verblendeten Willens; und hebt damit alle Schranken auf!

Wann wird dieser einfache Trick 17-Mechanismus durchschaut? Die Verfasser der Bibel und des Korans waren die geschicktesten Tiefenpsychologen der Weltgeschichte; mit einem genauen Wissen, wie Macht über das Unbewusste erlangt werden kann!

Der Gott- und Seelen-Glaube ist lediglich der menschliche „Ich und mein“-Glaube in seiner metaphysisch überhöhten Form – das unbewusst machtvollste Rückversicherungsprojekt des „Selbst“ in der Geschichte der Menschheit!

Es gibt keinen mir bekannten Fall, wo explizit „im Namen Buddhas“ getötet, zwangsmissioniert, versklavt oder Ähnliches gemacht worden ist. Aber es gibt unzählige solche Fälle in der monotheistischen Geschichte bis heute.

Jeden Tag sprengt sich heute irgendwo einer stolz im Namen Allahs mordend in die Luft oder löscht Städte wie jüngst Boko Haram aus. Und dann gibt es die zweckgerichteten Wissenschaftler wie Dich, die jenen apologetischen. nivellierenden Unsinn verzapfen!

Zu Deinem Punkt 17:

Nein, dazu braucht es wahrlich keine totalitären Staaten!

Für jene „Holland“-Betonung reicht nämlich bereits jener oben beschriebene Anpassungsdruck des Arbeitgebers „Staat“ in unseren Staaten aus …!

Um wie viel mehr wirkt dann jener Anpassungsdruck in totalitären Saaten? Siehe eben das Beispiel des Verhaltens der überwiegenden Zahl der Wissenschaftler in der Nazizeit!

Die objektiv viel interessantere Frage ist wie gesagt jener Dimensionsunterschied in der Gewalt der jeweiligen Religionsgeschichte, aus den wiederholt genannten Gründen.

Im Rahmen eines Gewaltvergleichs muss sich ein religionsvergleichende Wissenschaftler, sofern er einem Höchstmaß an Objektivität folgt, primär dieser Frage widmen!

Zu Deinem Punkt 18:

Was Harris unter Säkularisierung versteht, habe ich oben gezeigt.

Nicht „Atheismus“ im Sinne einer Abwendung von allen Formen von Religion oder Spiritualität, sondern vielmehr im Sinne einer Hinwendung zu einer für heute tragfähigen Spiritualität „ohne Glaube“ bzw. „Religion“, wie sie paragdigmatisch in der Vipassana-Bewegung verkörpert ist..

So sehe auch ich es.

Die „Konfessionsfreien“ (der bessere Begriff, weil „Konfessionslose“ einen Mangel suggeriert) sind genauso Sinnsucher, wie jeder Mensch es seiner Natur nach ist. Aber unter ihnen findet sich viel eher die Bereitschaft zur Annahme jener für heute tragfähigen Spiritualität ohne Theismus, Religion und auch „Buddhismus“.

Es geht nämlich um „Befreiungspragmatismus“! Mit den Worten des Buddhas: „Nur Eines lehre ich, jetzt wie früher – das Leiden und dessen Ende!“

Zu Deinem Punkt 19:

Welche grotesken Kapriolen Apologetik doch so schlagen kann …!

* Jetzt werden Massenmörder zu verzweifelten Selbstmördern, die zufällig noch andere mittöten. Die haben sich nämlich bloß vom Bahngleis, wo sie sich eigentlich friedlich selbst umbringen wollten, mit einem Sprengstoffgürtel in die Menschenmenge verirrt!

Und schon einmal gehört, dass überproportional viele der Selbstmordattentäter aus dem Westen herangepilgerte Muslime sind?

Die mögen hier zum Teil aus unguten, benachteiligten Milieus gekommen sein. Aber dies gilt auch für viele andere, die sich jedoch, oh Wunder, ganz anders entwickeln.

Denn das „Unkraut“ Gewaltanwendung braucht immer einen „Samen“, um manifest zu werden. Dazu genügen die Zusatzbedingungen Erde, Wasser und Sonne nicht. Der Same heißt Islam(ismus) mit seinen maßgeblichen Quellen und deren zigfachen Gewaltbegründungen.

Und die gut etablierten westlichen islamischen Akademiker, die akribisch vorgeplant in das „World Trade Center“ geflogen sind, waren natürlich ebenfalls alle verarmte, benachteiligte und ungerecht behandelte Selbstmörder! Die haben sich dann vom Bahngleis ins Flugzeug verirrt; und dann sogar noch nach New York, die Armen!

Das lehrt uns nämlich die „Suizidforschung“ … schon klar!

Jawohl, noch einmal diese entscheidende Kernwahrheit hier betont:

Niemand (!!!) sprengt sich mordend in die Luft, wenn es nicht von einer transzendenten Belohnung dafür ausgehen würde.ER GLAUBT DIESE BELOHNUNG WIRKLICH!!! SONST KANN ER SICH UNMÖGLICH IN DIE LUFT SPRENGEN!”

Und haargenau deshalb sprengen sich Tibeter unter den für sie „ungünstigen“ Bedingungen seit über 50 Jahren von hunderttausendfachen Mord an ihrem Volk, Zerstörung ihrer Kultur, Überfremdung, verbor der freien Religionsausübung und vielfach geübter weiterer Ungerechtigkeit gegen sie NICHT mordend in die Luft.

Denn hier lautet der Same – buddhistische Lehre!

Zu Deinem Punkt 20:

Beides hat rein gar nichts miteinander zu tun:

1) Selbstmordattentate inmitten von Zivilisten.

2) Eine Guerilla-Verteidigung von Tibetern für ihre eigene Kultur und Religion gegen chinesische Soldaten – nach einem chinesischen Blitzkrieg gegen Tibet (und deren Vorderlader-Mini-Armee), der erzwungenen Flucht von Hunderttausenden sowie einer großflächigen Zerstörung der tibetischen Kultur.

Und wenn sie „für Buddha, Dharma und Sangha“ gekämpft haben – als Kürzel für ihre Kultur und Religion, die massiv angegriffen worden ist –, dann haben sie deshalb noch lange nicht „im Namen des Buddhas“ sozusagen „beauftragt“ von ihm getötet.

Aus Deiner apologetischen Weltsicht heißt jene Verteidigung dann „nationalistische Motive“. Schon klar, die wollten bloß naziähnlich den Chinesen ihre Kultur aufstülpen!

Zu Deinem Punkt 21:

* In den Redensammlungen des Buddhas im Palikanon gibt es noch deutlich weiter gehende begründete Verneinungen von „Gott“ – eben genau wegen jener Rückversicherungsfunktion des „Gott“-Konzeptes für das Bewusstsein von „Ich und mein“ bzw. Ego.

Eine solche inhaltlich genau begründete Zurückweisung bestimmter Konzepte erscheinen massenhaft in den Redensammlungen des Buddhas (dazu genauer in jenem Ergänzungsbeitrag von mir zu Sam Harris´Den Buddha Töten).

Deshalb plädiere ich oder ein Sam Harris oder der Buddha mitnichten für Gewalt!

Das Thema hatten wir oben schon im Einzelnen:

Eine inhaltliche Debatte über unterschiedliche Lehren, wie sie typisch für die Urgemeinde um den Buddha und das alte Indien gewesen ist, hat nichts mit jenen gewaltvollen Dominierungsbestrebungen aus unverifizierbaren Alleingeltungsansprüchen heraus gemein, wie sie typisch für die Monotheismen sind. Mit solchen Alleingeltungsansprüchen ist ein echter Dialog oder eine Debatte unmöglich!

Alleine schon das berühmte „Kalama-Sutta“ des Buddhas, eines von vielen frühbuddhistischen Inbegriffen klarem Verstands und zielführender spiritueller Praxis, lässt jene theistischen Alleingeltungsansprüche als lächerliche Kartenhäuser erscheinen:

„Geht nicht nach (vermeintlich geoffenbarten oder heiligen und sonstigen) Schriften, nach Überlieferung bzw. Tradition, nach Hörensagen, nach dem Eindruck eines Meister …, sondern alleine nach dem, was Ihr für Euch selbst als dasjenige erkennt, was, wenn es ausgeführt wird, zum Wohl und Glück führt!“

* Zu Deinem Abschlusswort:

Mache Dir man bloß keine Sorgen über mein Erwachen – zumindest nicht über meines.

Ich nehme diesen Weg wirklich ernst, im Unterschied zu so manchen.

Ohne wahre Ethik, das heißt ohne integere Motivation – Apologetik gehört definitiv nicht dazu – und mitfühlendes Engagement, ohne Einsichten außerhalb der von den Traditionen vorgegebenen Rahmen (im Sinne etwa der „Hingabe an den Guru“), und ohne die Grundlage von innerer Ruhe, die durch „Selbstdenken“ und „sehende Achtsamkeit“ der tatsächlichen, natürlichen Körper-Geist-Phänomene entwickelt wird – ob in der Meditation oder außerhalb -, ist auf dem Wege des Dharmas des historischen Buddhas nichts von Bedeutung zu gewinnen!

Wie ein philosophischer enger Freund so schön zu sagen pflegt: „Es gibt viele Wege, die Zeit bis zum Tode zu überbrücken!“  Apologetik ist einer!

Nachwort:

In Grosny in Tschetschenien haben jüngst 800 000 Menschen gegen die Karikaturen in „Charlie Hebdo“ protestiert; mit Sprüchen wie „Hände weg von unserem geliebten Propheten!“ Regionalchef Ramsan Kadyrow meinte, er Charlie Hebdo verteidige, gehöre zu seinen persönlichen Feinden!“ Vor jener Menge hatte er ein T-Shirt an, mit der Aufschrift: „Wir lieben den Propheten!“

Die Protestierenden in Tschetschenien haben aus Deiner Sicht wohl alle Schlimmes durch westliche Kolonialisten und Imperialisten erlebt. Deshalb ist jener Zorn bloß ein Ventil. Das Problem liegt in Wahrheit in jener dort bekundeten „Liebe zum Propheten“, einem gewalttätigen Mega-Macho und -Egomanen. Deshalb ticken sie, wie sie ticken – dort und in anderen Ländern, wo sie nach dem Mord an 12 Journalisten wegen einer zum Nachdenken auffordernden Karikatur auf  dem Titelblatt von „Charlie Hebdo“ demonstrieren!

„Ich bin Charlie““ steht dort neben einem weinenden Propheten; und darüber: „Alles ist vergeben!“ Hier wird also ihrem Propheten einmal echtes Mitgefühl zugedacht – das Kennzeichen jeder echten Spiritualität, die wohl auch einem Religionsbegründer gut zu Gesicht stünde (auch wenn es keinesfalls der mit den Hauptquellen überlieferten historischen Realität von Mohammed entspricht) –, und ihm damit ein „Vergeben“ gegenüber den Attentätern zugedacht, dann wird es auch noch weltweit als großer Affront verstanden!

Wie weit weg kann man denn von einer echten Spiritualität noch sein?

Der ermordete Chefredakteur von Charlie Hebdo sagte einmal, dass die Karikaturen des Magazins die Weisheit des Kindes zum Ausdruck bringen sollen, dass die Dinge unverprägt so sieht, wie sie in Wahrheit sind – entgegen dem Anschein, der erweckt wird.

Denn das Kind „glaubt“ nicht an die angeblich „schönen Gewänder“ des Kaisers, die überall vorgegeben werden! Sie sieht den Kaiser schlichtweg so, wie er ist – nackt!

Allah oder Mohammed scheinen ein massives Egoproblem zu haben, wenn sie wegen ein paar Karikaturen von ihren Kriegern mit Selbstmordattentaten oder Anschlägen „gerächt“ oder von ihren Gläubigen  mit Massenprotesten „verteidigt“ werden will.

Aber vielleicht ist Allah ja doch nicht so allmächtig, wenn er zum Beispiel nicht einmal ein paar Satiriker unter Kontrolle hat! Oder – haben am Ende etwa lediglich „seine“ Krieger und Gläubigen jenes massive Egoproblem?

Und hier sind wir wieder beim eigentlichen Kernpunkt des Ganzen:

Die oben dargelegte tiefenpsychologische Rückversicherungsfunktion des „Gott“-Glaubens für das unbewusst ergreifende, sich identifizierende „Ich und mein“-Bewusstsein bzw. das Ego – die Ursache jene heute zunehmend die Welt bedrohenden Probleme!

Hier liegt der Hauptgrund für den Kern der Praxislehre des historischen Buddha, der das „Nichtselbst“ (anatta) bzw. die universelle „Leerheit“ ist – aus dem Erkennen des Bedingten Entstehens, der momentbezogenen Vergänglichkeit und des Nichthinreichens (Drei Daseinsmerkmale) mittels „Selbstdenken und sehender Achtsamkeit“. Und hier liegt ebenfalls der Hauptgrund für die Zurückweisung aller religiöser Lehren von einem wahren, höchsten oder auch persönlichen oder unpersönlichen Gott-„Selbst“ als einer Repräsentation der höchsten Realität durch den historischen Buddha.

Von einer essenziellen Gleichheit der Religionen kann hier also keine Rede sein!

Noch ein abschießender Hinweis bzw. eine Bitte, an Dich und alle anderen, die sich bei diesem wichtigen aktuellen Thema einbringen wollen (dazu „welcome!“):

Ich habe Dir hier besonders eingehend geantwortet, weil einige Deiner Argumente ganz charakteristisch für einen bestimmten apologetischen Wissenschafts- und auch Medienbetrieb sind; und es eine gute Gelegenheit gewesen ist, diese Argumente aufzudecken.

Aber ich bin nicht bereit, es im gleichen Stil fortzuführen! Denn es kostet mir zu viel Zeit. Und ich sitze nicht irgendwo gut bezahlt in einer Office mit viel Freiraum, wie Du ihn offenbar hast.

Aber ich bin einer der leider sehr wenigen, der den notwendigen Einblick hat, um den Buddhismus im Westen und Deutschland frei zu betrachten, und damit anderen eine wichtige Orientierung bieten kann. Da bin ich nun einmal Idealist!

Ich muss also einen Mittelweg gehen – Äußerung, wenn nötig und wirklich nützlich, und Abstehen davon, wenn dies nicht der Fall ist.

Außerdem entfaltet sich meine meditative Praxis glänzend, der ich deshalb noch mehr meiner freien Zeit widmen möchte.

* Kurz gesagt:

Ich werde bei Dir oder anderen nicht zum x-ten Male zum Beispiel jene ganze „Holland“-Strategie aufdecken, oder irgendwelche „Stricke“ durchschneiden, die mir kunstvoll gedreht werden wollen, oder den ursprünglichen Kontext erklären, aus dem Du oder andere gezielt eine bestimmte Aussage herausreißen. Denn diese Vorgehensweisen sind bei Dir bereits aufgezeigt und widerlegt worden!

* So wie ich Dich einschätze, möchtest Du hier das „letzte Wort“ haben. Aber es kann Dir passieren, dass Du auf meinem Blog nicht das letzte Wort hast. Ich behalte mir vor, wenn die eben genannten Bedingungen nicht erfüllt werden, Texte hier nicht zu publizieren. Ich mache mir dann auch nicht die Arbeit, es Dir lang und breit persönlich zu erklären. Denn ich erkläre jetzt hier, was die Bedingungen für eine Publikation sind. Bei Erfüllung, kein Einwand.

Dabei ist eine gut begründete Kritik an meinen Positionen niemals das Problem!

Denn ich übe selbst scharfe, aber inhaltlich begründete Kritik. Sie kann deshalb genauso mir gegenüber geübt werden. Auch kleine rhetorische „Stiche“ in Form vorher begründeter Schlüsse sind normal und beleben die Debatte. Hier bin ich ja selbst wirklich auch kein Knabenkind!

Aber nicht jene taktischen Vorgehensweisen, immer gleichen Argumente in variierendem Gewande („Holland“-Strategie) oder fiesen Stricke!

Auch markige Sätze wie Deine zu Sam Harris („Seine Äußerungen zu Religion(en) selbst sind dabei vorwiegend uninformiert, undifferenziert und anspruchslos, weil er mit sehr groben Schablonen vorgeht, die keine Differenzierungen zulassen …“ usw.), zu denen vor oder nach dieser Aussage keine Begründung kommt, sind emotionale Behauptungen ohne inhaltliche Substanz oder widerlegende Bezugnahme. Sie sind eventuell auch der Versuch, über Emotionen spontane Parteinahme im Leser zu bewirken.

Denn Du vertrittst hier eine Mehrheitsmeinung, was Du weißt.

Hinweise auf das eigene Tätigkeitsfeld sind sinnvoll. Aber Vergleiche mit gleichgesinnten Kollegen wie der folgende vermitteln nichts – außer Deine Identifikationen:

„Was ich von den Kollegen höre, ist allemal viel differenzierter und interessanter als das, was der Harris so von sich gibt. Der ist für mich überhaupt keine Autorität, er ist ein bigotter Dämagoge, der mir vorwiegend egal, aber auch ein bisschen unangenehm ist.“

Wahrscheinlich ist er Dir auch deutlich mehr als bloß „ein bißchen unangenehm“!

So ist es psychologisch nun einmal mit Leuten, die einem einen unbewussten Spiegel vorhalten!

Generell möchte ich noch sagen:

Wenn neue wichtige sachliche Argumente oder neue wichtige Themen kommen, würde ich wieder antworte. Ansonsten lasse ich es laufen. Und sofern sich hier andere mit guten Argumenten einbringen wollen – You are welcome! Der Blog ist gut besucht.

Zuletzt noch einmal die Bitte, bei Gegenargumenten möglichst genau auf meine Aussagen Bezug zu nehmen, ohne Verkürzungen oder Resümees, das heißt am besten mit wörtlichen Zitaten und unter Berücksichtigung des ganzen Kontextes.

Bitte möglichst auch keine alten Themen anführen, die bereits zur Genüge behandelt worden sind, um in einer möglichen Antwort mühsame und überflüssige Wiederholung oder Rückverweise unnötig zu machen.

Herzliche Grüße,

Hans

Zurück zur Übersicht!

 

 

3) Die näheren Antworten von Jan-Ulrich Sobisch

nämlich auf den Eingangsbeitrag ganz oben; sowie auf Kommentare von mir im Kommentarfeld unterhalb dieser drei Eingangsbeiträg.

Lieber Hans,

Ich möchte mich zunächst bei allen entschuldigen (in Abwandlung eines angeblichen Schiller-Zitats):

„Leider ist es sehr lang geworden, aber ich hatte keine Zeit mich kurz zu fassen.”

(Anm.des Admins: Folgende Numerierung von mir eingefügt, zur leichteren Bezugnahme in meiner Antwort oben.)

1) Als erstes etwas zu Sam Harris, dem du ja in sehr vielen Punkten zu folgen scheinst, zumindest empfiehlst du uns nachdrücklich, ihn zu studieren. Er ist ein typisches Produkt der US-amerikanischen akademischen Konkurrenz. Um dort heutzutage eine Stelle zu bekommen, oder überhaupt wahrgenommen zu werden, muss man, vor allem in solchen Fächern wie Philosophie, schon ein ziemliches Theater veranstalten. Darauf versteht er sich ziemlich gut, mit reichlich Entertainment-Faktor. Die Dummköpfe, die seine Gegner sind, werden von ihm “destroyed,” “demolished,” “brutalized.” Sind ja auch alles Fundamentalisten, voller Hass, intolerant und ignorant. Da darf man das dann.

Dabei sind seine Äußerungen zu Religion(en) in der Regel uninformiert, undifferenziert und anspruchslos. Nur die Verpackung scheint, oberflächlich betrachtet, wissenschaftlich und intellektuell zu sein. Darunter wird schnell seine Grundeinstellung sichtbar, dass alle Religionen Aberglaube und dumm sind. Das ist, nicht nur gesellschaftspolitisch betrachtet, unklug, denn wir sollten eine Diskussion mit und über Religion basieren lassen auf der Tatsache, dass Religion für viele Menschen eine große Rolle spielt. Mit diesen sollten wir uns auseinandersetzen wollen über die Rolle von Religion in der Gesellschaft, über Gewalt und Religion, und vielleicht auch darüber, wie man die religiösen Schriften (auch) lesen könnte. Wenn wir uns gar nicht mit den Menschen auseinandersetzen wollen, aber trotzdem über ihre Religion sagen, dass sie gefährlich und terroristisch sind, dann ist ja wohl der nächste Schritt, dass wir sie verbieten und verfolgen. Das wäre totalitär. Wenn wir uns aber doch mit den Menschen auseinandersetzen wollen, dann ist es sehr kontraproduktiv, wenn man seine Gegenüber unterschiedslos als Dummköpfe und hoffnungslos rückwärts gewandt abstempelt. Der Punkt ist also: Haris will offensichtlich gar nicht mit, sondern nur über Religion reden. Und da sind die Rollen schon festgelegt, und jeder, der das nicht genauso sieht wie er, ist eben auch so ein Blödmann.

Seine Äußerungen zu Religion(en) selbst sind dabei vorwiegend uninformiert, undifferenziert und anspruchslos, weil er mit sehr groben Schablonen vorgeht, die keine Differenzierungen zulassen, was die vielen verschiedenen Lehren und Praktiken von Religionen angeht. Andauernd spricht er von “dem Islam” und “der muslimischen Welt”. Das lernen meine Studenten im ersten Semester, dass es so etwas gar nicht gibt, weil es viel zu viele Unterschiede und Nuancen gibt.

Er unterscheidet nicht zwischen Muslimen als Menschen auf der einen, und totalitären Regimes wie der Saudi-Familie auf der anderen Seite. Die Saudi-Familie geht total repressiv gegen ihr Volk und ihre Gastarbeiter vor, ist aber ein dicker Verbündeter seines Landes, während viele Länder, in denen es eine muslimische Mehrheit gibt, mehr Frauen in der Regierung haben als dies in den USA der Fall ist. Leute, die davon Ahnung haben, weil sie in solchen Ländern forschen, sagen mir, dass selbst in solchen Ländern, wo es “islamistischen Terror” gibt, die meisten Menschen Muslime sind, die vor allem auf Frieden hoffen.

2) Gerade ihnen wird durch eine undifferenzierte Haltung Schaden zugefügt. Die Jugend wird ob der vielen Ungerechtigkeiten und der brutalen Kriege der USA den Extremisten in die Arme getrieben (obwohl ich nicht behaupten werde, dass dies der einzige Grund für Gewalt ist). Aber man muss schon einmal zur Kenntnis nehmen, dass die USA in den letzten Jahren Hunderttausende von Muslime in Kriegen getötet haben. Die überwiegende Mehrheit davon als “Kollateralschaden”. Unter den Getöteten, und auch insgesamt, sind militante Islamisten eine kleine Minderheit. Alle Muslime über einen Kamm zu scheren, ist eine schreiende, brutale Ungerechtigkeit. Wenn in diesen und um diese Länder herum Gewalt entsteht, dann ist (nach Harris) natürlich einzig der Islam schuld. Dass insbesondere die USA oftmals an dem Entstehen von Gewaltspiralen dort heftig beteiligt sind, dazu sagt er kein Wort. Dass es auch vielfältige andere Ursachen für Terrorismus und Gewalt gibt, lässt er unter den Tisch fallen — in muslimischen Ländern und unter Muslimen ist bei ihm automatisch der Islam schuld. Auch dazu geich mehr.

Auch sein Verständnis von Begriffen, die in den Sozial- und Politikwissenschaften Gang und Gebe sind und dort kontrovers diskutiert werden – und sich vielfach in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt haben – ist eher bescheiden. Zum Beispiel der Begriff “säkular”, den er ganz offensichtlich mit “atheistisch” gleichsetzt.

Das ist natürlich Unsinn, weil die meisten säkularen Staaten von Menschen geführt werden, die irgendeine Religion haben. Nur ist die Regierung eben nicht unter der Kontrolle einer Kirche oder Religion. Dänemark hat sogar eine Staatskirche, ist aber selbstverständlich ein säkularer Staat. Aber das sind natürlich alles Nuancen, die bei plakativen Thesen eher stören.

3) Harris’ politische Haltung ist oft ebenso undifferenziert. Typisch ist eine Äußerung von ihm, wonach die Empörung der Muslime hinsichtlich der Außenpolitik der USA und der Briten “in erster Linie ein Produkt theologischen Anliegen” ist. Also können theologische Anliegen keine vernünftigen Anliegen vorbringen, sie sind automatisch “rückwärts gewandt” und falsch. Nicht-theologische atheistische Anliegen dagegen sind die einzigen, die vernünftige Ideen hervorbringen können. … Wer so denkt, verschleiert die unglaublich vielen Nuancen religiösen Denkens und religiöser Kulturen.

Können Muslime denn nicht auch nicht-theologische (und absolut nachvollziehbare) Gründe haben, warum sie über die US- und britische Außenpolitik empört sind? Harris’ Denken in dieser Hinsicht ist kolonialistisch und schlimmstenfalls rassistisch. Die Lösung der Probleme der muslimischen Gesellschaften kann demnach nur aus der nicht-muslimischen Welt kommen. … Das ist das alte Mär der moralischen Überlegenheit des Westens.

4) Seine Gedanken zur Ethik und Moralphilosophie sind in meinen Augen nicht besonders interessant. Als eine Art Utilitarist geht er grundsätzlich davon aus, das “menschliche Werte”, “objektive Moralität”, “richtig und falsch” von der Wissenschaft aus der Natur hergeleitet werden können. Das halte ich für großen Unsinn! Nur weil es in der Natur Gewalt zwischen Tieren gibt, kann man daraus weder herleiten, dass dies moralisch richtig oder falsch ist. Die moralische Entscheidung ist keine wissenschaftliche, keine objektive, und schon gar keine “Wahrheit”. Als Utilitarist aber glaubt er, dass das Wohlergehen bewusster Wesen naturwissenschaftlich und messbar zugänglich gemacht werden kann. Aber was gut oder schlecht ist, richtig oder falsch, und was Wohlergehen ist, das ist letztendlich eine Entscheidung bewusster Wesen, auch wenn so eine Entscheidung noch so schwierig herbeizuführen ist.

Richtig, man kann tatsächlich bestimmte geistige Zustände mit bildgebenden Verfahren sichtbar machen. Aber die Interpretation dieser Daten und die Entscheidung für oder gegen irgendeine Schlussfolgerung und Praxis daraus (“was sollen wir tun?”) ist immer noch eine Angelegenheit bewussten Denkens und Fühlens. Wissenschaftliche Messungen können interessante und wichtige Informationen beitragen. Aber es ist der “common sense” und das philosophische Denken, das diese Informationen verarbeitet und zu Entscheidungen führt.

Es ist ein Grundsatz in der Wissenschaft, das Messinformationen niemals eine Beurteilung vorgeben – Beurteilung bleibt das Vorrecht bewusster Wesen. Zum Glück. Ich muss schon sagen, dass diese scientistische Form des Utilitarismus ziemlich langweilig und altbacken ist. Jeder mit ein bisschen common sense kann doch sofort erkennen, dass die Bewertung, dass der Burka-Zwang ein Unglück für Frauen ist, keiner Messergebnisse bedarf. Natürlich können solche Messergebnisse, wenn es sie gibt, etwas beitragen, aber sie bringen weder zwingend eine Entscheidung über gut und böse mit sich, noch sind sie zur Entscheidungsfindung zwingend notwendig.

5) Dieses sind die Dinge, die ich aufgrund meiner eigenen Arbeiten und Erfahrungen beurteilen kann. Deshalb führe ich sie hier an. Auf der Basis dieser eigenen Beurteilung kann ich nur sagen, dass ich Harris sowohl aus religionswissenschaftlicher als auch aus politischer und moralphilosophischer Perspektive heraus betrachtet bestenfalls total uninteressant finde. Da kann er noch so viel Kaspertheater aufführen. Du weißt vielleicht, dass ich in Kopenhagen am Institute for Cross-Cultural and Regional Studies arbeite. Wir haben unter einem Dach viele Kollegen in Fächern wie Migrationsforschung, kulturvergleichende Studien, Religionssoziologie und Geschichte, und natürlich auch die einzelnen Regionen und Religionen. Wir haben sehr viel Austausch miteinander – das ist das Konzept dieses Instituts. Und was ich von den Kollegen höre, ist allemal viel differenzierter und interessanter als das, was der Harris so von sich gibt. Der ist für mich überhaupt keine Autorität, er ist ein bigotter Dämagoge, der mir vorwiegend egal, aber auch ein bisschen unangenehm ist.

In diesem Sinne ist es der erste entscheidende Fehler, Islam und Gewalt, Muslim und Fundamentalist gleichzusetzen. Das ist nicht nur eine Missachtung der überwiegenden Mehrheit der Muslime, die keine Fundamentalisten sind, denn sie sind es, die unter den Fundamentalisten mehr leiden als Nicht-Muslime, sondern es ist auch ein ziemlich grober methodischer Fehler. Der zweite entscheidende Fehler ist es, den Islam grundsätzlich als eine gewalttätige Religion darzustellen. Dazu unten mehr.

6) Der dritte schwerwiegende Fehler ist es, die Gründe für das Anwachsen des islamistischen Fundamentalismus nicht zu verstehen. Mit etwas Geschichtskenntnis sollte es klar sei, dass der islamistische Fundamentalismus seine Wurzeln in der komplexen kolonialen und post-kolonialen Geschichte sowie im Israel-Palästina Konflikt hat.

Es ist irreführend, die Geschichte der gewalttätigen Konflikte, in die muslimische Kulturen verwickelt waren, mit Fundamentalismus heutiger Zeit gleichzusetzen. Das wäre so, als ob man die Geschichte der Deutschen mit der Nazidiktatur gleichsetzen würde. (Das ist nicht nur ein methodischer Ebenen-Fehler, dass zeugt auch von einer Unkenntnis der grundlegenden Werkzeuge des Historikers.)

Alle Religionen dieser Welt, auch der Buddhismus, sind in solche Konflikte verwickelt gewesen. Und wenn man die Ursachen dieser frühren Konflikte AUCH in der Religion suchen will, dann gilt dies bitte schön auch für alle Religionen. Es ist lächerlich, wenn man Konflikte, in die der Islam verwickelt war, der Lehre des Islam zuschreibt, dies aber beim Buddhismus a priori ausschließt. Im Namen beider Religionen wurde Gewalt ausgeübt. Aber das nur nebenbei, denn diese früheren Konflikte haben ja nichts mit Fundamentalismus zu tun.

7) Viel wichtiger ist es, sich die Geschichte der letzen 200 Jahre anzuschauen. In diesen beiden Jahrhunderten wurden Stück für Stück die individuellen Freiheitsrechte der Menschen auch den Kirchen und Religionen abgerungen (und das ist z.B. auch in Tibet so, selbst wenn die Umstände hier äußerst tragisch waren und am Ende gar keine Freiheitsrechte herauskamen, aber die Klöster waren ihre Eigentumsrechte an den Menschen los).

Dieses Ringen hat auch in der muslimischen Welt stattgefunden, auch wenn dies bei vielen bereits in Vergessenheit geraten ist. Es gab einen fundamentalen Sekularisationsprozess in zahlreichen muslimischen Ländern wie Marokko, Ägypten, Tunesien, Türkei usw. Es gab sogar richtige Blütezeiten, in denen in einigen muslimischen Ländern die Menschen zwar immer noch religiöse Muslime waren, aber zum Beispiel die Frauen größtenteils unverschleiert blieben. Dieses Aufblühen war mitnichten eine “Verwestlichung”. Im Gegenteil, oft berief man sich gerade auf die größten Kritiker des westlichen Kapitalismus und der westlichen Kultur (wie zum Beispiel Karl Marx). Der islamische Fundamentalismus ging aus dem Niedergang dieses Aufblühens hervor, und er war nicht ein “zurück zu den alten Werten”. Das ist bloß die gelogene Version der Fundamentalisten. Solche “Werte”, wie sie die Fundamentalisten jetzt vertreten, hat es im Islam früher gar nicht gegeben. Es ist sehr wichtig zu verstehen, dass der islamische Fundamentalismus auch eine Pervertierung guter islamischer Traditionen ist. Um das zu übersehen, muß man schon sehr angestrengt nicht hinsehen wollen.

Aus den zum Teil jahrzehntelang andauernden chaotischen politischen und katastrophalen ökonomischen Zuständen, die aus den Unabhängigkeitskriegen resultierten, und an denen die alten Kolonialmächte nicht gerade schuldlos waren, gingen eine ganze Reihe von fanatischen Extremisten hervor – und zwar nicht nur religiöse, sondern auch jede Menge politische Extremisten.

Viele Menschen flohen vor diesem Extremismus in den Westen, wo sie als Ausländer nicht gerade mit offenen Armen empfangen wurden, obwohl dies eine Zeit großer wirtschaftlicher Prosperität war. Gerade in Frankreich zum Beispiel wurden die Flüchtlinge und Einwanderer an den Rand gedrängt und zum Teil polizeilich brutal drangsaliert. Ich selbst erinnere noch die Ausläufer dieser Periode in den 1970-ern. Damals waren übrigens sehr viele der Flüchtlinge gut gebildet und eher links eingestellt.

8) Es ist eine traurige Wahrheit, dass die meisten westlichen Länder diese Menschen und ihre Nachkommen, und die nachkommenden Gastarbeiter usw., nie richtig integriert haben. Dies lag nicht nur daran, dass diese sich nicht integrieren lassen wollten. Die erste Welle der Flüchtlinge war sogar außerordentlich gewillt, westliche Staatsbürger zu werden. Vor allem in Frankreich hat man es aber zugelassen, dass in den Jahrzehnten seitdem zahlreiche Ghettos entstanden, und Ausbildung, Arbeit und gesellschaftliche Partizipation total in den Hintergrund gerieten. Bei uns ist es auch nicht viel besser gelaufen. Aus dieser Gemengelage heraus entwickelte sich seit den späten 1990-ern das Phänomen des Fundamentalismus unter den in Westeuropa lebenden (vorwiegend jungen) Muslimen. Unter diesem Fundamentalismus leiden vor allem die Muslime selbst, zum Beispiel die Mädchen, die sich verschleiern müssen, um nicht als Hure beschimpft zu werden.

Wir haben in West-Europa diesen ganzen Prozess – die ersten Flüchtlinge aus den nachkolonialen Wirren bis zur Radikalisierung von Randgruppen unter den Muslimen – komplett verschlafen. Anstatt zum Beispiel die am Anfang sehr liberalen Imame zu unterstützen, wurden sie einfach nicht beachtet. Stattdessen wurde diskutiert, Jugendliche zur Annahme des deutschen Passes unter Aufgabe ihrer Herkunft zu zwingen. Solche Symbolpolitik war uns dabei wichtiger als ganz praktische Fragen, wie zum Beispiel eine vernünftige Sprachausbildung für jugendliche Ausländer. Ich weiß sehr genau, was dieser Unterschied bedeutet: Hier in Dänemark sprechen Muslime ausgezeichnet Dänisch. Erst jetzt – viel, viel zu spät – beginnt man zum Beispiel in Deutschland damit, das Ausbildungsdefizit überhaupt klar zu benennen oder Lehrstühle einzurichten, um Imame für Europa auszubilden. 50 Jahre zu spät! Inzwischen sind die jungen Muslime in den Banlieus in Frankreich und in den Großstädten Deutschlands komplett abgehängt worden. Während sie zunächst ihr Heil in der Kriminalität suchten – denn dort konnten sie es wirklich zu etwas bringen -, ist es nun so, dass sie Anerkennung und Ehre durch islamistische Radikalisierung erfahren.

9) Erinnert euch doch einmal zurück an eure eigenen wilden Jahre. Ich war mit 14 Maoist, mit 15 Anarchist. Aber während es für uns bürgerliche Jungendliche immer einen Weg zurück in die Gesellschaft gab – selbst die RAF-Aussteiger können wieder in Talkshows auftreten -, gibt es für die an den Rand gedrängten Ausländer keinen einfachen Weg zurück in die Gesellschaft; sie kamen ja noch nicht einmal aus deren Mitte!

Während wir damals noch das linke Millieu als Sozialisationsort hatten, beeinflusst von Vietnamkrieg und dem Aufstieg Maos und Che Guevaras als Kultfigur usw., bieten sich den muslimischen Jugendlichen heute vor allem die terrorerprobten Palästinenser und die islamistischen Rebellen zur Identifikation an.

Genug damit. Das sollte ausreichen, um aufzuzeigen, dass der islamistische Fundamentalismus eine ganze Reihe von Ursachen hat. Am wenigsten liegt er aber in der Natur des Islam begründet.

Auf der Basis all dieser grundlegenden Gedanken nun zu einigen von deinen Punkten.

10) Du sagst: “[Der Islam] ist ein sehr problematischer Glaube, weil unter Bezugnahme auf ein metaphysisches Konstrukt keine wirklich tragfähige Ethikbegründung möglich ist.”

Welche Religion begründet denn ihre Ethik ohne Metaphysik? Wenn man den an sich im religiösen Zusammenhang problematischen Begriff “Ethik” akzeptieren will, worauf begründet sich denn im Buddhismus die Aufforderung, recht zu Handeln? Doch wohl darauf, dass aus dem heilsamen Handeln ein unmittelbarer und ein letztendlicher Nutzen hervorgeht. Ersteres bezieht sich auf Karma, letzteres auf Nirvana. Und das sind keine metaphysischen Konzepte?

11) Weiter sagst Du: „Glaube an den einen (= einzig wahren) Gott und den Propheten Muhammed (= der letzte und wichtigste Prophet jenes einen Gottes): fast durchgehend 100 Prozent. Dies ist ein gewaltbegründender Glaubenskomplex, weil aus seiner Sicht alle anderen Religionen minderwertig und als ‘zu bekehren’ erscheinen.”

Auch hier liegst du in mehrfacher Hinsicht daneben. Das Bekehren der Un- oder Andersgläubigen war in erster Linie das Privileg des Christentums. Die muslimischen Eroberer sind eigentlich eher dafür bekannt gewesen, dass sie in den eroberten Gebieten ein friedliches Miteinander der Religionen zuließen. Warum sollen nur aus der Sicht des Islams die anderen Religionen minderwertig sein? Mal unterstellt, dass dies wirklich ein wesentliches Merkmal des Islams ist (was ich bezweifle), dann gilt dies natürlich für alle anderen Religionen auch.

Und, lieber Hans, wer deine ganzen Postings liest, der weiß natürlich, dass gerade du alle anderen Religionen als minderwertig ansiehst, während eben nur Deine Version des Buddhismus “authentisch” usw. ist. Wenn also der Glaube, dass die eigene Religion besser ist, als die der anderen, und am Ende Befreiung (oder was auch immer) nur durch den eigenen Weg möglich ist, aber nicht durch den der anderen (wie du es ganz klar vertrittst – siehe unten), dann vertrittst Du nach deiner eigenen obigen Definition einen “gewaltbegründenden Glaubenskomplex.”

12) Weiter sagst du: „40-53 % der Sunniten in Tunesien, Jordanien, Ägypten, unter Palästinensern und in Marokko halten Schiiten nicht für Muslime. Auch dies ist ein zumindest potenziell gewaltbegründender Glaube.”

Mein lieber Hans, 100% der Theravada-Mönche halten den Vajrayana nicht für Buddhismus. Nein, im Ernst, die Vorstellung, dass innerhalb der eigenen Religion andere Untergrupen “keine echten Christen/Buddhisten/Muslime … sind”, findest du in allen Religionen, auch im Buddhismus. Dort vor allem in den polemischeren Debattenschriften der Gelehrten. Warum soll so eine Vorstellung nur im Islam Gewalt hervorbringen? Interne Glaubenskämpfe bzw. kriege gab es immer und überall.

13) Weiter: “Die Vorstellung, dass der Koran wörtlich zu nehmen sei, und dass er Gottes Wort darstelle … Ein unmittelbar gewaltbegründender Glaube, weil im Koran und den Hadithen explizit zu Gewalt auffordernde Passagen stehen.”

Jede Religion besitzt Schriften, in denen zur Gewalt aufgerufen wird. In jeder dieser Religionen gibt es einige wenige, die dies wörtlich nehmen, und viele andere, die das hermeneutisch nehmen.

Dein Schluss, dass wer den Koran als Wort Gottes nehme, automatisch auch diejenigen Passagen, die man als Aufforderung zur Gewalt lesen kann, als eben solche lesen, klingt zwar zunächst logisch, ist aber keineswegs folgerichtig. Wenn ich einen Muslim frage, ob der Koran das Wort Gottes und deshalb streng zu befolgen sei, dann denkt der friedliche Muslim in erster Linie an seine zu befolgenden Gebote, und nicht daran, andere abzuschlachten.

14) Ob es wirklich einen “Dimensionsunterschied in der Gewalt” zwischen überwiegend muslimischen und buddhistischen Ländern gibt, bezweifel ich. China? Japan? Tibet? Eine lange Geschichte von großen, kleinen, nationalen und internen Kriegen und Bürgerkriegen. Ich glaube, du kennst nur einfach asiatische Geschichte nicht richtig. Außerdem sind die Gründe für Gewalt immer sehr vielfältig und können nie auf die Religion allein heruntergebrochen werden.

15) Was aber jetzt bei dir kommt, das finde ich schon ganz schön verstörend:

Da wird einfach in Bausch und Bogen die ganze Wissenschaft verworfen (“deshalb ist es schlechte Wissenschaft, die sie betreiben”). Wissenschaftler wollen nämlich nur “für Außenstehende [einen] Eindruck entstehen [lassen]” und sie “bestimmten übergeordneten, nicht transparent gemachten Interessen dienen.” Auch “in der Nazizeit … haben Wissenschaftler im großen Stil … den Nazis zugearbeitet.”

Wow. Merkst du eigentlich, was für einen Ton du da anschlägst? Das erinnert mich doch sehr an die Pediga-Demonstranten mit ihren “Lügenpresse!” Schildern. Solche Rundumschläge kenne ich sonst nur von Verschwörungstheoretikern und religiösen Fanatikern. Gerade der Bezug auf die Nazizeit ist eine bitterböse Unterstellung. Und das, wo du selbst sagst: “Persönliche Angriffe, Vermutungen über … Motive oder andere Metaebenen gehören nicht zu einer guten Debatte. Diese bleibt auf der Ebene der Inhalte mit begründeten Argumenten und Gegenargumenten.” Na, da fass dir erst einmal an Deine eigene Nase!

16) Weiter schreibst Du: “Im ,Namen Gottes´ oder ,Allahs´ ist geschichtlich mehr Gewalt verübt worden, als in irgendeinem anderen Namen.”

Da in deiner Argumentation zur angeblich gewaltbereiten Natur des Islams und zum angeblichen “Dimensionsunterschied”, wie ich oben Punkt für Punkt gezeigt habe, jede einzelne Begründung unzureichend war – was, wie du weißt, da du die Debattenkultur des Buddhismus ja immer preist, bedeutet, dass sie nichtig ist – folgt, dass diese Behauptung unbegründet ist.

17) Weiter sagst du: “Warum wird denn eigentlich jene wissenschaftlich einzig interessante Frage von Wissenschaflern nicht viel stärker behandelt?”

Weil nur in totalitären Staaten jemand der Wissenschaft vorschreiben kann, was “wissenschaftlich einzig interessant” ist. Du mußt in einem freiheitlichen Staat nunmal damit Leben, dass die Wissenschaft (trotz deiner Behauptung des Gegenteils) frei ist.

18) Du schreibst: “Es gibt genug Untersuchungen, die einen hohe Säkularisierungsgrad von etwa Türken in Deutschland aufzeigen. Das ist für eine Mehrheit der im Westen angestammten Muslime das gleiche Phänomen der Entfernung vom Islam wie unter Christen in Europa das Phänomen der Entfernung vom Christentum.”

Leider verwechselst du hier (genau wie Sam Harris) Säkularisierung mit Atheismus, denn gleich danach enthüllst du, was du unter der deutschen Säkularisierung verstehst: “Inzwischen gibt es mehr Konfessionslose in Deutschland als jeweils Protestanten und Christen – Tendenz deutlich zunehmend.”

Darauf schreibst du: “Es gibt aus verschiedenen Gründen auch gegenläufige Trends, vor allem unter jungen Muslimen in Deutschland und Frankreich, die sich zunehmend radikalisieren; und etwa nach Syrien pilgern, um sich dort Isis anzuschließen.” Aha. Das Gegenteil von Säkularisieren ist also islamistisch Radikalisieren? Jetzt wird es vollkommen sinnlos.

19) Du sagst, um die islamistische Verblendung von Gewalt zu belegen: “Niemand (!!!) sprengt sich mordend in die Luft, wenn es nicht von einer transzendenten Belohnung dafür ausgehen würde.”

Was weisst du von der Not derer, die sich dafür hergeben? Es gibt genügend Untersuchungen und Berichte, die belegen, dass es tausend andere Gründe für diese Selbstmorde gibt. Religion spielt da häufig nur eine Nebenrolle. Freilich sind es die Terroristen, die die ökonomische und psychische Not der jungen Leute ausnutzen. Hast du niemals davon gehört, dass jungen und völlig verzweifelten Palestinensern Geld für ihre Familie versprochen wird, wenn sie sich hergeben für die Terroristen? Es soll auch zu Erpressungen gekomen sein. Solche Attentate sind, so schlimm sie sind, zu einem großen Teil auch verzweifelte Selbstmorde.

Auf 73 Jungfrauen im Himmel hofft da keiner. Auch bei der Isis mehren sich die Anzeichen, das aus dem Westen kommende junge Leute sich aus Enttäuschung und Verzweiflung und Scham so töten lassen. Ich will den Aspekt des Tötens anderer Menschen dabei gar nicht verschleiern. Aber wer schon einmal etwas von Suizidforschung gehört hat, weiß vielleicht, dass ein Selbstmörder meist gar keinen Blick mehr dafür hat, was er anderen antut (z.B. bei Selbstmorden auf Bahngleisen).

Du sagst: “ER GLAUBT DIESE BELOHNUNG WIRKLICH!!! SONST KANN ER SICH UNMÖGLICH IN DIE LUFT SPRENGEN!”

Woher weißt du das denn bloß? Wie hast Du Dich über diese armen Menschen denn informiert? Du siehst immer nur ein Vorkommniss, und dann schließt du aus deiner bürgerlichen, europäischen Perspektive heraus auf Motive. Deine Motive-Unterstellungen sind uniformierte Mutmaßungen.

20) Du schreibst: “Schlimmste Unterdrückung seit einem halben Jahrhundert durch die Chinesen, aber bisher kein einziger tibetischer Selbstmordattentäter gegen Chinesen…”

Schon mal was vom CIA-finanzierten Guerilla-Krieg der sechziger und frühen siebziger Jahre der Tibeter gehört, an dem Zehntausende teilnahmen?

Weiter sagst du:” Warum? Der einzige Grund sind unterschiedliche religiöse Werte bzw. Ansichten!”

Die tibetischen Guerillas haben aus nationalistischen Motiven und für Buddha, Dharma, und Sangha gekämpft. Meine Kollegin hat zahlreiche Interviews mit Überlebenden geführt. Wieder behauptest Du nur etwas anhand eines vordergründigen Phänomens, das Du selbst überhaupt nicht ergründet hast.

21) Dann sagst du über Monotheisten: “Aber … dieses Bewusstsein entspricht nicht der höchsten Realität! Es ist nur eine konventionelle Realität.

‘Gott’ ist eine kulturell tief etablierte Fata Morgana … [eine] Chimäre.”

Du darfst anderen Religionen natürlich die Gültigkeit absprechen. Aber wenn ein Muslim sagt, sein Gott sei der einzige Gott, dann ist er sofort gewaltbereit. Junge, Junge…

Und schließlich: “Das kann alleine Erwachen bzw. wachsende Klarheit und spirituelle Reife …” Und die, lieber Hans, wünsche ich dir von tiefstem Herzen!

Jan

Zurück zur Übersicht!

 

{ 11 comments… read them below or add one }

1 Hans Januar 30, 2015 um 21:07 Uhr

Hi,

* Der jeweilige Kernbestand aller Formen des Buddhismus ist in den einzelnen buddhistischen Ländern von den volkstümlichen Formen zu trennen. Das wissen auch die dortigen Laienanhänger.

Dies gilt besonders für den Bereich des frühen Buddhismus mit den alten Quellen des Palkanons in Südostasien und auf Sri Lanka, wo die Meditationsmeister der Waldtraditionen oder auch der Vipassana-Bewegung, die Gelehrten des Abhidhammas sowie die Meister der Ordensdisziplin Vinaya in besonders hohen Ansehen stehen.

Die bloßen „Glaubensanteile“ jener alten Quellen des Palikanons – nämlich der Redensammlungen des Buddhas – sind vergleichsweise sehr gering. Ihr zentrales Merkmal ist die starke Ausrichtung auf die spirituelle Praxis, Methoden, Achtsamkeit, spirituelle Entwicklung, Untersuchung von Geist und Herz bzw. der existenziellen Fragen des Leiden und dessen Überwindung; mit einem berühmten Zitat des Buddhas gesagt:

„Bloß Eines lehre ich, jetzt wie früher – das Leiden und dessen Ende!“

Und in der weltweiten Vipassana-Bewegung geht es fast ausschließlich um diesen „Befreiungspragmatismus“ des Buddhas (ein Begriff des führenden Indologen Erich Frauwallner für die Praxislehre des Buddhas).

So konnte daraus auch erst zum Beispiel der westliche Achtsamkeitsboom hervorgehen, mit dem MBSR-Programm von Jon Kabat-Zinn, den neuen Achtsamkeitstherapien oder den vielfältigen Formen der Achtsamkeitsmeditation, deren Wirksamkeit inzwischen vielfach neurowissenschaftlich belegt ist.

* Dieser Befreiungspragmatismus des historischen Buddhas, wie er mit jenen alten Reden überliefert ist, bedeutet keine „begriffliche“ Philosophie und auch keine „spekulative“ Religion.

So ist er nicht mit abendländischer Philosophie in all ihren Formen zu vergleichen, weil es bei diesen nicht um den Zweck einer „Befreiung“ im Leben geht.

Er ist auch nicht mit Religion zu vergleichen, weil es bei jenem Befreiungspragmatismus nicht um Glauben an metapyhsische, unverifizierbare Entitäten wie „Gott“, „ewige Seele“, „ewiges Leben“ usw. geht.

Näheres zum Befreiungspragmatismus des Buddhas und zwar in Unterscheidung zu Philosophie, Religion oder theoretischer Wissenschaft in diesem jüngsten Vortrag von mir (plus geleiteter Meditation im Anschluss).

Es ist dieser Befreiungspragmatismus, der heute im Westen zunehmen „ankommt“, vor allem in Form der stark wachsenden Bewegung der Achtsamkeits- bzw. Einsichtspraxis Vipassana; und um den es zum Beispiel auch jenem führenden westlichen Atheisten und Neurowissenschaftler Sam Harris geht, der primär aus der frühbuddhistischen Vipassana-Bewegung kommt.

Es geht mir hier in erster Linie um die Praxislehre des historischen Buddhas im und für den Westen – und nicht um die asiatischen volkstümlichen Formen, die dort wie gesagt aber auch jeweils neben dem Kernbereich der Lehre bestehen!

* Zu den Gewaltfällen im Buddhismus habe ich mich in der Diskussion mit Jan-Ulrich Sobisch ausführlich geäußert. Deshalb wiederhole ich es hier nicht. (Japan ist ein Sonderfall; und die Gewalt auf Sri Lanka wird nicht durch die Lehre des Buddhas begründet, vgl. dort.)

Das Stichwort ist „Holland-Strategie“:

Denn mit der Gewalt in der buddhistischen Geschichte im Vergleich zur Gewalt in der monotheistischen Geschichte verhält es sich insgesamt in etwa so, wie mit dem Größenvergleich von Holland mit Russland. Und dieser Unterschied wird nicht dadurch kleiner, dass immer wieder oder bloß Holland betont wird!

Die alten buddhistischen Quellen sind einheitlich in ihrer friedfertigen Ausrichtung und in ihrer Betonung einer spirituellen Praxis, die zu einer wachsenden Befreiung mitten im Leben führt.

Dagegen gib es zahlreiche gewalt- und sklavereibegründende Stellen in den maßgeblichen islamischen Quellen – dem Koran und den Hadithen (auch dazu siehe näher sowie mit Belegen in der Diskussion mit Jan).

Es gibt dort auch andere Stellen. Aber es nützt nichts, bloß diese anderen Stellen zu betonen. Denn der Koran und die Hadithen können ja nicht von jenen anderen Stellen getrennt werden. So lassen sich diese auch in der Geschichte bis heute immer wieder als Rechtfertigungsgrundlage für immense Gewalt heranziehen.

Auch der regelmäßige islamwissenschaftliche oder theologische Verweis auf „historische Kontexte“, die nicht auf heute übertragbar seien, nützt gar nichts.

Denn Mohammed hat zu Lebzeiten über 80 Kriege zur Ausbreitung seiner Lehre geführt – und aus seiner Sicht gegen Ungläubige. Das sehen alle islamistischen „Gotteskrieger“ heute exakt genauso.

* Hier einmal ein kleines Beispiel, womit Frauen in den islamischen Welt rechnen müssen, wenn sie „Ehebruch“ begehen; oder manchmal auch bloß dann schon, wenn sie in diesem Verdacht stehen.

Für die muslimischen „Herren der Schöpfung“ (im wahrsten Sinne des Islamischen Glaubens) ist es freilich kein Problem; Prophet Mohammed hatte doch auch schon so viele Frauen!

Zum Thema „Ehebruch“ im Koran und den islamischen Ländern.

Wie gesagt – neun der zehn Länder mit der schlechtesten Lage für Frauen liegen in der islamischen Welt, laut „World Economic Forum Report on Human Rights“.

* Mit Bitte um Ihr Verständnis, dass ich diese Diskussion mit Ihnen nicht fortführe. Zu den Gründen siehe die Hinweise nach der Diskussion mit Jan-Ulrich Sobisch.

* Inmitten Ihres Wutausbruchs waren jedoch ein paar für insbesondere deutschsprachige „Buddhisten“ ziemlich repräsentative Sichtweisen, die ich hiermit beantwortet habe.

Aber Eines verbindet deutschsprachige „Buddhisten“ wie Sie mit „Buddhismuskundlern“ wie Jan-Ulrich Sobisch – die Apologetik!

Bei den ersteren eher deshalb, weil sie von ihrer Vorgeschichte häufig enttäuschte Christen sind, die dann hoffnungsvoll beim „Buddhismus“ landen, ihn aufgrund ihrer Vorprägung gerne als eine „ähnliche“ Religion hätten und diesbezüglich nicht klar unterscheiden können.

Und bei den zweiteren eher deshalb, weil sie eine bestimmte Funktion innerhalb eines in Europa altetablierten wechselseitigen Nutzverhältnisses von Staat und Kirche erfüllen und den Monotheismus (ob nun in Form von Christentum oder Islam) indirekt „verteidigen“. Es stehen für die Kirchen angesichts ihres wachsenden Einflussverlustes auch enorme materielle Interessen auf dem Spiel.

Im Westen sind der Islam und das Christentum als die besonders ausgeprägten monotheistischen Glaubensreligionen heute (mitsamt ihren „Gläubigen“ und „wissenschaftlichen“ Apologeten) gewissermaßen uneingestandene enge „Verbündete“ –

nämlich gegen die wachsende Säkularisierung, die staatliche Unterstützung von Kirchen und Moscheen, die Abwendung und Kritik von „Religion“ bzw. die Hinwendung zu nachprüfbarer, auf Eigenverantwortung und Selbsterkenntnis setzender moderner tragfähiger Spiritualität und die von Hierarchien, Kirchen oder Gurus unabhängige spirituelle Praxis in „Selbstdenken und sehender Achtsamkeit“ – dem Hauptinstrument für Entwicklung in der Lehre des Buddhas.

Zum Thema Apologetik habe ich mich bereits sehr ausführlich geäußert. Ein Sam Harris hat es noch viel öfter und besser getan.

* Ich bin kein „Buddhist“ und lehne den Begriff „Buddhismus“ als eine „christlich-abendländische“ Irreführung bzw. Ablenkung von jenem „Befreiungspragmatismus“ ab.

„Befreiungspragmatismus“ ist für jeden Menschen und zu jeder Zeit relevant – ja, er ist das Relevanteste überhaupt -; und er steht als solcher über jeder Philosophie, Religion oder theoretischer Wissenschaft!

„Befreiungspragmatismus“ bringt auch den Hauptunterschied zum Monotheismus voll auf den Punkt: die eigenständig im Leben zu verwirklichende „Göttlichkeit“ des Menschen, oder besser höchste, erwachte Menschlichkeit, ohne jeden „Gott“, jeden Mittler oder jede „Gnade“.

„Buddhismus“ dagegen ist für religiös geneigte Exoten, die sich gerne in engen Schubladen aufhalten, sich gerne von anderen in solche stecken lassen und gerne von der einen in die andere religiöse Schublade wechseln (oder auch in einem schrägen Spagat zwischen beiden hängenbleiben).

Zu den näheren Gründen gegen jeden „Buddhismus“ lesen Sie den grundlegenden Beitrag Den Buddha Töten von Sam Harris (von mir übersetzt für „Buddhismus Aktuell“, Juli 14); sowie meinen Ergänzungsbeitrag dazu.

Einer der Gründe kurz gefasst:

Kein Christ wäre mit einer Umbenennung seiner Religion in „Jesuismus“ einverstanden – weil es spontan negativ wirkt, obwohl der Begriff aufgrund der Fokussierung auf Jesus Christus und den von ihm geforderten Glauben an ihn bzw. „seinen Vater“ genau passend wäre.

Aber „Buddhisten“ generell scheinen kein Problem mit dem Begriff „Buddhismus“ zu haben – obwohl es in der Praxislehre des Buddhas in keiner Weise um eine Fokussierung auf ihn als Person geht, sondern lediglich um ihn als Verkörperung des jedem Menschen möglichen Erwachens bzw. als „Wegweisers“; und zwar ausdrücklich laut dem historischen Buddha selbst.

* Im vorher erwähnten eigenen Ergänzungsbeitrag zu Sam Harris finden Sie übrigens auch eine nähere Erklärung, warum die Praxislehre des Buddhas eine zutiefst atheistische Lehre ist, die mit jeder Form von Monotheismus unvereinbar ist.

Beste Grüße,

Hans Gruber

2 Marxel Januar 29, 2015 um 21:55 Uhr

unglaubliche selbstbeweihräucherung von westlichen „buddhisten“ hier.

von atheistischer philosophie ohne metaphysik wird hier schwadroniert…da sucht sich ja jemand ganz genau seine zutaten für seinen patchwork-glauben aus…

eine beleidigung für alle asiaten, die im buddhismus, nebst dem philosophischen anteil, einen reichhaltigen metaphysischen überbau mit göttern, himmeln und höllen ihr eigen nennen.

da nimmt sich ein westlicher „buddhist“ ohne kenntnisse der anderen weltreligionen die frechheit heraus, zu sagen was und WIE genau muslime den koran interpretieren, aber selber verstümmelt er die buddhistischen lehren von transzendenz und metaphysik, bis es ihm in seinen kram passt.

bei aller anstrengung, den buddhismus als reine philosophie zu kastrieren, fällt es schwer, überhaupt noch eine rechtfertigung zu dessen hinwendung zu finden, da reine philosophie im abendland in hülle und fülle vorhanden ist.

wahrscheinlich einfach intellektuell zu anspruchsvoll. wenn alle greueltaten unter beihilfe der buddhistischen lehren(zen und militär in japan, myanmar etc.) ausgeblendet werden, wird es nur noch lächerlich.

3 Manfred Wiesberger Januar 23, 2015 um 11:55 Uhr

Lieber Hans,

Eine kleine Anmerkung zu den abrahamitischen Narrenreligionen und zur modernen Anbetung Gott „Mammon“ (shareholder-value).

In der „Mittleren Sammlung“ 13 erklärt der Buddha, dass alle Gräueltaten schlicht und einfach aus diesem Grund entstehen: Der Gier nach sinnlichem Erleben.

Alle Religionen, die keine Ansichten zu bieten haben, die über sinnliches Erleben hinausführen, müssen notwendigerweise immer zu Konflikten und Konkurrenz mit anderen führen.

Ihre Himmelsvorstellungen drehen sich immer nur um mehr und Besseres des Selben.

Erst wenn Sinnlichkeit überwunden wird, „wählt er nicht Leid für sich selbst, noch Leid für andere, noch Leid für beide.“ (MN 13).

Servus

Viriya

4 Hans Januar 22, 2015 um 15:38 Uhr
5 Hans Januar 18, 2015 um 13:17 Uhr

Liebe Blogbesucher,

Jan-Ulrich Sobisch (Uni-Dozent, Tibetologe und Buddhismusforscher, aber auch ein Dharma-Praktizierender) hat mir vor ein paar Tagen ausführlich geantwortet (auf mein letztes Posting unten) – und mit einer ganzen Reihe von Aussagen, die ich nicht teile. So mache ich gerade eine ebenfalls eingehende Rückantwort.

Diese beiden Texte werden dann oben im Hauptbeitrag sowie zugleich erscheinen (unterhalb des Eingangsbeitrags).

Mit diesem Vorgehen möchte ich verhindern, dass sich frühzeitig andere in diese aktuelle und besonders wichtige Diskussion einbringen, damit sie nicht in zu viele Richtungen geht.

Nach jener gleichzeitigen Publikation würde ich natürlich weitere Kommentare unmittelbar freischalten, sobald ich sie bekomme.

Rafis letzter Eintrag wird mit meiner Antwort an Jan auch mitbeantwortet.

Viele Grüße,

Hans

6 Jan-Ulrich Sobisch Januar 14, 2015 um 22:33 Uhr

Lieber Hans,

Ich möchte mich zunächst vorweg bei allen entschuldigen (in Abwandlung eines angeblichen Schiller-Zitats): “Leider ist es sehr lang geworden, aber ich hatte keine Zeit mich kurz zu fassen.”

(Anm.des Admins: Folgende Numerierung von mir eingefügt, zur leichteren Bezugnahme in meiner Antwort.)

1) Als erstes etwas zu Sam Harris, dem du ja in sehr vielen Punkten zu folgen scheinst, zumindest empfiehlst du uns nachdrücklich, ihn zu studieren. Er ist ein typisches Produkt der US-amerikanischen akademischen Konkurrenz. Um dort heutzutage eine Stelle zu bekommen, oder überhaupt wahrgenommen zu werden, muss man, vor allem in solchen Fächern wie Philosophie, schon ein ziemliches Theater veranstalten. Darauf versteht er sich ziemlich gut, mit reichlich Entertainment-Faktor. Die Dummköpfe, die seine Gegner sind, werden von ihm “destroyed,” “demolished,” “brutalized.” Sind ja auch alles Fundamentalisten, voller Hass, intolerant und ignorant. Da darf man das dann.

Dabei sind seine Äußerungen zu Religion(en) in der Regel uninformiert, undifferenziert und anspruchslos. Nur die Verpackung scheint, oberflächlich betrachtet, wissenschaftlich und intellektuell zu sein. Darunter wird schnell seine Grundeinstellung sichtbar, dass alle Religionen Aberglaube und dumm sind. Das ist, nicht nur gesellschaftspolitisch betrachtet, unklug, denn wir sollten eine Diskussion mit und über Religion basieren lassen auf der Tatsache, dass Religion für viele Menschen eine große Rolle spielt. Mit diesen sollten wir uns auseinandersetzen wollen über die Rolle von Religion in der Gesellschaft, über Gewalt und Religion, und vielleicht auch darüber, wie man die religiösen Schriften (auch) lesen könnte. Wenn wir uns gar nicht mit den Menschen auseinandersetzen wollen, aber trotzdem über ihre Religion sagen, dass sie gefährlich und terroristisch sind, dann ist ja wohl der nächste Schritt, dass wir sie verbieten und verfolgen. Das wäre totalitär. Wenn wir uns aber doch mit den Menschen auseinandersetzen wollen, dann ist es sehr kontraproduktiv, wenn man seine Gegenüber unterschiedslos als Dummköpfe und hoffnungslos rückwärts gewandt abstempelt. Der Punkt ist also: Haris will offensichtlich gar nicht mit, sondern nur über Religion reden. Und da sind die Rollen schon festgelegt, und jeder, der das nicht genauso sieht wie er, ist eben auch so ein Blödmann.

Seine Äußerungen zu Religion(en) selbst sind dabei vorwiegend uninformiert, undifferenziert und anspruchslos, weil er mit sehr groben Schablonen vorgeht, die keine Differenzierungen zulassen, was die vielen verschiedenen Lehren und Praktiken von Religionen angeht. Andauernd spricht er von “dem Islam” und “der muslimischen Welt”. Das lernen meine Studenten im ersten Semester, dass es so etwas gar nicht gibt, weil es viel zu viele Unterschiede und Nuancen gibt.

Er unterscheidet nicht zwischen Muslimen als Menschen auf der einen, und totalitären Regimes wie der Saudi-Familie auf der anderen Seite. Die Saudi-Familie geht total repressiv gegen ihr Volk und ihre Gastarbeiter vor, ist aber ein dicker Verbündeter seines Landes, während viele Länder, in denen es eine muslimische Mehrheit gibt, mehr Frauen in der Regierung haben als dies in den USA der Fall ist. Leute, die davon Ahnung haben, weil sie in solchen Ländern forschen, sagen mir, dass selbst in solchen Ländern, wo es “islamistischen Terror” gibt, die meisten Menschen Muslime sind, die vor allem auf Frieden hoffen.

2) Gerade ihnen wird durch eine undifferenzierte Haltung Schaden zugefügt. Die Jugend wird ob der vielen Ungerechtigkeiten und der brutalen Kriege der USA den Extremisten in die Arme getrieben (obwohl ich nicht behaupten werde, dass dies der einzige Grund für Gewalt ist). Aber man muss schon einmal zur Kenntnis nehmen, dass die USA in den letzten Jahren Hunderttausende von Muslime in Kriegen getötet haben. Die überwiegende Mehrheit davon als “Kollateralschaden”. Unter den Getöteten, und auch insgesamt, sind militante Islamisten eine kleine Minderheit. Alle Muslime über einen Kamm zu scheren, ist eine schreiende, brutale Ungerechtigkeit. Wenn in diesen und um diese Länder herum Gewalt entsteht, dann ist (nach Harris) natürlich einzig der Islam schuld. Dass insbesondere die USA oftmals an dem Entstehen von Gewaltspiralen dort heftig beteiligt sind, dazu sagt er kein Wort. Dass es auch vielfältige andere Ursachen für Terrorismus und Gewalt gibt, lässt er unter den Tisch fallen — in muslimischen Ländern und unter Muslimen ist bei ihm automatisch der Islam schuld. Auch dazu geich mehr.

Auch sein Verständnis von Begriffen, die in den Sozial- und Politikwissenschaften Gang und Gebe sind und dort kontrovers diskutiert werden – und sich vielfach in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt haben – ist eher bescheiden. Zum Beispiel der Begriff “säkular”, den er ganz offensichtlich mit “atheistisch” gleichsetzt. Das ist natürlich Unsinn, weil die meisten säkularen Staaten von Menschen geführt werden, die irgendeine Religion haben. Nur ist die Regierung eben nicht unter der Kontrolle einer Kirche oder Religion. Dänemark hat sogar eine Staatskirche, ist aber selbstverständlich ein säkularer Staat. Aber das sind natürlich alles Nuancen, die bei plakativen Thesen eher stören.

3) Harris’ politische Haltung ist oft ebenso undifferenziert. Typisch ist eine Äußerung von ihm, wonach die Empörung der Muslime hinsichtlich der Außenpolitik der USA und der Briten “in erster Linie ein Produkt theologischen Anliegen” ist. Also können theologische Anliegen keine vernünftigen Anliegen vorbringen, sie sind automatisch “rückwärts gewandt” und falsch. Nicht-theologische atheistische Anliegen dagegen sind die einzigen, die vernünftige Ideen hervorbringen können. … Wer so denkt, verschleiert die unglaublich vielen Nuancen religiösen Denkens und religiöser Kulturen.

Können Muslime denn nicht auch nicht-theologische (und absolut nachvollziehbare) Gründe haben, warum sie über die US- und britische Außenpolitik empört sind? Harris’ Denken in dieser Hinsicht ist kolonialistisch und schlimmstenfalls rassistisch. Die Lösung der Probleme der muslimischen Gesellschaften kann demnach nur aus der nicht-muslimischen Welt kommen. … Das ist das alte Mär der moralischen Überlegenheit des Westens.

4) Seine Gedanken zur Ethik und Moralphilosophie sind in meinen Augen nicht besonders interessant. Als eine Art Utilitarist geht er grundsätzlich davon aus, das “menschliche Werte”, “objektive Moralität”, “richtig und falsch” von der Wissenschaft aus der Natur hergeleitet werden können. Das halte ich für großen Unsinn! Nur weil es in der Natur Gewalt zwischen Tieren gibt, kann man daraus weder herleiten, dass dies moralisch richtig oder falsch ist. Die moralische Entscheidung ist keine wissenschaftliche, keine objektive, und schon gar keine “Wahrheit”. Als Utilitarist aber glaubt er, dass das Wohlergehen bewusster Wesen naturwissenschaftlich und messbar zugänglich gemacht werden kann. Aber was gut oder schlecht ist, richtig oder falsch, und was Wohlergehen ist, das ist letztendlich eine Entscheidung bewusster Wesen, auch wenn so eine Entscheidung noch so schwierig herbeizuführen ist.

Richtig, man kann tatsächlich bestimmte geistige Zustände mit bildgebenden Verfahren sichtbar machen. Aber die Interpretation dieser Daten und die Entscheidung für oder gegen irgendeine Schlussfolgerung und Praxis daraus („was sollen wir tun?“) ist immer noch eine Angelegenheit bewussten Denkens und Fühlens. Wissenschaftliche Messungen können interessante und wichtige Informationen beitragen. Aber es ist der “common sense” und das philosophische Denken, das diese Informationen verarbeitet und zu Entscheidungen führt.

Es ist ein Grundsatz in der Wissenschaft, das Messinformationen niemals eine Beurteilung vorgeben – Beurteilung bleibt das Vorrecht bewusster Wesen. Zum Glück. Ich muss schon sagen, dass diese scientistische Form des Utilitarismus ziemlich langweilig und altbacken ist. Jeder mit ein bisschen common sense kann doch sofort erkennen, dass die Bewertung, dass der Burka-Zwang ein Unglück für Frauen ist, keiner Messergebnisse bedarf. Natürlich können solche Messergebnisse, wenn es sie gibt, etwas beitragen, aber sie bringen weder zwingend eine Entscheidung über gut und böse mit sich, noch sind sie zur Entscheidungsfindung zwingend notwendig.

5) Dieses sind die Dinge, die ich aufgrund meiner eigenen Arbeiten und Erfahrungen beurteilen kann. Deshalb führe ich sie hier an. Auf der Basis dieser eigenen Beurteilung kann ich nur sagen, dass ich Harris sowohl aus religionswissenschaftlicher als auch aus politischer und moralphilosophischer Perspektive heraus betrachtet bestenfalls total uninteressant finde. Da kann er noch so viel Kaspertheater aufführen. Du weißt vielleicht, dass ich in Kopenhagen am Institute for Cross-Cultural and Regional Studies arbeite. Wir haben unter einem Dach viele Kollegen in Fächern wie Migrationsforschung, kulturvergleichende Studien, Religionssoziologie und Geschichte, und natürlich auch die einzelnen Regionen und Religionen. Wir haben sehr viel Austausch miteinander – das ist das Konzept dieses Instituts. Und was ich von den Kollegen höre, ist allemal viel differenzierter und interessanter als das, was der Harris so von sich gibt. Der ist für mich überhaupt keine Autorität, er ist ein bigotter Dämagoge, der mir vorwiegend egal, aber auch ein bisschen unangenehm ist.

In diesem Sinne ist es der erste entscheidende Fehler, Islam und Gewalt, Muslim und Fundamentalist gleichzusetzen. Das ist nicht nur eine Missachtung der überwiegenden Mehrheit der Muslime, die keine Fundamentalisten sind, denn sie sind es, die unter den Fundamentalisten mehr leiden als Nicht-Muslime, sondern es ist auch ein ziemlich grober methodischer Fehler. Der zweite entscheidende Fehler ist es, den Islam grundsätzlich als eine gewalttätige Religion darzustellen. Dazu unten mehr.

6) Der dritte schwerwiegende Fehler ist es, die Gründe für das Anwachsen des islamistischen Fundamentalismus nicht zu verstehen. Mit etwas Geschichtskenntnis sollte es klar sei, dass der islamistische Fundamentalismus seine Wurzeln in der komplexen kolonialen und post-kolonialen Geschichte sowie im Israel-Palästina Konflikt hat.

Es ist irreführend, die Geschichte der gewalttätigen Konflikte, in die muslimische Kulturen verwickelt waren, mit Fundamentalismus heutiger Zeit gleichzusetzen. Das wäre so, als ob man die Geschichte der Deutschen mit der Nazidiktatur gleichsetzen würde. (Das ist nicht nur ein methodischer Ebenen-Fehler, dass zeugt auch von einer Unkenntnis der grundlegenden Werkzeuge des Historikers.)

Alle Religionen dieser Welt, auch der Buddhismus, sind in solche Konflikte verwickelt gewesen. Und wenn man die Ursachen dieser frühren Konflikte AUCH in der Religion suchen will, dann gilt dies bitte schön auch für alle Religionen. Es ist lächerlich, wenn man Konflikte, in die der Islam verwickelt war, der Lehre des Islam zuschreibt, dies aber beim Buddhismus a priori ausschließt. Im Namen beider Religionen wurde Gewalt ausgeübt. Aber das nur nebenbei, denn diese früheren Konflikte haben ja nichts mit Fundamentalismus zu tun.

7) Viel wichtiger ist es, sich die Geschichte der letzen 200 Jahre anzuschauen. In diesen beiden Jahrhunderten wurden Stück für Stück die individuellen Freiheitsrechte der Menschen auch den Kirchen und Religionen abgerungen (und das ist z.B. auch in Tibet so, selbst wenn die Umstände hier äußerst tragisch waren und am Ende gar keine Freiheitsrechte herauskamen, aber die Klöster waren ihre Eigentumsrechte an den Menschen los).

Dieses Ringen hat auch in der muslimischen Welt stattgefunden, auch wenn dies bei vielen bereits in Vergessenheit geraten ist. Es gab einen fundamentalen Sekularisationsprozess in zahlreichen muslimischen Ländern wie Marokko, Ägypten, Tunesien, Türkei usw. Es gab sogar richtige Blütezeiten, in denen in einigen muslimischen Ländern die Menschen zwar immer noch religiöse Muslime waren, aber zum Beispiel die Frauen größtenteils unverschleiert blieben. Dieses Aufblühen war mitnichten eine “Verwestlichung”. Im Gegenteil, oft berief man sich gerade auf die größten Kritiker des westlichen Kapitalismus und der westlichen Kultur (wie zum Beispiel Karl Marx). Der islamische Fundamentalismus ging aus dem Niedergang dieses Aufblühens hervor, und er war nicht ein “zurück zu den alten Werten”. Das ist bloß die gelogene Version der Fundamentalisten. Solche “Werte”, wie sie die Fundamentalisten jetzt vertreten, hat es im Islam früher gar nicht gegeben. Es ist sehr wichtig zu verstehen, dass der islamische Fundamentalismus auch eine Pervertierung guter islamischer Traditionen ist. Um das zu übersehen, muß man schon sehr angestrengt nicht hinsehen wollen.

Aus den zum Teil jahrzehntelang andauernden chaotischen politischen und katastrophalen ökonomischen Zuständen, die aus den Unabhängigkeitskriegen resultierten, und an denen die alten Kolonialmächte nicht gerade schuldlos waren, gingen eine ganze Reihe von fanatischen Extremisten hervor – und zwar nicht nur religiöse, sondern auch jede Menge politische Extremisten.

Viele Menschen flohen vor diesem Extremismus in den Westen, wo sie als Ausländer nicht gerade mit offenen Armen empfangen wurden, obwohl dies eine Zeit großer wirtschaftlicher Prosperität war. Gerade in Frankreich zum Beispiel wurden die Flüchtlinge und Einwanderer an den Rand gedrängt und zum Teil polizeilich brutal drangsaliert. Ich selbst erinnere noch die Ausläufer dieser Periode in den 1970-ern. Damals waren übrigens sehr viele der Flüchtlinge gut gebildet und eher links eingestellt.

8) Es ist eine traurige Wahrheit, dass die meisten westlichen Länder diese Menschen und ihre Nachkommen, und die nachkommenden Gastarbeiter usw., nie richtig integriert haben. Dies lag nicht nur daran, dass diese sich nicht integrieren lassen wollten. Die erste Welle der Flüchtlinge war sogar außerordentlich gewillt, westliche Staatsbürger zu werden. Vor allem in Frankreich hat man es aber zugelassen, dass in den Jahrzehnten seitdem zahlreiche Ghettos entstanden, und Ausbildung, Arbeit und gesellschaftliche Partizipation total in den Hintergrund gerieten. Bei uns ist es auch nicht viel besser gelaufen. Aus dieser Gemengelage heraus entwickelte sich seit den späten 1990-ern das Phänomen des Fundamentalismus unter den in Westeuropa lebenden (vorwiegend jungen) Muslimen. Unter diesem Fundamentalismus leiden vor allem die Muslime selbst, zum Beispiel die Mädchen, die sich verschleiern müssen, um nicht als Hure beschimpft zu werden.

Wir haben in West-Europa diesen ganzen Prozess – die ersten Flüchtlinge aus den nachkolonialen Wirren bis zur Radikalisierung von Randgruppen unter den Muslimen – komplett verschlafen. Anstatt zum Beispiel die am Anfang sehr liberalen Imame zu unterstützen, wurden sie einfach nicht beachtet. Stattdessen wurde diskutiert, Jugendliche zur Annahme des deutschen Passes unter Aufgabe ihrer Herkunft zu zwingen. Solche Symbolpolitik war uns dabei wichtiger als ganz praktische Fragen, wie zum Beispiel eine vernünftige Sprachausbildung für jugendliche Ausländer. Ich weiß sehr genau, was dieser Unterschied bedeutet: Hier in Dänemark sprechen Muslime ausgezeichnet Dänisch. Erst jetzt – viel, viel zu spät – beginnt man zum Beispiel in Deutschland damit, das Ausbildungsdefizit überhaupt klar zu benennen oder Lehrstühle einzurichten, um Imame für Europa auszubilden. 50 Jahre zu spät! Inzwischen sind die jungen Muslime in den Banlieus in Frankreich und in den Großstädten Deutschlands komplett abgehängt worden. Während sie zunächst ihr Heil in der Kriminalität suchten – denn dort konnten sie es wirklich zu etwas bringen -, ist es nun so, dass sie Anerkennung und Ehre durch islamistische Radikalisierung erfahren.

9) Erinnert euch doch einmal zurück an eure eigenen wilden Jahre. Ich war mit 14 Maoist, mit 15 Anarchist. Aber während es für uns bürgerliche Jungendliche immer einen Weg zurück in die Gesellschaft gab – selbst die RAF-Aussteiger können wieder in Talkshows auftreten -, gibt es für die an den Rand gedrängten Ausländer keinen einfachen Weg zurück in die Gesellschaft; sie kamen ja noch nicht einmal aus deren Mitte!

Während wir damals noch das linke Millieu als Sozialisationsort hatten, beeinflusst von Vietnamkrieg und dem Aufstieg Maos und Che Guevaras als Kultfigur usw., bieten sich den muslimischen Jugendlichen heute vor allem die terrorerprobten Palästinenser und die islamistischen Rebellen zur Identifikation an.

Genug damit. Das sollte ausreichen, um aufzuzeigen, dass der islamistische Fundamentalismus eine ganze Reihe von Ursachen hat. Am wenigsten liegt er aber in der Natur des Islam begründet.

Auf der Basis all dieser grundlegenden Gedanken nun zu einigen von deinen Punkten.

10) Du sagst: “[Der Islam] ist ein sehr problematischer Glaube, weil unter Bezugnahme auf ein metaphysisches Konstrukt keine wirklich tragfähige Ethikbegründung möglich ist.”

Welche Religion begründet denn ihre Ethik ohne Metaphysik? Wenn man den an sich im religiösen Zusammenhang problematischen Begriff “Ethik” akzeptieren will, worauf begründet sich denn im Buddhismus die Aufforderung, recht zu Handeln? Doch wohl darauf, dass aus dem heilsamen Handeln ein unmittelbarer und ein letztendlicher Nutzen hervorgeht. Ersteres bezieht sich auf Karma, letzteres auf Nirvana. Und das sind keine metaphysischen Konzepte?

11) Weiter sagst Du: “Glaube an den einen (= einzig wahren) Gott und den Propheten Muhammed (= der letzte und wichtigste Prophet jenes einen Gottes): fast durchgehend 100 Prozent. Dies ist ein gewaltbegründender Glaubenskomplex, weil aus seiner Sicht alle anderen Religionen minderwertig und als ‘zu bekehren’ erscheinen.”

Auch hier liegst du in mehrfacher Hinsicht daneben. Das Bekehren der Un- oder Andersgläubigen war in erster Linie das Privileg des Christentums. Die muslimischen Eroberer sind eigentlich eher dafür bekannt gewesen, dass sie in den eroberten Gebieten ein friedliches Miteinander der Religionen zuließen. Warum sollen nur aus der Sicht des Islams die anderen Religionen minderwertig sein? Mal unterstellt, dass dies wirklich ein wesentliches Merkmal des Islams ist (was ich bezweifle), dann gilt dies natürlich für alle anderen Religionen auch.

Und, lieber Hans, wer deine ganzen Postings liest, der weiß natürlich, dass gerade du alle anderen Religionen als minderwertig ansiehst, während eben nur Deine Version des Buddhismus “authentisch” usw. ist. Wenn also der Glaube, dass die eigene Religion besser ist, als die der anderen, und am Ende Befreiung (oder was auch immer) nur durch den eigenen Weg möglich ist, aber nicht durch den der anderen (wie du es ganz klar vertrittst – siehe unten), dann vertrittst Du nach deiner eigenen obigen Definition einen “gewaltbegründenden Glaubenskomplex.”

12) Weiter sagst du: “40-53 % der Sunniten in Tunesien, Jordanien, Ägypten, unter Palästinensern und in Marokko halten Schiiten nicht für Muslime. Auch dies ist ein zumindest potenziell gewaltbegründender Glaube.”

Mein lieber Hans, 100% der Theravada-Mönche halten den Vajrayana nicht für Buddhismus. Nein, im Ernst, die Vorstellung, dass innerhalb der eigenen Religion andere Untergrupen “keine echten Christen/Buddhisten/Muslime … sind”, findest du in allen Religionen, auch im Buddhismus. Dort vor allem in den polemischeren Debattenschriften der Gelehrten. Warum soll so eine Vorstellung nur im Islam Gewalt hervorbringen? Interne Glaubenskämpfe bzw. kriege gab es immer und überall.

13) Weiter: “Die Vorstellung, dass der Koran wörtlich zu nehmen sei, und dass er Gottes Wort darstelle … Ein unmittelbar gewaltbegründender Glaube, weil im Koran und den Hadithen explizit zu Gewalt auffordernde Passagen stehen.”

Jede Religion besitzt Schriften, in denen zur Gewalt aufgerufen wird. In jeder dieser Religionen gibt es einige wenige, die dies wörtlich nehmen, und viele andere, die das hermeneutisch nehmen.

Dein Schluss, dass wer den Koran als Wort Gottes nehme, automatisch auch diejenigen Passagen, die man als Aufforderung zur Gewalt lesen kann, als eben solche lesen, klingt zwar zunächst logisch, ist aber keineswegs folgerichtig. Wenn ich einen Muslim frage, ob der Koran das Wort Gottes und deshalb streng zu befolgen sei, dann denkt der friedliche Muslim in erster Linie an seine zu befolgenden Gebote, und nicht daran, andere abzuschlachten.

14) Ob es wirklich einen “Dimensionsunterschied in der Gewalt” zwischen überwiegend muslimischen und buddhistischen Ländern gibt, bezweifel ich. China? Japan? Tibet? Eine lange Geschichte von großen, kleinen, nationalen und internen Kriegen und Bürgerkriegen. Ich glaube, du kennst nur einfach asiatische Geschichte nicht richtig. Außerdem sind die Gründe für Gewalt immer sehr vielfältig und können nie auf die Religion allein heruntergebrochen werden.

15) Was aber jetzt bei dir kommt, das finde ich schon ganz schön verstörend:

Da wird einfach in Bausch und Bogen die ganze Wissenschaft verworfen (“deshalb ist es schlechte Wissenschaft, die sie betreiben”). Wissenschaftler wollen nämlich nur “für Außenstehende [einen] Eindruck entstehen [lassen]” und sie “bestimmten übergeordneten, nicht transparent gemachten Interessen dienen.” Auch “in der Nazizeit … haben Wissenschaftler im großen Stil … den Nazis zugearbeitet.”

Wow. Merkst du eigentlich, was für einen Ton du da anschlägst? Das erinnert mich doch sehr an die Pediga-Demonstranten mit ihren “Lügenpresse!” Schildern. Solche Rundumschläge kenne ich sonst nur von Verschwörungstheoretikern und religiösen Fanatikern. Gerade der Bezug auf die Nazizeit ist eine bitterböse Unterstellung. Und das, wo du selbst sagst: “Persönliche Angriffe, Vermutungen über … Motive oder andere Metaebenen gehören nicht zu einer guten Debatte. Diese bleibt auf der Ebene der Inhalte mit begründeten Argumenten und Gegenargumenten.” Na, da fass dir erst einmal an Deine eigene Nase!

16) Weiter schreibst Du: “Im ,Namen Gottes´ oder ,Allahs´ ist geschichtlich mehr Gewalt verübt worden, als in irgendeinem anderen Namen.”

Da in deiner Argumentation zur angeblich gewaltbereiten Natur des Islams und zum angeblichen “Dimensionsunterschied”, wie ich oben Punkt für Punkt gezeigt habe, jede einzelne Begründung unzureichend war – was, wie du weißt, da du die Debattenkultur des Buddhismus ja immer preist, bedeutet, dass sie nichtig ist – folgt, dass diese Behauptung unbegründet ist.

17) Weiter sagst du: “Warum wird denn eigentlich jene wissenschaftlich einzig interessante Frage von Wissenschaflern nicht viel stärker behandelt?”

Weil nur in totalitären Staaten jemand der Wissenschaft vorschreiben kann, was “wissenschaftlich einzig interessant” ist. Du mußt in einem freiheitlichen Staat nunmal damit Leben, dass die Wissenschaft (trotz deiner Behauptung des Gegenteils) frei ist.

18) Du schreibst: “Es gibt genug Untersuchungen, die einen hohe Säkularisierungsgrad von etwa Türken in Deutschland aufzeigen. Das ist für eine Mehrheit der im Westen angestammten Muslime das gleiche Phänomen der Entfernung vom Islam wie unter Christen in Europa das Phänomen der Entfernung vom Christentum.”

Leider verwechselst du hier (genau wie Sam Harris) Säkularisierung mit Atheismus, denn gleich danach enthüllst du, was du unter der deutschen Säkularisierung verstehst: “Inzwischen gibt es mehr Konfessionslose in Deutschland als jeweils Protestanten und Christen – Tendenz deutlich zunehmend.”

Darauf schreibst du: “Es gibt aus verschiedenen Gründen auch gegenläufige Trends, vor allem unter jungen Muslimen in Deutschland und Frankreich, die sich zunehmend radikalisieren; und etwa nach Syrien pilgern, um sich dort Isis anzuschließen.” Aha. Das Gegenteil von Säkularisieren ist also islamistisch Radikalisieren? Jetzt wird es vollkommen sinnlos.

19) Du sagst, um die islamistische Verblendung von Gewalt zu belegen: “Niemand (!!!) sprengt sich mordend in die Luft, wenn es nicht von einer transzendenten Belohnung dafür ausgehen würde.”

Was weisst du von der Not derer, die sich dafür hergeben? Es gibt genügend Untersuchungen und Berichte, die belegen, dass es tausend andere Gründe für diese Selbstmorde gibt. Religion spielt da häufig nur eine Nebenrolle. Freilich sind es die Terroristen, die die ökonomische und psychische Not der jungen Leute ausnutzen. Hast du niemals davon gehört, dass jungen und völlig verzweifelten Palestinensern Geld für ihre Familie versprochen wird, wenn sie sich hergeben für die Terroristen? Es soll auch zu Erpressungen gekomen sein. Solche Attentate sind, so schlimm sie sind, zu einem großen Teil auch verzweifelte Selbstmorde.

Auf 73 Jungfrauen im Himmel hofft da keiner. Auch bei der Isis mehren sich die Anzeichen, das aus dem Westen kommende junge Leute sich aus Enttäuschung und Verzweiflung und Scham so töten lassen. Ich will den Aspekt des Tötens anderer Menschen dabei gar nicht verschleiern. Aber wer schon einmal etwas von Suizidforschung gehört hat, weiß vielleicht, dass ein Selbstmörder meist gar keinen Blick mehr dafür hat, was er anderen antut (z.B. bei Selbstmorden auf Bahngleisen).

Du sagst: “ER GLAUBT DIESE BELOHNUNG WIRKLICH!!! SONST KANN ER SICH UNMÖGLICH IN DIE LUFT SPRENGEN!”

Woher weißt du das denn bloß? Wie hast Du Dich über diese armen Menschen denn informiert? Du siehst immer nur ein Vorkommniss, und dann schließt du aus deiner bürgerlichen, europäischen Perspektive heraus auf Motive. Deine Motive-Unterstellungen sind uniformierte Mutmaßungen.

20) Du schreibst: “Schlimmste Unterdrückung seit einem halben Jahrhundert durch die Chinesen, aber bisher kein einziger tibetischer Selbstmordattentäter gegen Chinesen…”

Schon mal was vom CIA-finanzierten Guerilla-Krieg der sechziger und frühen siebziger Jahre der Tibeter gehört, an dem Zehntausende teilnahmen?

Weiter sagst du:” Warum? Der einzige Grund sind unterschiedliche religiöse Werte bzw. Ansichten!”

Die tibetischen Guerillas haben aus nationalistischen Motiven und für Buddha, Dharma, und Sangha gekämpft. Meine Kollegin hat zahlreiche Interviews mit Überlebenden geführt. Wieder behauptest Du nur etwas anhand eines vordergründigen Phänomens, das Du selbst überhaupt nicht ergründet hast.

21) Dann sagst du über Monotheisten: “Aber … dieses Bewusstsein entspricht nicht der höchsten Realität! Es ist nur eine konventionelle Realität.

‘Gott’ ist eine kulturell tief etablierte Fata Morgana … [eine] Chimäre.”

Du darfst anderen Religionen natürlich die Gültigkeit absprechen. Aber wenn ein Muslim sagt, sein Gott sei der einzige Gott, dann ist er sofort gewaltbereit. Junge, Junge…

Und schließlich: “Das kann alleine Erwachen bzw. wachsende Klarheit und spirituelle Reife …” Und die, lieber Hans, wünsche ich dir von tiefstem Herzen!

Jan

7 Rafi Januar 14, 2015 um 0:18 Uhr

Hallo Miteinander,

Hans, Mir scheint, dass du den doktrinären Gehalt oder auch Unsinn (wie man es nehmen mag) der Monotheismen in ihrer Wirkmächtigkeit etwas überschätzt. Was Jan-Ulrich unter der Annahme einer „Singular-Ursache“ gefasst hat, meine auch ich aus Deinen Ausführungen entnehmen zu können.

Lässt sich der Zusammenhang Gewaltbereitschaft/Frauenfeindlichkeit/Antidemokratische Tendenzen und Islam unabhängig von weiteren sozialen und politischen Dimensionen bedenken?

Zum Beispiel die Migrationsbevölkerung muslimischen Hintergrunds mit diesen Tendenzen sind meistens welcher sozialen Klasse zuzuordnen?

Welche Position nehmen viele islamistische Krisenherde im globalen Spiel derzeit ein?

Wurde nicht eventuell durch fehlgeleitete Außenpolitik wirklich Mächtiger (etwa der USA) eine radikalisierte Form des Islams geschaffen, und nicht dadurch, dass sich diese Tendenzen bereits im Koran selbst finden lassen?

Aber wurde jenen dadurch bestimmten Gruppierungen nicht zumindest die politische Macht gegeben, diese radikalen Tendenzen auch auszuleben?

Jedenfalls bin ich der Meinung, dass Religionen – rein ihrem doktrinären Gehalt nach bewertet – nicht das Gesamtbild ausmachen können. Vielmehr muss man, denke ich, weiter von sozialen, politischen und auch ökonomischen Funktionen von Religion ausgehen; und im noch Mikroskopischeren auch von rituellen oder spirituellen Praktiken, um ein vollständigeres Bild zu erhalten.

Wird nun eine der verschiedenen gesellschaftlichen Dimensionen durch Außeneinfluss – beispielsweise Invasionen und Ausbeutungen der „Islamischen Welt“ durch „den Westen“ – aus dem Gleichgewicht geworfen, das heißt ins ökonomische und soziale Desaster gestürzt, dann kommen eventuell manche gewaltbereite Tendenzen erst zum Vorschein bzw. sie „entstehen abhängig davon“ ;-).

Zum Beispiel Selbstmordattentat als rituelle Praxis (spirituelle Dimension), Ablehnung demokratischer Tendenzen als Folge einer Nicht-Identifikation mit dem verhassten und leidbringenden demokratischen Westen (politische Dimension), und eben das Ausgraben besonders perverser Stellen des Korans, um dem Ganzen noch eine letzte Rechtfertigung zu liefern (doktrinäre Dimension).

Jedenfalls stimme ich grundsätzlich dieser doktinären Kritik zu, das heißt dass diese antidemokratischen, gewaltbereiten, frauenfeindlichen etc. Tendenzen im Islam wirklich vorhanden sind.

Nur wird mit dieser Kritk – GERADE angesichts der aktuellen Ereignisse – eine mir zu vereinfachende Kausalkette dargestellt, um den sich verschärfenden Islam zu erklären.

Zur These „Westlicher Imperialismus schafft Islamischen Fundamentalismus“ hier noch zwei kurze Videos von einem meiner Lieblingsanalysten – Noam Chomsky – und meinem Lieblingsdokuproduzenten VICE:

Das erste Video

Das zweite Video

8 Hans Januar 13, 2015 um 21:52 Uhr

1) Du schreibst: „In der Regel wird wissenschaftliche Objektivität … .“

Ein paar Quellen habe ich doch oben genannt.

Von den zehn Ländern mit den geringsten Frauenrechten sind neun muslimisch: World Economic Forum Report on Human Rights.

Zur stark mehrheitlichen Befürwortung der Todesstrafe für „Abtrünnige“ in Afghanistan, Jordanien und Pakistan: „Pew Research Center“: The World´s Muslims – Religion, Politics and Society.

Dies ist ein offenbar direkt gewaltbegründender Glaube.

Aus der Einleitung jenes umfassenden Reports: „Together, the surveys involved more than 38,000 face-to-face interviews in 80-plus languages and dialects, covering every country that has more than 10 million Muslims except for a handful.“ (= Insgesamt umfassen die Umfragen mehr als 38 000 Interviews von Gesicht zu Gesicht in mehr als 80 Ländern und Dialekten, bezogen auf jedes Land mit mher als 10 Millionen Muslimen außer ein paar.)

Hier jene Befürwortung der Todesstrafe für „Abtrünnige“ noch genauer (siehe dort S. 55) in verschiedenen islamischen Ländern: Afghanistan 79 %, Pakistan 76 %, Ägypten 86 %, Jordanien 82 %, Malaysia 62 %, Palästinenser 66 %, Libanon 46 % und Irak 42 %.

Mehrheiten von Muslimen, die einen starken Führer der Demokratie vorziehen, in folgenden Ländern oder muslimischen Bevökerungsanteilen (siehe dort S. 60): Bosnien-Herzegowina, Russland, Kirgisistan sowie relativ hohe Prozentsätze (gemessen an westlichen Massstäben) in diversen anderen Ländern.

Eine große Mehrheit von Muslimen, die glauben, dass für moralisches Verhalten der Glaube an Gott notwendig sei, in einer ganzen Reihe von Ländern (siehe dort S. 74).

Dies ist ein sehr problematischer Glaube, weil unter Bezugnahme auf ein metaphysisches Konstrukt keine wirklich tragfähige Ethikbegründung möglich ist.

Einige Ergebnisse jener umfassenden Umfragen sind resümiert hier: The World´s Muslims: Unity and Diversity

Beispiele daraus:

* Glaube an den einen (= einzig wahren) Gott und den Propheten Muhammed (= der letzte und wichtigste Prophet jenes einen Gottes): fast durchgehend 100 Prozent.

Dies ist ein gewaltbegründender Glaubenskomplex, weil aus seiner Sicht alle anderen Religionen minderwertig bzw. als „zu bekehren“ erscheinen.

Dieser Mechanismus, der genauso für das Christentum gilt – früher ganz offenkundig und häufig gewaltsam, heute eher modern versteckt -, ist mit Jan Assmanns Grundlagenwerk Die Mosaische Unterscheidung: Oder der Preis des Monotheismus im Einzelnen nachgewiesen worden.

* 40-53 % der Sunniten in Tunesien, Jordanien, Ägypten, unter Palästinensern und in Marokko halten Schiiten nicht für Muslime.

Auch dies ist ein zumindest potenziell gewaltbegründender Glaube.

* Die Vorstellung, dass der Koran wörtlich zu nehmen sei, und dass er Gottes Wort darstelle: 74-93 % der Muslime in 13 Ländern (siehe dort).

Dies ist ein unmittelbar gewaltbegründender Glaube, weil im Koran und den Hadithen explizit zu Gewalt auffordernde Passagen stehen. Und wenn geglaubt wird, dass sie wörtlich zu nehmen seien, bewirkt es Gewalt.

Der generelle apologetische „wissenschaftliche“ Hinweis, dass solche Aussagen in ihrem „historischen Kontext“ zu sehen seien, ändert doch gar nichts an ihrer gewaltbegründenden Funktion.

Denn wenn sie historisch schon einmal Gewalt begründet haben, können sie es genauso auch heute. Außerdem nützen solche Verweise auf einen historischen Kontext überhaupt nichts, wenn von Muslimen überwiegend geglaubt wird, dass der Koran wörtlich zu nehmen sei, und er Gottes Wort dartelle!!

* Ob Sufis Muslime seien, wird verneint von hohen Prozentzahlen in verschiedenen Regionen mit Muslimen (siehe dort).

Noch mehr Bedarf?

Zu jenen von mir genannten beiden Kriterien für wissenschaftliche Objektivität, also Deiner „Offenlegung der Methodik“:

Die allermeisten westlichen Theologen usw. blasen in dasselbe Bockshorn: „Gewalt gibt es genauso im Buddhismus“. Das mag ja sein, aber definitiv nicht im gleichen Maße, sondern in einem ungleich geringeren Maße! Dann bringen sie Belege für jene Gewalt, die auch stimmen mögen. Das heißt, sie behandeln die von ihnen getroffene Auswahl schon objektiv.

Aber sie treffen keine objektive Auswahl!

Denn es bleibt immer jener Dimensionsunterschied in der Gewalt in der jeweiligen Religionsgeschichte bestehen, den zu erklären die wissenschaftlich viel wichtigere und interessante Frage ist. Deshalb ist es auch schlechte Wissenschaft, die sie betreiben. Die Hauptbedingung guter Wissenschaft ist Selbstdenken. Denn alleine dadurch kommt es zu neuen und wichtigen Erkenntnissen bzw. „Ent-Deckungen“!

Aber warum gehen sie vor? Offenbar, weil auf diese Weise für Außenstehende der Eindruck entstehen soll, dass es keinen großen Dimensionsunterschied in der Gewaltfrage gäbe.

Im Bild gesprochen: Wenn einer ständig über Holland spricht (= Gewalt in der Geschichte des Buddhismus), entsteht für Außenstehende zwangsläufig der Eindruck, dass Holland ein wirklich großes Land sei. Aber Russland (= Gewalt in der Geschichte der Monotheismen) bleibt – ungeachtet jener gezielten „(quasi-)wissenschaftlichen“ Auswahl und Betonung von Holland – immer ungleich größer.

Warum wollen die meisten Wisssenschaftler jenen Eindruck erwecken? Offenbar, weil sie damit bestimmten übergeordneten und nicht transparent gemachten Interessen dienen. Klar gesagt – weil sie Apologetik betreiben. Die europäischen Staaten haben mit wenigen Ausnahmen (wie Frankreich) eine mehr oder weniger starke. lange zurückreichende historische und machtpolitiche Verbindung zu den christlichen Kirchen (und hier Deutschland eine besoners enge). Die gleichen Staaten sind aber auch die Arbeitgeber jener Apologeten.

Machen wir uns nichts vor: Bildung schützt in keiner Weise vor Eigeninteressen!

In der Nazizeit zum Beispiel (und in jeder anderen Diktatur) haben Wissenschaftler im großen Stil (gerade auch Indologen, siehe Sheldon Pollock: Deep Orientalism) den Nazis zugearbeitet – aus Opportunismus, Rassismus, Antisemitismus, Eigeninteressen, ideologischer Anpassung und natürlich Identifikation mit Titel, Einfluss, Einkommen, Stellung usw. Nur kleine Minderheiten unter den Wissenschaftlern haben sich vorher abgesetzt.

2) Du schreibst weiter: „,Es ist schlicht und einfach eine Binsenweisheit, dass ….´. Das sagst Du über Buddhismus und Gewalt. Während Du also dem Buddhismus zugestehst, dass er keinen Einfluss auf die Praxis seiner Anhänger hast, nimmst Du gleichzeitig für den Islam an, dass die Gewalttaten seiner Anhänger durch ihn, den Islam selbst, begründet sind.“

Nein, oben sage ich dazu deutlich mehr. Das volle Zitat lautet:

„Die einzig wissenschaftich interessante Frage ist nämlich keineswegs die Gewalt in der buddhistischen Geschichte. Denn es ist schlicht und einfach eine Binsenweisheit, dass keine Religion, sei sie noch so rational aufgebaut und friedfertig ausgerichtet, Gewalt quasi von sich aus verhindern kann. Und die Aufgabe von (guter) Wissenschaft ist nicht die Bestätigung von Binsenwahrheiten!

Dazu bedarf es immer der Menschen, die die Religion auch praktizieren.

Die einzig wissenschaftich interessante Frage ist hier der gewaltige Dimensionsunterschied, was die Gewalt in der buddhistischen und der monotheistschen Geschichte angeht, sowie die Tatsache, dass Gewalt von Buddhisten generell nicht durch die Lehren des Buddhas begründet wird – ganz im Gegensatz zu Christentum und Islam.

Im ,Namen Gottes´ oder ,Allahs´ ist geschichtlich mehr Gewalt verübt worden, als in irgendeinem anderen Namen!

Das hat also offenkundig unmittelbar etwas mit dem Glauben an Gott zu tun!

Warum wird denn jene wissenschaftlich einzig interessante Frage von Wissenschaflern nicht viel stärker behandelt?“

Beantworte einmal diese hier zuletzt gestellte Frage. Du gehst auch ansonsten bloß auf einen kleinen Teil der oben genannten Argumente konkret ein.

Es ist nicht Aufgabe von guter Wissenschaft, Binsenwahrheiten wie die oben genannte zu bestätigen, und dabei mit dem generellen Tenor: „Gewalt gibt es genauso im Buddhismus“; also im Unterton mit der Suggestion: „Ähnlich viel Gewalt“.

Nein, vollkommen falsch … und das hat präzise Gründe!

Mit dem zweiteren vorher zitierten Satz sage ich indirekt deutlich, dass sich die vergleichsweise viel geringere Gewalt in der Geschichte des Buddhismus dadurch erklärt, dass die Lehre des Buddhas aufgrund ihres rationalen Aufbaus und ihrer friedlichen Ausrichtung auf vergleichsweise viele Menschen überzeugend und prägend gewirkt hat und wirkt.

Aber eben nicht auf alle. Wenn solche Lehren ignoriert werden, können sie auch keine entsprechende Prägung entfalten. Dann kann es auch zu Gewalt kommen – aber wegen jenes zweiteren Umstands in viel geringerem Umfang.

Wer von uns beiden muss hier also an seiner Logik arbeiten?

Gezielt einen Satz von mir aus dem Kontext herauszunehmen und dann falsche Schlüsse daraus zu ziehen, kann nicht beeindrucken.

3) Du schreibst weiter: „Auf welche Untersuchung stützt Du diese kühne These? … .“

Ich schreibe hier wie gesagt keine wissenschaftliche Arbeit. Es gibt genug Untersuchungen, die einen hohe Säkularisierungsgrad von etwa Türken in Deutschland aufzeigen. Das ist für eine Mehrheit der im Westen angestammten Muslime das gleiche Phänomen der Entfernung vom Islam wie unter Christen in Europa das Phänomen der Entfernung vom Christentum.

Inzwischen gibt es mehr Konfessionslose in Deutschland als jeweils Protestanten und Christen – Tendenz deutlich zunehmend.

Es gibt aus verschiedenen Gründen auch gegenläufige Trends, vor allem unter jungen Muslimen in Deutschland und Frankreich, die sich zunehmend radikalisieren; und etwa nach Syrien pilgern, um sich dort Isis anzuschließen. Hier hätten die Staaten von Anfang Gesetze verabschieden können, dass in solchen Fällen der Personalausweis entzogen wird. Die Attentäter von Paris waren Rückkehrer von Isis!

Hoffen wir, dass jene Ergebnisse der oben zitierten Umfragen zu Muslimen außerhalb des Westens viel weniger für die im Westen etablierten Muslime gelten! Denn jene Ansichten sind alle direkt oder indirekt gewaltbegründend und –fördernd.

Wie genau es mit den Musimen im Westen aussieht, recherchiere ich nicht aufwendig. Dafür ist mir das Thema nicht wichtig genug.

Jedenfalls: Wenn es im Westen ähnlich wäre, hätte die oben geäußerte generelle Kritik ja noch viel mehr Gewicht.

4) Zu den Konliktursachen:

Der Islam bzw. etwa Konflikte zwischen Schiiten und Sunniten sind offensichtlich eine wesentliche Quelle der kriegerischen Konflikte in Syrien, Afghanistan, Irak und anderen Ländern.

Sunnit Sadam Hussein zum Beispiel hat die Schiiten und Kurden im großen Stil unterdrückt und ermordert. Dann haben die Schiiten die Macht übernommen und die Sunniten unterdrückt. Letztere schlagen jetzt unter anderem in Form von Isis in Irak zurück.

Die meisten Selbstmordattentate von Islamisten richten sich gegen andere Muslime, die ihnen jeweils als Ungläubige gelten. Die islamistischen Untaten von Boko Haram richten sich auch mehrheitlich gegen Muslime. Oder schon mitbekommen, dass Jeziden und Kurden wegen ihres speziellen muslimischen Glaubens von Isis besonders brutal angegangen werden??

Natürlich gibt es auch jene anderen Ursachen – allen voran etwa die willkürlichen Grenzziehungen durch die früheren Kolonialmächte, womit etwa in Afrika unterschiedliche Völkerschaften in einen Staat zusammengesteckt worden sind (gemäß dem Kolonialprinzip „Teile und herrsche!“). Solche Konflikte haben natürlich immer mehrere Ursachen.

Aber dass es zu einem solchen Ausmaß von Gewalt kommt, dazu brauchen die Gewalttäter einer religiöse Legitimation. Denn jeder Mensch muss sein Verhalten vor sich selbst positiv rechtfertigen.

Niemand (!!!) sprengt sich mordend in die Luft, wenn es nicht von einer transzendenten Belohnung dafür ausgehen würde.

ER GLAUBT DIESE BELOHNUNG WIRKLICH!! SONST KANN ER SICH UNMÖGLICH IN DIE LUFT SPRENGEN!!

Zu der motivierenden Kraft von religiösem Glauben habe ich mich bereits oben im Eingangsbeitrag näher geäußert. Bitte dort genau nachlesen, um Wiederholungen zu ersparen.

Genau deshalb gilt übrigens „Treffliche Sicht“ als das wichtigste Glied des frühbuddhistischen Befreiungspfades. Es gibt massenhaft kritische Bestandsaufnahmen zeitgenössischer Ansichten in den ältesten buddhistischen Quellen (den Redensammlungen des Palikanons).

Der Vergleich zu den Tibetern macht es eindeutig klar (und ich bin kein tibetischer Buddhist):

Schlimmste Unterdrückung seit einem halben Jahrhundert durch die Chinesen und bisher kein einziger tibetischer Selbstmordattentäter gegen Chinesen; aber wohl viele Protest-Selbstverbrennungen von Tibetern.

Warum? Der einzige Grund sind unterschiedliche religiöse Werte bzw. Ansichten!

5) Aus meiner Sicht gibt es lediglich einen (langfristig) aussichtsreichen Weg zur Lösung des Problems, wie oben bereits gesagt:

„Was wir wirklich brauchen, das ist eine wirklich ehrliche kritische inhaltliche Debatte über sehr unterschiedliche Religionen und was sie jeweils lehren!

Wir brauchen keinen „interreligiösen Dialog“, der aus apologetischen Gründen systematisch die objektiven Unterschiede verschleiert, und auch nicht die überall von Politikern oder islamischen und christlichen Theologen oder Religionsvertretern gedrehte ablenkende ,Gebetsmühle´, dass der Islam friedlich sei und deshalb die vielen islamistischen (Un)Taten nichts mit dem Islam selbst zu tun hätten.“

Solche apologetischen Argumentationsstrategien schaffen im Grunde nämlich eine gesellschaftliche Atmosphäre, mit der – immer handlungsleitender und gewaltfördernder – religiöser Unsinn de facto geschützt bzw. es stigmatisiert oder tabuisiert wird, wenn er nachgewiesen wird.

Friedlich ist in Wahrheit bloß das, was die Ursachen von Unfrieden klar analysiert und zur Debatte bringt.

Unfriedlich ist in Wahrheit bloß das, was jene Ursachen verschleiert – wie jener apologetische „interreligöser Dialog“ zum Zweck der Verschleierung oder jener allseits hochhgehaltene Mythos zum Schutz der Monotheismen, dass der Islamismus nichts mit dem Islam selbst zu tun habe (siehe dazu die oben zitierten umfassenden Umfragen).

Aber genau dadurch kann sich religiöser Unsinn weiter entfalten. Deshalb lösen solche Strategien nichts, sondern sie verschärfen vielmehr das ganze Problem!

Sam Harris, der einflussreichste Atheist der USA, der aus der Vipassana-Tradition kommt, hat dazu einiges Triftiges gesagt.

Nur ein paar Beispiele:

Eingehend beim „The Center For Inquiry“.

Nach einer TV-Debatte, u. a. mit Ben Affleck – in verschiedenen TV-Interviews:

Interview A.

Interview B.

Interview C.

Hier eine eingehende Debatte mir dem Islamwissenschaftler Reza Azlan (Los Angeles).

Oder: The Nature of Islam.

Hier eine eingehende Debatte an der „Notre Dame University“ mit dem Theologen und Evangelisten Dr. William Craig:

Ausschnitt zu Sam Harris.

Die volle zweistündige Debatte.

Und Hunderte mehr Aufzeichnungen, Interviews und Auftritte von Sam Harris (siehe YouTube oder seine Website).

Diese ganze kontroverse, aber sachliche Debattenkultur sollte auch das Vorbild und der Maßstab für ganz Europa sein!

Im alten Indien musste sich eine gute Lehre in einer vergleichbaren sachlichen, rationalen Auseinandersetzung bewähren können. Sonst galt sie nicht viel.

Laut dem Zeugnis der ältesten und wissenschaftlich autoritativsten buddhistischen Quellen (den Redensammlungen des Palikanons) sind die Unterlegenen nicht selten zu den Redesiegern übergetreten – so stark ist damals die Wahrheitssuche gewesen.

Warum? Es hat in jener Kultur das Wissen über die zeitliche Begrenzung des menschlichen Lebens und desen inhärenter Möglichkeit des Erwachens gegeben! Dann verschwnedet man keine Zeit!

Diese Debattenkultur repräsentiert einen Geist, der überall auf der Welt auch heute notwendig wäre – und in den USA mit ihrer strikten Trennung von Kirche und Staat mit Personen wie etwa Sam Harris oder Bill Maher viel stärker als in Europa der Fall ist.

6) Zum Abschluss das eigentliche Grundproblem:

Es ist historisch in keinen Namen dermaßen viel Gewalt verübt worden, wie „im Namen Gottes“ bzw. „Allahs“; also im Namen eines bloßen Glaubens, der – nach Maßgabe wirklich rationaler und empirischer Untersuchungskriterien – keine Realität beschreibt.

Genau deshalb wird in der Praxislehre des Buddhas jeder Glaube an ein Selbst als die höchste Realität verneint – und zwar viel weiter gehend, als es etwa deutsche Christo- und Verbands-„Buddhisten“ mit ihrem systematsichen und subtilen Christo-Synkretismus vermitteln möchten.

Der monotheistische „Gott“ repräsentiert das Mega-Selbst schlechthin – und gleichgültig ob er persönlich oder unpersönlich verstanden wird.

Er wirkt tiefenpsychologisch betrachtet immer als metaphysische Rückversicherung für das Bewusstsein von „Ich und mein“ bzw. des menschlichen Egos und damit von leidbringender Identifikation mit den Dingen (siehe dazu etwa die Mittlere Sammlung, Rede 11).

Ist dieses Bewusstsein positiv gestrickt bzw. konditioniert worden, wird Gott zum Beispiel als Liebe, Einheit, Stille usw. wahrgenommen.

Ist es negativ gestrickt bzw. konditioniert worden, wird Gott zum Beispiel als eifernder und seine Gläubigen beauftragender Verfolger der „Ungläubigen“, mörderischer Rächer usw. wahrgenommen.

Bibel und Koran bieten massenhaft Belege sowohl für die eine als auch die andere Wahrnehmung!!

Es sind also in Wahrheit Ansichten-Sammelsurien mit der Grundfunktion, das „Ich und Mein“-Bewusstsein metaphysisch rückzuversichern, und ohne irgendeine methodische Ausrichtung sowie ohne irgendwelchen Praxisbegriffe wie „Achtsamkeit“, wie sie für die Lehre des Buddhas zentral sind.

Alleine wegen jener Grundfunktion haben jene Sammelsurien ihre unbewusste Macht über so viele Menschen.

Bloß deshalb reden auch alle „Gläubigen“ – allen voran Theologen und Islamkundler – von „Gott“ immer ganz so, als hätten sie ihn eben gerade noch „selbst“ höchstpersönlich getroffen; und als hätte er ihnen dabei all das gesagt, was sie sodann über ihn als vermeintlich „wahr“ oder „gegeben“ suggerieren.

Eine riesige Traumwandlerei, die den wenigsten wirklich auffällt und die überall stattlich gefördert zu Wort kommen kann!

Sie haben „ihn“ auch in gewisser Weise „selbst“ getroffen. Denn „er“ ist im Grunde ja bloß ihr eigenes Bewusstsein von „Ich und mein“ – auf das un(be)greifbare, immer bloß unmittelbar erfahrbare Transzendente projeziert.

Aber … dieses Bewusstsein entspricht nicht der höchsten Realität! Es ist lediglich eine konventionelle Realität.

„Gott“ ist eine kulturell tief etablierte Fata Morgana mit historisch fatalen Folgen, wie heute immer klarer wird. Es war im kirchenkontrollierten Mittelalter genauso – bloß damals gab es nicht die heutigen Waffentechnologien und nicht die heutigen Massenmedien!

Es handelt sich im Grunde um eine Bewusstseinskatastrophe von gigantischem und weithin unerkannten Ausmaß, die auch zu einem Dritten Weltkrieg führen kann – sofern nämlich heute einem Islamisten einmal ein wirklich großer Anschlag gelingen sollte.

Das kann keine Projektion oder Chimäre „Gott“ verhindern – genausowenig wie „er“ alle möglichen anderen Katastrophen verhindern konnte, auch wenn da jeweils Abermillionen gebetet haben.

Das kann alleine Erwachen bzw. wachsende Klarheit und spirituelle Reife von immer mehr selbst denkenden, spirituell reifen und innerlich praktizierenden Individuen verhindern!!

Denn die Realität heißt zu jeder Zeit und überall – „Abhängiges Entstehen“.

Ohne dessen Verständnis gibt es kein Erwachen, kein echtes Glück und keinen Frieden!

9 Jan-Ulrich Sobisch Januar 11, 2015 um 20:01 Uhr

„Wissenschaftliche Objektivität bemisst sich an zwei Kritierien: Wie ein ausgewähltes Thema behandelt wird; sowie welche Auswahl und aus welchen Gründen sie getroffen worden ist.“

In der Regel wird wissenschaftliche Objektivität eher an der Offenlegung der Methodik und der empirischen und logischen Nachvollziehbarkeit der Schlüsse gemessen (Durchführung, Auswertung, Interpretation).

Ich weiß nicht, wo Du Deine Daten über die islamische Welt her hast, und wie Du zu Deinen Schlüssen kommst.

„Es ist schlicht und einfach eine Binsenweisheit, dass keine Religion, sei sie noch so rational aufgebaut und friedfertig ausgerichtet, Gewalt quasi von sich aus verhindern kann.“

Das sagst Du über Buddhismus und Gewalt. Während Du also dem Buddhismus zugestehst, dass er keinen Einfluss auf die Praxis seiner Anhänger hast, nimmst Du gleichzeitig für den Islam an, dass die Gewalttaten seiner Anhänger durch ihn, den Islam selbst, begründet sind.

Diese Unterschiede in der Logik musst Du uns erklären.

„Die überwiegende Mehrheit der im Westen aufgewachsenen Muslime ist friedlich gesinnt – ganz gewiss! Aber nicht aufgrund des Islams, sondern weil er ihnen – inzwischen westlich geprägt und säkularisiert – relativ gleichgültig geworden ist; das heißt nicht wegen ihrer Nähe zum Islam (höchstens zu bestimmten ausgewählten positiven Passagen), sondern vielmehr aus Distanz zu ihm!“

Auf welche Untersuchung stützt Du diese kühne These? Wie groß ist denn Deiner Information nach die Gruppe der Muslime in der westlichen Welt, denen der Islam gleichgültig geworden ist (und woran misst man das eigentlich)? Und wie vielen bedeutet er immer noch etwas? Und wie stark ist der Unterschied in beiden Gruppen hinsichtlich ihrer Friedfertigkeit oder Gewaltbereitschaft? Behaupten kann man vieles, aber nur belegt ist es wissenschaftlich interessant. Unbelegt ist es so gut wie jedes andere Gerede.

„Die meisten Flüchtlinge weltweit – seit dem Zweiten Weltkrieg gab es noch nie so viele wie heute und noch mehr als damals – sind heute auf der Flucht vor Islamismus und Islam …“

Wirklich? Zum Beispiel Syrien oder Afghanistan – fliehen die Leute da vor dem Krieg oder vor dem Islam? Und wenn sie vor dem Krieg fliehen, ist der Islam der Grund für den Krieg?

Den Islam hier als Fluchtursache anzunehmen, ist eine weitere kühne, aber genauso unbelegte These von Dir.

Ich denke, die Migrations- und Geschichtsforschung hat hier eine ganze Reihe von Ursachen aufgezeigt, von denen eine ganze Reihe auch mit dem Imperialismus des Westens zu tun haben.

Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet. Deshalb halte ich mich mit eigenen Behauptungen lieber zurück. Aber was ich so von Kollegen höre, ist doch erheblich differenzierte als Deine Annahme einer Singular-Ursache (da bin ich eh von Natur aus skeptisch).

10 Hans Januar 11, 2015 um 17:57 Uhr

Hi Jan,

Der obige Beitrag ist nur der Auftakt zu einem größeren Beitrag auf meinem Blog – angesicht der Anschläge in Paris am 7. Jan, von rund 2000 Morden durch Boko Haram im Norden Nigerias am 8. Jan, und des Beginns von 1000 Peitschenhieben für einen saudiarabischen kritischen Blogger am 9. Januar, neben den kaum noch wahrgenommenen „ganz gewöhnlichen“ praktisch täglichen islamistischen Selbstmordattentaten irgendwo!

* Zu meinem vermeintlichen Fehler:

Dazu habe ich oben zwei Passagen eingefügt, nämlich –

Die überwiegende Mehrheit der im Westen aufgewachsenen Muslime ist friedlich gesinnt – ganz gewiss! Aber nicht aufgrund des Islams, sondern weil er ihnen – inzwischen westlich geprägt und säkularisiert – relativ gleichgültig geworden ist; das heißt nicht wegen ihrer Nähe zum Islam (höchstens zu bestimmten ausgewählten positiven Passagen), sondern vielmehr aus Distanz zu ihm!

Und die meisten Flüchtlinge weltweit – seit dem Zweiten Weltkrieg gab es noch nie so viele wie heute und noch mehr als damals – sind heute auf der Flucht vor Islamismus und Islam bzw. die dadurch zentral befeuerten kriegerischen Konflikte. Sofern diese Flüchtlinge überhaupt im Westen ankommen, haben sie dann natürlich mit dem Islam nicht mehr so viel am Hut.

* Zu meiner vermeintlichen Romantik:

Ich habe bloß gesagt,

1) dass es im Gesamtvergleich unvergleichbar weniger Konflikte in der buddhistischen Geschichte gegeben hat als in der christlichen und islamischen Geschichte – vom Größenvergleich etwa wie der Vergleich zwischen Holland und Russland; und

2) dass Gewalt von Buddhisten nicht durch die Lehren des Buddhas begründet worden ist.

Bezeichnenderweise werden ja von Theologen, Religionswissenschaftlern oder Buddhismuskundlern immer die gleichen paar bekannten Fälle zitiert, um beim Gewaltvergleich zwischen den Religionen eine vermeintliche Gleichheit zu suggerieren:

Zen und der Militarismus der Dreißiger in Japan, Rivalitäten zwischen tibetischen Sekten im Mittelalter, Gewalt von Burmesen gegen die muslimische Minderheit sowie der Konflikt zwischen Singhalesen und Tamilen auf Sri Lanka.

Lediglich der erstere Fall wäre ein Beispiel für den Versuch, Gewalt durch buddhistische Lehren zu begründen. Aber Japan ist ein echter Sonderfall, insofern es das einzige (auch) buddhistische Land ist, wo bald nach Einführung des Buddhismus der Ordenskodex Vinaya aufgegeben worden ist.

In Japan ist die einheimische Ur-Religion der besonders obrigkeitsorientierte Shintoismus. In Japan ist von Anfang an kein eigenständiger Korpus eines buddhistischen Ordens im Land geduldet worden. Jene Verschmelzung des Buddhismus mit dem Shintoismus und die weitgehende Aufgabe bestimmter alter buddhistischer Lehren (vor allem im japanischen Zen) erklären jenen Sonderfall.

In den anderen Fällen ist die Gewalt nicht durch buddhistische Lehren begründet worden. In Sri Lanka haben sich die am (mittlerweile beendeten) Konflikt beteiligten Mönche zur Begründung ihrer Haltung auf die quasi-nationalistischen singhalesischen Chroniken Mahavamsa und Dipavamsa bezogen, die beide nicht zum Pali-Kanon gehören. Sie sind nachkanonisch.

Mit jenen paar Beispielen (und ein paar weiteren) kommt man wohl schwerlich auf 6000 Seiten mit rund 100 000 wissenschaftlichen Belegen, wie es Karl-Heinz Deschner mit seiner Kriminalgeschichte des Chrustentums in jahrzehntelanger Arbeit geleistet hat –

Oder meinst Du nicht auch??

Mit Deiner gewissermaßen wissenschaftlich nebulösen Formulierung „oftmals sektiererisch begründet“ meinst Du wohl jene gelegentlich gewaltsamen Kämpfe im mittelalterlichen Tibet zwischen rivalisierenden Gruppierungen um Macht und Einfluss.

Hier sind nicht buddhistische Lehren zu Begründung herangezogen worden. Es sind typische Konflikte um staatliche Macht gewesen!

Noch zum Hauptargument der insgesamt unvergleichbar geringeren Gewalt:

Es gibt nicht einmal im Entferntesten irgendetwas Vergleichbares in der buddhistischen Geschichte wie ein „Dreißigjähriger Krieg“ im Abendland zwischen Protestanten und Katholiken, dem damals rund die Hälfte der deutschen Bevölkerung zum Opfer gefallen ist! Di beiden Weltkriege sind im Vergleich der Opfer zur Bevölkerungszahl Kriegchen gewesen!

Ähnlich mit den Hugenottenkriegen. Ähnlich mit der Hexenverbrennung, Inquisistion und Verfolgung und Ermordung diverser Abweichler und Ungehorsamer.

Ähnlich mit der Zwangsmissionierung ganzer Kontinente im Rahmen der Kolonisation – und im Grunde sogar des Abendlands. Denn „Karl der“ so genannte „Große“ brauchte rund 40 Jahre, um die Sachsen (den damals größten germanischen Stamm in ganz Norddeutschland) höchst gewaltsam zum Christentum zu bekehren.

Wenn heute auf einer Weltkarte der Religionsverbreitung all die Gebiete herausgestrichen werden würden, die mit Gewalt und Zwangsmissionierung einer Religion zugeführt worden sind, wären auf dieser Weltkarte das Christentum und der Islam nahezu unsichtbar – aber der Buddhismus darauf mit Abstand die größte Weltreligion!

Wissenschaftliche Objektivität bemisst sich an zwei Kritierien:

Wie ein ausgewähltes Thema behandelt wird; sowie welche Auswahl und aus welchen Gründen diese getroffen worden ist.

Die einzig wissenschaftich interessante Frage ist nämlich keineswegs die Gewalt in der buddhistischen Geschichte. Denn es ist schlicht und einfach eine Binsenweisheit, dass keine Religion, sei sie noch so rational aufgebaut und friedfertig ausgerichtet, Gewalt quasi von sich aus verhindern kann. Und die Aufgabe von (guter) Wissenschaft ist nicht die Bestätigung von BInsenwahrheiten!

Dazu bedarf es immer der Menschen, die die Religion auch praktizieren.

Die einzig wissenschaftich interessante Frage ist hier der gewaltige Dimensionsunterschied, was die Gewalt in der buddhistischen und der monotheistschen Geschichte angeht, sowie die Tatsache, dass Gewalt von Buddhisten generell nicht durch die Lehren des Buddhas begründet wird – ganz im Gegensatz zu Christentum und Islam.

Im „Namen Gottes“ oder „Allahs“ ist geschichtlich mehr Gewalt verübt worden, als in irgendeinem anderen Namen.

Das hat also doch offenkundig unmittelbar etwas mit dem Gottesglauben selbst zu tun!

Warum wird denn eigentlich jene wissenschaftlich einzig interessante Frage von Wissenschaflern nicht viel stärker behandelt?

* Worauf ich hinaus will, habe ich doch oben inhaltlich genau formuliert.

Bleibe bitte bei diesen Inhalten, ohne Spekulationen über meine Person und Motive oder Geisteshaltungen.

Was würdest Du sagen, wenn ich anfinge, über Deine Geisteshaltungen zu spekulieren? Das ist unter meinem Niveau.

* „Gut“ und „böse“ bzw. „Gott“ und „Satan“ als deren metaphysische Glaubensquellen sind keine Kategorien, in denen ich denke oder die ich benutze – als jemand, der vom „Abhängigen Entstehen“ aller Dinge ausgeht.

Höchstens „heilsam“ und „unheilsam“. Es gibt bestimmte Ursachen, die bestimmte Effekte haben. Das alleine gilt es zu untersuchen!

11 Jan-Ulrich Sobisch Januar 10, 2015 um 17:49 Uhr

Du machst hier einen Fehler:

Der interreligiöse Dialog beschäftigt sich (neben vielen anderen Dingen) mit den Muslimen, die bei uns leben. Und da haben die letzten Tage eindrucksvoll gezeigt, dass die ganz überwiegende Mehrheit unserer Muslime Frieden, Freiheit und Demokratie will.

Auch ist Deine Darstellung der buddhistischen Friedfertigkeit ein wenig romantisch. Auch buddhistische Länder (einschließlich Tibet und Sri Lanka) haben eine lange Liste an Kriegen und vor allem Bürgerkriegen aufzuweisen, die oftmals sektiererisch begründet waren.

Ich weiß überhaupt nicht, worauf du hinaus willst. Willst du den Islam als böse brandmarken? Da gehen glaube ich die Kleshas ein wenig mit dir durch. Trotzdem ..

Liebe Grüße (wir haben ja auch früher oft unterschiedliche Standpunkte gehabt)!

Leave a Comment

Previous post:

Next post: